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Stefan Effenberg zum Streit mit Flick: Lauterbach sollte Tagesschau moderieren


Flick gegen Lauterbach
Es ist schlicht nicht mehr zu ertragen

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 15.02.2021Lesedauer: 5 Min.
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SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ist in der Corona-Pandemie omnipräsent. Stefan Effenberg ist das teilweise zu viel.Vergrößern des Bildes
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ist in der Corona-Pandemie omnipräsent. Stefan Effenberg ist das teilweise zu viel. (Quelle: photothek/imago-images-bilder)

Bayern-Trainer Hansi Flick hat mir aus der Seele gesprochen. Die Politik und der SPD-Gesundheitsexperte können etwas vom Fußball lernen.

Eines vorweg: Der Hass im Internet und die Morddrohungen gegen Karl Lauterbach sind widerlich und nicht tolerierbar. Die Urheber müssen zur Verantwortung gezogen werden. Niemand hat das verdient. Nicht Karl Lauterbach. Auch nicht, wenn er polarisiert und mit seinen Kommentaren dafür sorgt, dass er nicht nur Freunde hat. Ich bin auch kein Freund von Lauterbach, seinen populistischen Äußerungen, und erkläre in dieser Kolumne, warum das so ist.

Hansi Flick platzt nur selten der Kragen. Vor dem heutigen Spiel gegen Arminia Bielefeld (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei t-online) ist es trotzdem passiert. Und ich gebe zu: Auf der gestrigen Pressekonferenz hat mir Flick aus der Seele gesprochen.

Ich möchte ein paar seiner Äußerungen zitieren.

"Der Herr Lauterbach hat immer zu allem einen Kommentar abzugeben. Wenn ich nicht in der Verantwortung stehe und mir nur das Ergebnis anschaue, kann ich das immer leicht bewerten."

"So langsam kann man die sogenannten Experten gar nicht mehr hören. Auch Herrn Lauterbach."

"Ich finde die sogenannten Experten, die Politik, die sollen sich zusammensetzen, und wirklich mal eine Strategie entwickeln, dass man irgendwann mal wieder Licht am Ende des Tunnels sieht. Das ist aktuell zu wenig, finde ich."

Video | Bayern-Trainer attackiert Lauterbach – und stellt Forderung
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Quelle: Reuters

Drei Aussagen, die aus meiner Sicht zu einhundert Prozent zutreffen. Es war überfällig, dass sich jemand in dieser Deutlichkeit äußert, weil es schlicht nicht mehr zu ertragen ist. Gerade Lauterbach gibt zu allem seinen Senf dazu und hört einfach nicht auf.

Ein paar Beispiele?

Bitteschön:

Vor dem Restart der Bundesliga im Mai vergangenen Jahres sagte Lauterbach bei t-online: "Das Hygienekonzept funktioniert nicht. Und das Signal ist fatal." Wirklich? Natürlich ist das heute einfacher zu bewerten, dennoch würde ich das Hygienekonzept als herausragend einstufen. Von einer fatalen Signalwirkung habe ich auch nichts mitbekommen. Im Gegenteil. Das Signal an die Sportwelt war: Seht her, wir haben hier in Deutschland ein funktionierendes Konzept auf die Beine gestellt. Und tatsächlich hat es die gesamte Sportwelt kopiert.

Lauterbach behauptete, die DFL nehme mit ihren vielen Tests der Profis der Allgemeinheit Testkapazitäten weg, was Rudi Völler zu der Aussage verleitete: "Herr Lauterbach ist nicht nur in dieser Frage schlicht und ergreifend populistisch unterwegs."

Ich habe nichts dagegen, dass Lauterbach mit seiner Expertise um Aufklärung der Gesellschaft bemüht ist. Ich sage nur, dass er thematisch in seinem Fachgebiet bleiben soll. Nach der scharfen Kritik von Flick twitterte er gestern, dass er sich so oft äußere, weil Journalisten "um Einschätzung bitten" würden. Ich sage: Man kann auch mal ein Thema unkommentiert lassen. "Sorry, nicht mein Gebiet", das muss auch mal als Antwort genügen.

Das neueste Beispiel: die Aussage Lauterbachs zur Reise der Bayern zur Klub-Weltmeisterschaft in Katar: "Den Bürgern raten wir zu Recht von jeder unnötigen Reise ins Ausland ab, und der internationale Fußball setzt sich über diese Regeln einfach hinweg." Reisen in "Länder, wo die Covid-Pandemie nicht wirklich kontrolliert wird", seien nicht verantwortungsvoll.

