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FC Bayern: Wohin mit dem Weltmeister? Jérôme Boateng hat zwei Optionen


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Wohin geht der Weltmeister?
Boateng hat jetzt zwei Optionen

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

11.12.2020Lesedauer: 6 Min.
Was macht Jérôme Boateng nach dieser Saison beim FC Bayern? Stefan Effenberg hat zwei Ideen.Vergrößern des Bildes
Was macht Jérôme Boateng nach dieser Saison beim FC Bayern? Stefan Effenberg hat zwei Ideen. (Quelle: Sven Simon/imago-images-bilder)

Warum der Erfolg der deutschen Klubs in Europa eine große Gefahr birgt. Was der DFB verändern muss. Und wohin Boateng wechseln sollte.

Jahrelang haben die deutschen Vereine sich und damit die Bundesliga in der Europa League blamiert. In diesem Jahr sind Hoffenheim und Leverkusen souverän weitergekommen. In der Champions League haben sich mit Bayern, Leipzig, Dortmund und Gladbach alle vier deutschen Klubs durchgesetzt. Das ist ein riesiger Erfolg.

Die größte Enttäuschung

Haben die deutschen Vereine die Corona-Krise besser überwunden als andere? Ich weiß nicht, ob es da einen Zusammenhang gibt. Sehr wahrscheinlich haben sie aber zumindest davon profitiert, dass sich in Europa viele Vereine im Umbruch befinden.

Die größte Enttäuschung ist aus meiner Sicht Inter Mailand. Inter ist vergangene Saison mit nur einem Punkt Rückstand auf Juventus Vizemeister in Italien geworden und auch aktuell Zweiter. Sie haben internationale Topspieler wie Romelu Lukaku, Arturo Vidal oder Alexis Sánchez – und ganz sicher vorgehabt, unbedingt dieses Achtelfinale zu erreichen. Vor dreieinhalb Monaten standen sie noch im Europa-League-Finale. Klubs wie Real oder Atlético Madrid hatten auch Probleme, sind aber letztlich weitergekommen und können nachjustieren. Inter hat sich nicht mal mehr für die Europa League qualifiziert und ist raus.

Spieler und Trainer im Fokus der Topklubs

Den deutschen Klubs kann es egal sein, was mit der Konkurrenz los ist. Sie sind nicht alle souverän weitergekommen, aber zu hundert Prozent verdient. Leipzig und Gladbach haben sich in extrem schwierigen Gruppen bewährt. Das war in der Form nicht zu erwarten.

Der Riesenerfolg birgt allerdings auch eine Riesengefahr. Die Trainer Julian Nagelsmann und Marco Rose haben ihr Profil in Europa weiter geschärft und Werbung in eigener Sache betrieben. Dazu gibt es bei beiden Klubs Spieler, die spätestens jetzt in den Fokus der internationalen Topklubs rücken. Bei Gladbach sind das natürlich Marcus Thuram, Alassane Pléa, Florian Neuhaus und auch Denis Zakaria. Bei Leipzig neben Dayot Upamecano beispielsweise Angeliño.

Leipzig gehört zu den Top Ten in Europa

Die Gefahr ist umso größer, gerade weil die Topklubs in Europa im Umbruch sind. Da kommen sie noch schneller auf die Idee, sich um einen Spieler oder Trainer aus Gladbach oder Leipzig zu bemühen. Und dann kommt es auf die Verträge und mögliche Klauseln an – und auf die Spieler und Trainer selbst. Wollen sie mit ihren aktuellen Vereinen weiter eine Geschichte schreiben – oder am liebsten zu einem europäischen Topklub?

Leipzig ist da natürlich einen Schritt weiter als Gladbach. RB hat sich auch von einer 0:5-Klatsche gegen Manchester United nicht verunsichern lassen. Sie haben international wie national von allen Bundesligisten den größten Schritt nach vorn gemacht. National können sie definitiv Meister werden. International gehören sie aus meiner Sicht zu den Top Ten in Europa. Nah dran an einem Verein wie Manchester City, obwohl der ganz andere Möglichkeiten hat. Und vor dem FC Barcelona, der gerade gegen Juventus 0:3 verloren hat und für mich aktuell nicht mehr zu den Top Ten in Europa gehört.

Was der DFB von den Bundesligisten lernen kann

Stehen dem deutschen Fußball nun goldene Zeiten bevor? Für die Bundesliga kann man diese Frage positiv beantworten – für die Nationalmannschaft leider nicht. Die muss von den erfolgreichen Bundesligisten lernen, um wieder attraktiv zu werden für Fußballfans. Und um erfolgreich zu sein. Um die Herzen zurückzuerobern.

Was sie lernen kann? Vor allem strukturelle Dinge.

Die Topklubs der Bundesliga sind da sehr gut aufgestellt und mit viel Fußballkompetenz unterwegs. Sie haben für jeden Bereich Topleute, die genau wissen, was sie zu tun haben. Ob bei Dortmund mit Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, Sportdirektor Michael Zorc und Matthias Sammer als Berater, beim FC Bayern sowieso oder auch bei Leverkusen mit Geschäftsführer Rudi Völler, Sportdirektor Simon Rolfes oder Stefan Kießling als Referent der Geschäftsleitung.

