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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sieg im Bundesliga-Gipfel So bestrafte der FC Bayern Leipzigs Harakiri-Spiel
Der Rekordmeister dominierte die Partie beim vermeintlich großen Konkurrenten klar. Dabei wurde Leipzig besonders ein taktischer Schachzug von Trainer Jesse Marsch zum Verhängnis.
Es sollte eigentlich das Topspiel dieses Bundesliga-Spieltags werden, verkam aber zumindest ergebnistechnisch zu einer einseitigen Angelegenheit. Der 4:1-Sieg von Bayern München bei RB Leipzig offenbarte vor allem die Schwächen der Mannschaft aus Sachsen. Deren Trainer Jesse Marsch hatte im Vorfeld der Partie zu Protokoll gegeben, dass er die eigene Spielweise so wenig wie möglich an die Bayern anpassen wollte.
Der US-Amerikaner vertraute auf die gewohnte 4-2-3-1-Grundformation und nahm lediglich ein paar personelle Veränderungen im Vergleich zum vorangegangenen Spiel vor. Taktisch jedoch blieben die Leipziger ihrer gewohnten Linie treu: Sie versuchten also mit schnellen Bällen in die Spitzen und entsprechendem Nachsetzen im Gegenpressing zum Torerfolg zu kommen. Doch genau dieses Vorgehen wurde ihnen im Verlauf der Partie zum Verhängnis.
Bayern überrollt Leipziger Restverteidigung
Denn Leipzig stand phasenweise derart hoch positioniert, dass Bayern nach eigenen Ballgewinnen freie Bahn hatte. Normalerweise wird das Flügelspiel des Rekordmeisters in der Liga gefürchtet und entsprechend mit viel Einsatz verteidigt. Leipzig wählte den entgegengesetzten Weg. Gerade auf der eigenen linken Seite marschierte Außenverteidiger Angelino stets schnurstracks nach vorn, um Bayerns Rechtsverteidiger Benjamin Pavard zu überlaufen. Klar war: Der angriffslustige Spanier sollte seine Offensivstärke ausspielen.
Allerdings war diese Spielweise mit defensiven Risiken verbunden. Vielfach tauchte Serge Gnabry – eigentlich der direkte Gegenspieler Angelinos – frei auf der Außenbahn auf und konnte mit seinen Pässen die Restverteidigung der Leipziger attackieren. Angelinos Offensivdrang war exemplarisch für Leipzigs Harakiri-Fußball. Ein anderes Beispiel war das Vorgehen der zentralen Mittelfeldspieler.
Der Plan der Hausherren aus Sachsen sah so aus: Kevin Kampl und Konrad Laimer sollten in Zusammenarbeit mit Dominik Szoboszlai und Christopher Nkunku im Gegenpressing Abpraller und zweite Bälle gegen Bayerns Mittelfeldzentrale erobern. Deshalb rückten gerade Kampl und Laimer von ihren Positionen vor der Abwehr weit nach vorn. Gelang die Balleroberung nicht, blieben gerade in der zweiten Halbzeit nur noch die Innenverteidiger Willi Orban und Mohamed Simakan zurück. Sichtlich zu wenig Absicherung.
Müller mit viel defensivem Aufwand
Die Bayern trugen ihrerseits auch dazu bei, dass das aggressive Herausrücken Leipzigs vielfach ins Leere lief beziehungsweise durch Tempogegenstöße bestraft wurde. Insbesondere Thomas Müller verrichtete viel Defensivarbeit und unterstützte damit Joshua Kimmich und Leon Goretzka gegen die Pressingattacken der Hausherren. Auf diese Weise gewannen die Bayern viele Schlüsselduelle.
Dass Robert Lewandowski, Jamal Musiala oder auch der zuletzt gescholtene Leroy Sané, der an fünf Torschüssen beteiligt war, dann mit jeder Menge Tempo auf die Abwehr von Leipzig zulaufen konnten, bedeutete Ungemach für die Mannschaft von Marsch. Der 47-Jährige kann sicherlich für seinen couragierten Matchplan gelobt werden, aber solange es Leipzig nicht gelingt, einen Gegner mit Gegenpressing luftdicht einzuschnüren, geht man großes defensives Risiko ein – schon am Mittwoch gegen den englischen Meister Manchester City mit dessen Weltklasse-Offensive droht der nächste Knall für den deutschen Vizemeister.