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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Freiburg überrascht alle Mehr als nur ein Traum
Da kann auch der FC Bayern nicht mithalten! Der SC Freiburg ist die einzige noch ungeschlagene Mannschaft in der Bundesliga. Doch woran liegt das? Ist es wirklich nur Glück und Zufall?
Rein das Ding, und schon konnte wieder gefeiert werden. Als Torschütze Lucas Höler am vergangenen Samstag in Wolfsburg seinem Teamkollegen Christian Günter in die Arme sprang, war klar: Das Spiel ist durch. Der SC Freiburg gewann mit 2:0 und holte die nächsten drei Punkte in der Bundesliga. Nun könnte man denken: Ein Sieg der Breisgauer bei den favorisierten Niedersachsen – ja gut, das passiert halt mal. Was ist daran so besonders?
Besonders ist es, weil der Erfolg am 9. Spieltag eben nicht der erste Sieg der Mannschaft von Cheftrainer Christian Streich in dieser Spielzeit war. Es war bereits der fünfte. Freiburg ist aktuell die deutsche Mannschaft der Stunde, steht man doch mit 19 Punkten als einzig ungeschlagenes Bundesliga-Team auf Platz drei in der Tabelle.
Und nicht nur das: Seit Christian Streich Trainer ist – seit Dezember 2011 – stand der SC Freiburg nach dem 9. Spieltag noch nie so gut da wie jetzt. Es ist mehr als nur ein Traum.
Doch eine Frage bleibt: Ist das alles nur Glück oder steckt mehr dahinter? t-online begab sich auf Spurensuche und hat mit verschiedenen Freiburger Akteuren über die jüngsten Überraschungserfolge gesprochen.
"Wir haben die Punkte nicht gestohlen. Wir haben oft verdient gewonnen oder gepunktet", sagt Freiburg-Profi Philipp Lienhart. Sein Kollege Vincenzo Grifo ergänzt gegenüber t-online: "Es liegt an vielen Faktoren. Wir haben dieses Jahr eine gute Vorbereitung gehabt, wir arbeiten immer sehr intensiv und das zahlt sich dann auch aus. Natürlich ist so ein Start immer wichtig und man tankt dann viel an Selbstvertrauen."
Fakt ist: Freiburg punktet nicht etwa so regelmäßig, weil man mehr Geld als viele andere Konkurrenten hat. Im Gegenteil: Vergleicht man den Kader der Breisgauer mit anderen Teams, wird schnell klar, dass hier ein krasser Außenseiter in der Spitzengruppe der Liga steht. Nur ein Beispiel: Der Freiburger Kader hat einen Gesamtwert von 132,15 Millionen Euro (Quelle: transfermarkt.de); der vom aktuellen Tabellenneunten Wolfsburg liegt bei satten 286,03 Millionen.
Der große Unterschied: Wo andere Teams sich Jahr für Jahr einen neuen Millionenkader zusammenstellen, setzt der SC Freiburg auf Beständigkeit. Neun Spieler im Freiburger Kader spielen bereits seit 2018 oder länger für das Team. Sie sind zusammengewachsen. Haben gemeinsam reichlich Erfahrung gesammelt.
Junge Spieler mit "Top-Qualität"
Und natürlich bleibt Cheftrainer Streich der Schlüssel zum Erfolg. Er fördert seine Talente, gibt ihnen Zeit und Ratschläge. So wurde Philipp Lienhart nicht von heute auf morgen Stammspieler und auch der momentan erfolgreiche Lukas Kübler fiel zunächst lange wegen Verletzungen aus. Oder Woo-yeong Jeong – der kam beispielsweise vom Nachwuchs des deutschen Rekordmeisters zum SCF, wurde dann erneut noch einmal an die Bayern verliehen und sammelte in der vergangenen Spielzeit vermehrt Kurzeinsätze. Eine Entwicklung, in der er am Ende zum Leistungsträger wurde. Geduld spielt bei den Badenern eine entscheidende Rolle.
"Wir haben viele Neue dazubekommen. Sechs, sieben Jungs, die charakterlich sehr gut sind und sich gut integrieren und eine Top-Qualität haben", berichtet Grifo, der bereits 151 Spiele für Freiburg absolviert hat. "Wir als erfahrene Spieler, nicht nur ich, sondern auch Günni, Nils oder Chicco, versuchen, ihnen zu helfen."
"Über Jahre eine eingespielte Truppe"
Und genau das spielt auf ein weiteres wichtiges Puzzleteil an: Der Klub gibt Talenten nicht nur Zeit, sondern hält zusätzlich auch noch seine erfahrenen Topspieler wie Nils Petersen, Christian Günter und Vincenzo Grifo. Fußballer, die das Freiburger System seit vielen Jahren kennen, leben und nur zu gerne an die neuen Kollegen weitergeben.
Gerade Torjäger Petersen genießt diese Situation: "Wir sind schon über Jahre eine eingespielte Truppe. Es sind schon viele Spieler, die lange unter Christian Streich spielen. Mittlerweile sind wir da auch sicher, wenn er die Systeme wechselt während des Spiels. Wir haben unfassbare defensive Stabilität mit unserer Dreierkette. Selbst wenn wir umstellen, haben wir vorne mehr Druck drauf und können im Spiel gut auf die Situation reagieren. Vorne Lucas Höler, hinten Philipp Lienhart und Lukas Kübler, das sind viele Spieler, die noch mal einen Schritt gemacht haben. Die Entwicklung ging immer weiter."
Petersen weiter: "Es überrascht mich nicht, dass wir auf einmal da vorne stehen und vorne mitmischen. Momentan haben wir ein bisschen das Spielglück auf unserer Seite."
Und das nun auch in einem neuen Stadion. Im Wolfswinkel statt in Littenweiler, mit 34.700 Zuschauern – 10.000 mehr als zuvor und einem Stehplatzanteil von einem Drittel. Flügelflitzer Grifo hatte das letzte Tor im Dreisamstadion geschossen und das erste in der neuen Arena. Er verrät: "Wir wollen die ganze Euphorie, die wir im Dreisamstadion hatten, mit rübernehmen." Ob das auch weiterhin so gut klappt wie bisher, kann das Team bereits am kommenden Wochenende beweisen.
- Eigener Kontakt zu Nils Petersen
- Eigener Kontakt zu Vincenzo Grifo
- Eigene Recherche
- Transfermarkt.de: Spieltag und Tabelle
- Süddeutsche.de: Willkommen im Freizeitpark
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID