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Stefan Effenberg: Bayerns Transferoffensive – Hoeneß verliert an Glaubwürdigkeit


Meinung
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Nach Bayerns Transferoffensive
Die Douglas-Costa-Leihe steht für eine fatale Entwicklung

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 06.10.2020Lesedauer: 5 Min.
Douglas Costa erzielte in 103 Spielen für Juventus Turin zehn Tore – nun ist er zurück beim FC Bayern.Vergrößern des Bildes
Douglas Costa erzielte in 103 Spielen für Juventus Turin zehn Tore – nun ist er zurück beim FC Bayern. (Quelle: Uk Sports Pics Ltd/imago-images-bilder)
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Vier Transfers kurz vor Transferschluss? Das ist nicht Bayern-like. Das Schlimmste aber ist die Verpflichtung von Douglas Costa. Für Bayern, Hoeneß und den Fußball.

Vier Spieler hat der FC Bayern in den letzten beiden Tagen des Transferfensters verpflichtet – das ist nicht nur vollkommen ungewöhnlich, sondern tatsächlich auch überhaupt nicht Bayern-like. So viel Alarm kurz vor der Deadline, das gab es noch nie.

Bayern ist extrem unter Druck geraten

Marc Roca (23) vom spanischen Erstliga-Absteiger Espanyol, Eric Maxim Choupo-Moting (31) von Paris, Douglas Costa (30) von Juventus und Bouna Sarr (28) von Marseille – das sind die Neuen.

Typische Bayern-Zugänge? Nein. Man sieht an diesen Namen eher, dass Bayern extrem unter Druck geraten ist. Diese Spieler müssen nun natürlich erstmal die Chance bekommen, sich zu zeigen. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob der FC Bayern mit ihnen seine hohen Ziele erreichen kann.

Douglas Costa? Ist er jetzt kein Söldner mehr?

Choupo-Moting ist ganz sicher ein guter Spielertyp. Er hat in der Champions League gespielt mit Paris und wird mit seiner Rolle als Backup für Robert Lewandowski einverstanden sein – ähnlich wie Sandro Wagner seinerzeit. Roca und Sarr werden dagegen erst beweisen müssen, das Zeug für Bayern zu haben. Und bei Douglas Costa fehlen mir ehrlich gesagt die Worte. Uli Hoeneß hat noch vor drei Jahren gesagt: "Costa hat nicht funktioniert, weil er ein ziemlicher Söldner war, der uns charakterlich nicht gefallen hat." Nun holt Bayern ihn zurück. Ist er nun plötzlich kein charakterlich schwieriger Söldner mehr? Oder ist das Bayern egal? Diesen Wechsel kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

Dieser Transfer wird Folgen haben. Er wirft zum einen Zweifel an der Substanz von Uli Hoeneß' Aussagen auf. Und auch der Fußball insgesamt verliert dadurch ein großes Stück seiner Glaubwürdigkeit. Welcher Fan soll das verstehen? Da spielt es auch keine Rolle, dass Hoeneß vor drei Jahren noch Präsident war und heute nicht mehr im Amt ist.

Das ist eine fatale Entwicklung

Die Worte, die Hoeneß gewählt hat, sind die schlimmsten, die einen Fußballer treffen können, wenn dieser einen Verein verlässt. Ähnlich schlimm wie bei Bernat, dem Hoeneß attestierte, "einen Scheißdreck" gespielt zu haben. Hoeneß hat dabei für den Verein gesprochen. Und in beiden Fällen muss man sagen: Das macht man nicht. Das ist eine Frage von Anstand und Respekt. Aber beide Werte scheinen im Weltfußball verloren gegangen zu sein. Noch schlimmer ist nur, diese Worte dann irgendwann zur Seite zu legen, sich offenbar nicht daran zu erinnern und diesen Spieler erneut zu verpflichten.

Hoeneß verliert damit seine Glaubwürdigkeit und sein Gewicht – und der Fußball insgesamt gleich mit. Das ist wirklich eine fatale Entwicklung.

Sie wussten, dass der Kader dünn ist

Vier Last-Minute-Transfers – die führen natürlich auch zu der Frage, ob Bayern etwas versäumt und im Laufe des Transfersommers Fehler gemacht hat. Dagegen spricht, dass sie sich eben in der vergangenen Saison stets auf das konzentriert haben, was noch anstand: Meisterschaft, Pokalfinale, Champions League. Die Saison war extrem gestreckt, anspruchsvoll und spannend.