Das DFB-Image ist nur mit einem Wort zu beschreiben

Bei der Nationalmannschaft gibt es nur Oliver Bierhoff, Joachim Löw und im Umfeld niemanden. Das ist viel zu wenig. Beim DFB hilft nur noch eine neue Struktur in der Verbandsspitze – und da natürlich auch mit neuen Leuten. Das Image des DFB kann man nur noch mit einem Wort beschreiben: schlecht. Und daran sind die Verantwortlichen Schuld. Das begann schon mit der Inthronisierung von Pressesprecher Wolfgang Niersbach als Präsident. Das ging weiter mit dem Sommermärchen-Skandal, mit Steuerfahndern vor der Haustür bei den Vizepräsidenten Reinhard Rauball oder Rainer Koch im Zuge der Ermittlungen zur Versteuerung der Bandenwerbung. Das ging weiter mit dem Streit zwischen Reinhard Grindel und Mesut Özil oder der Affäre um Grindels Luxusuhr. Das gipfelt derzeit in der miesen Außendarstellung von Fritz Keller und den Indiskretionen bei Sitzungen.

Nachdem sich Bierhoff und Löw mittlerweile ausführlich geäußert haben, sehe ich auch Keller in der Pflicht. Wenn so viel über den DFB und die Indiskretionen diskutiert wird, dann muss ich doch auch mal Stellung beziehen und im Zweifel die Dinge vom Tisch fegen.

Das Leistungsprinzip wurde beim DFB schon früher außer Kraft gesetzt

Mich würde es nicht wundern, wenn der größte Sportverband der Welt in den nächsten Jahren viele seiner 7,2 Millionen Mitglieder verliert und schrumpft, weil sich die Leute nicht mehr vernünftig repräsentiert fühlen und sich einfach nicht mehr damit identifizieren können.

Auch bei den Spielern darf man durchaus anderer Meinung sein als der Bundestrainer und der DFB im Allgemeinen. Wir brauchen nicht jede Woche über Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller reden. Es hat schließlich Tradition, dass das Leistungsprinzip beim DFB außer Kraft gesetzt wird. Das war schon früher so, als ich gespielt habe. Das war vor einigen Jahren so, als ein Spieler wie Max Kruse nicht nominiert wurde – und das ist auch heute so bei Max Kruse. Würde es nach Leistung gehen, würde er in der Nationalmannschaft spielen.

Der wahre Leader beim DFB ist Joshua Kimmich

Aber: Du musst eben in das System DFB passen. Und das besagt, dass es auch vier, fünf Spieler braucht, die einfach lieb sind und ihre Meinung nicht sagen. Einen Max Kruse mit einer eigenen Meinung brauchst du dann eben nicht.

Umso wichtiger ist die Rückkehr von Joshua Kimmich nach seiner Verletzung. Ich habe zuletzt schon mal gesagt, dass er der wahre Leader der deutschen Nationalmannschaft ist. Und dass es damit eben nicht Toni Kroos ist und auch kein anderer. Ich bin weiterhin pro Joachim Löw. Ich sage aber auch: Im März muss Schluss sein mit Dingen, die mal erfolgreich waren, es aber nicht mehr sind.

Boateng hat zwei Optionen

Für Mats Hummels, Jérôme Boateng und Thomas Müller gilt das natürlich nicht. Sie sind erfolgreich und umso mehr bin ich gespannt, wo es Boateng nach der Saison hinzieht. Bei Bayern wird er wohl nicht bleiben dürfen, für ihn geht es deshalb anderswo um den letzten großen Vertrag. Wo wird er den unterschreiben?

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Die Spur führt eigentlich ins Ausland, was für die Bundesliga natürlich schade wäre. Er würde beispielsweise Borussia Dortmund sehr gut zu Gesicht stehen mit seiner Siegermentalität. Aber: Wahrscheinlich ist das Träumerei. Ich könnte mir neben einem Wechsel ins Ausland eine zweite Option sehr gut vorstellen: Hertha BSC. Der Verein hat große Ambitionen, finanzielle Möglichkeiten durch Investor Lars Windhorst und ist der Heimatklub von Boateng. Ein Wechsel würde eine wahnsinnige Aufbruchstimmung erzeugen. Er könnte einen Drei-Jahres-Vertrag unterschreiben und anschließend einen Posten im Verein übernehmen.

Undenkbar wäre das nicht. Man hätte auch nicht erwartet, dass Max Kruse zu Union geht.

Wäre ich Neuhaus, würde ich bleiben

Im Gegenzug bin ich sehr gespannt auf Bayerns Transferbemühungen im Sommer. Gehen Boateng, David Alaba und Javi Martinez, brauchen sie einige neue Spieler – womöglich aus der Bundesliga. Ein Transfer von Dayot Upamecano für die Abwehr ist nur zu logisch. Darüber hinaus hat beispielsweise Florian Neuhaus offensichtlich das Interesse geweckt. Ihm würde ich allerdings von einem Wechsel abraten.

Er sollte nicht zu Bayern gehen, weil er den nächsten Schritt auch mit Gladbach machen kann. Sie sind jetzt im Achtelfinale der Champions League und Neuhaus genießt ein riesiges Vertrauen.

Wäre ich er, würde ich noch ein, zwei Jahre bleiben – und weiter mit Gladbach Europa aufmischen.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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