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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Champions-League-Finale So besiegte der Lehrling den Meister
Chelsea und Cheftrainer Thomas Tuchel gingen als leichte Außenseiter ins Champions-League-Finale. Aber die Londoner Mannschaft nimmt den Henkelpott nun mit nach Hause. Für Tuchel ist es auch der Sieg über sein großes Vorbild.
Thomas Tuchel hat seine Bewunderung für Pep Guardiola schon häufig kundgetan. Als junger Bundesligatrainer las Tuchel jedes verfügbare Buch über den Katalanen. Er reiste sogar nach Barcelona, um sich Guardiolas Mannschaft live anzusehen. Tuchel kennt Guardiola folglich sehr genau.
Im Vorfeld des gestrigen Champions-League-Finales, in dem Tuchel mit Chelsea auf Manchester City und Guardiola traf, sagte der Deutsche voraus, welche taktischen Maßnahmen sein Gegenüber vornehmen werde. Tuchel sprach etwa davon, dass Guardiola wohl Linksverteidiger Oleksandr Zinchenko ins Mittelfeld ziehen werde. Und genau so kam es auch. Guardiola positionierte Zinchenko nicht auf der linken Seite, sondern zwischen Flügel und Spielfeldzentrum. Gleichzeitig verzichtete er zugunsten einer zusätzlichen Offensivkraft auf einen Abräumer vor der Abwehr. Das war der kleine Fehler, auf den Tuchel und seine Mannschaft hofften, um sich den Sieg zu erarbeiten.
Pass zum Siegtor durch die Mitte: Ohne einen richtigen Mittelfeldanker konnte City die zentralen Defensivräume nur unzureichend schließen. Timo Werner sowie die zwei Halbspieler hinter ihm, Mason Mount und Kai Havertz, kamen in der ersten Halbzeit immer wieder in gefährlichen Zonen an den Ball. Auch der Siegtreffer war möglich, weil bei City ein Loch in der Mitte klaffte. Im Vorlauf zum Tor durch Havertz konnte sich Mount aus der Deckung befreien.
Havertz startete von der rechten Seite und entledigte sich Zinchenkos, während Werner nach links sprintete und die Innenverteidigung von City auseinanderzog. Der Pass von Mount auf Havertz ging direkt durch die Mitte des Spielfeldes. Das 1:0 des deutschen Nationalspielers sollte auch das entscheidende Tor sein. Manchester fehlte ein Kanté. Denn City fand weder vor noch nach dem Treffer wirklich ins Spiel.
Tuchels Schachzug zeigt deutliche Wirkung
Ein weiterer Tuchel-Schachzug, der deutliche Wirkung zeigte, war das aggressive Vorgehen der Verteidiger. Besonders Antonio Rüdiger und César Azpilicueta rückten immer wieder temporär von der letzten Linie nach vorn und attackierten Offensivspieler von City. Damit war der Vorteil des zusätzlichen Angreifers, den Guardiola aufbot, dahin.
Natürlich wirkte das Team aus Manchester in der zweiten Halbzeit angesichts des Rückstands druckvoller, aber in dieser Phase kam dann Chelsea zugute, dass gerade mit Mittelfeldakteur N’Golo Kanté einer da war, der jede Lücke zulief und die Pässe des Gegners abfing. Genau solch ein Anker im Spielfeldzentrum fehlte City. Tuchel hatte schlichtweg die besseren Lösungen in diesem Endspiel.
- Eigene Beobachtung