Ich sage: Das ist Sache des FC Bayern, der ganz offensichtlich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben die Situation verantwortungsvoll bewertet hat. Und nicht nur das. Er hat den deutschen Fußball und damit Deutschland insgesamt in einer herausragenden Art und Weise vertreten – und den sechsten Titel in einer Saison geholt, was zuvor nur einmal einem Verein gelungen ist: dem FC Barcelona 2009. Die Performance von Bayern kann man gar nicht hoch genug bewerten unter diesen Bedingungen in der Pandemie – und in diesen Spielen ohne Jérôme Boateng, Leon Goretzka, Javi Martinez und dann auch noch Thomas Müller. Dessen Corona-Infektion ist für mich übrigens kein Gegenbeweis für verantwortliches Handeln, auch wenn einige das gern so darstellen wollen. Denn eine Infektion kann ganz offensichtlich unter keinen Bedingungen ausgeschlossen werden.

Das beste Beispiel ist doch die Infektion von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor wenigen Monaten. Selbst CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat festgestellt: "Das zeigt: Es kann jeden treffen." Und zwar in Deutschland genauso wie in Katar. Wenn sich jemand an alle Hygieneregeln gehalten und ein Vorbild abgegeben hat, dann ja wohl der Gesundheitsminister persönlich. Trotzdem hat es ihn getroffen.

Wenn es um Fußball geht, sollte Lauterbach sich einfach mal zurückhalten. Das geht nicht? Dann sollte er vielleicht Tagesschau-Sprecher werden oder sich regelmäßig mit mir in den Sport-1-Doppelpass setzen. Da kann er ohne Punkt und Komma erzählen.

Ich sehe übrigens nicht nur die Aussagen Lauterbachs zum Fußball kritisch. Viele Politiker haben versucht, sich mit populistischen Äußerungen zu profilieren. Ich frage mich, was los wäre, wenn es andersherum wäre. Wenn sich Verantwortliche aus dem Fußball permanent über das Krisenmanagement der Politiker auslassen würden. Oder noch besser: Wenn alle Bundesbürger sich permanent darüber auslassen würden, was die Politik für Fehler macht oder wie sie teilweise mit unseren Steuergeldern umgeht. Und dabei hätten wir jedes Recht, wenn Millionen und Milliarden bei fehlgeplanten Flughäfen, Bahnhöfen, sonstigen Bauten oder bei Fehlern von Verkehrsminister Andreas Scheuer verbrannt werden. Dann wäre in Deutschland ordentlich was los.

Um es auf den Punkt zu bringen: Der Fußball hat vieles richtig gemacht, was die Politik nicht zu hundert Prozent hinbekommt. Der Fußball muss als Vorbild für die Politik dienen. Man hat hier gemeinsam einen Plan erarbeitet für eine funktionierende Normalität in der Pandemie, diesen konsequent und erfolgreich umgesetzt, sich demütig gegeben und nicht dauernd überall reingequatscht. Die Betonung liegt übrigens auf gemeinsam. In der Politik wird in erster Linie gestritten und gegeneinander gearbeitet. Und nicht nur, weil die Opposition anderer Meinung ist. Das fängt schon in der Bundesregierung an, wo sich die SPD für die nächste Bundestagswahl in Stellung bringen will. Wenn ich das verfolge, frage ich mich, ob wir nicht mittlerweile die Nationalhymne umdichten müssen. Von "Einigkeit" in der ersten Zeile spüre ich nur noch wenig, obwohl sie gerade jetzt so wichtig wäre.

Das beste Beispiel für seine Vorbildfunktion liefert der Fußball auch in dieser Woche. Vor uns liegen Champions League-Spiele, die aufgrund von Einreisestopps beispielsweise in Deutschland nun plötzlich in Budapest, Warschau oder Bukarest stattfinden. Lautstark beschwert hat sich darüber kaum jemand, obwohl diese Reisen anstelle von Heimspielen eine extreme Belastung darstellen.

Ich würde der Uefa deshalb auch raten, die Champions League ab dem Viertelfinale erneut in Turnierform auszutragen – so wie das in der vergangenen Saison der Fall war. Jeweils ein Entscheidungsspiel in Viertel-, Halbfinale und Finale – am besten in Deutschland, weil hier die Bedingungen erwiesenermaßen am besten sind. Das würde das Infektionsrisiko mindern, die Reisekosten im Rahmen halten und nebenbei auch noch zu einer Entschlackung des engen Terminplans führen. Alle Beteiligten würden davon profitieren, sogar die Uefa selbst. Denn wenn die Superstars ein paar Spiele weniger haben, werden sie bei der Europameisterschaft im Sommer fitter sein – und das wird das Turnier deutlich aufwerten. Und auch der Politik wäre der Fußball so mal wieder einen Schritt voraus.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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