Dafür spricht, dass sie eigentlich früh wussten, worauf das alles hinauslaufen wird. Die vielen Fragezeichen waren bekannt – hinter der Zukunft von Thiago, Javi Martínez, David Alaba oder Jérôme Boateng. Sie mussten damit rechnen, dass der ein oder andere Spieler gehen will. Und sie wussten, dass der Kader ohnehin eher dünn ist.

Auf Rotation kommt es an

Aus heutiger Sicht waren es vielleicht einfach zu viele Fragezeichen. Sie haben nun erkannt, dass es noch mehr Spieler braucht. Womöglich haben dazu auch die ersten Spiele der neuen Saison beigetragen. Sieben Gegentore nach drei Bundesliga-Spieltagen sind genauso ungewöhnlich wie die aktuelle Transferpolitik. Mittlerweile ist klar: In dieser Saison kommt es auf Rotation an – und dafür braucht es Spieler mit einer hohen Qualität auch in der Breite. So gut der Nachwuchs der Bayern derzeit zu sein scheint: Für die ganz großen Ziele ist er dann womöglich doch zu wenig.

Bei Bayerns Transfer-Bemühungen gab es ein weiteres Problem: Mit Jude Bellingham oder Serginho Dest haben sich zwei Wunschspieler gegen einen Wechsel nach München entschieden, auch der von Callum Hudson-Odoi ließ sich nicht realisieren. Ich kann mir vorstellen, dass in ihren Überlegungen auch eine Rolle gespielt hat, dass andere Klubs den großen Titeln mit mehr Hunger hinterherhecheln als der amtierende Triple-Sieger. Wie will man bei Bayern noch einen draufsetzen? Vielleicht ist auch der ein oder andere Spieler satt? Da nehme ich als Spieler vielleicht lieber das Angebot eines Vereins an, der gerade etwas aufbaut – bei dem ich etwas Besonderes erreichen kann.

BVB wird Erfolge gar nicht verhindern können

Ist Bayern nun ohne Thiago, Philippe Coutinho, Sven Ulreich und Ivan Perišić, dafür aber mit Leroy Sané und den anderen Neuen besser als vergangene Saison? Das werden die nächsten Monate zeigen. Die Gefahr besteht trotz der Last-Minute-Transfers, dass sie mit der hohen Belastung am Ende der Saison in sich zusammenbrechen. Die Chance auf den nationalen Titel, also die Meisterschaft, ist für andere Klubs so groß wie seit acht Jahren nicht mehr. Und damit sind wir bei Borussia Dortmund.

Der BVB hat erneut herausragend agiert in diesem Sommer. Neben den Transfers von Thomas Meunier und Bellingham hat Dortmund mit Jadon Sancho heimlich verlängert und dazu noch Erling Haaland und alle anderen Leistungsträger gehalten. Gelingt es, solche Spieler länger zu halten, werden sie Erfolge und Titel gar nicht verhindern können. Sie haben eine Top-Mischung und eine klare Philosophie.

Was den FC Bayern erschüttern würde

Die besagt, Spieler irgendwann zu verkaufen, um Gewinn zu machen – und brachte ihnen erst im August Kritik von Uli Hoeneß ein. Der BVB brauche sich nicht wundern, wenn er so nicht näher an den FC Bayern heranrückt. Auf der anderen Seite muss ich sagen: Wenn Bayern im kommenden Sommer Alaba, Boateng und Martínez ablösefrei ziehen lassen muss – dann werden sie sich in den Hintern beißen. Zumal diese Spieler nur noch neun Monate unter Vertrag stehen. Neun Monate, bis sie bei anderen Vereinen horrende Prämien für eine Vertragsunterzeichnung einstreichen können. Da werden sie sich genau überlegen, ob sie noch bleiben. Und eine Ablösesumme werden sie Bayern dann auch nicht mehr einbringen. Der nächste Transfersommer wird noch spannender als dieser. Drei ablösefreie Abgänge von absoluter Top-Qualität? Das würde den FC Bayern erschüttern.

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Dortmund hat besonders gut eingekauft – besonders schlecht dagegen ausgerechnet der Erzrivale Schalke 04.

Rudy zahlt, um Schalke verlassen zu dürfen

Mit Sebastian Rudy, Mark Uth, Nabil Bentaleb und Ralf Fährmann kamen gleich vier Spieler zurück, die ein Jahr zuvor aussortiert wurden. Fährmann als frühere und neue Nummer eins – zur Begrüßung kassierte er acht Gegentore gegen Bayern und insgesamt 15 in drei Spielen. Herzlich willkommen.

Wie soll das funktionieren auf Schalke und welcher Spieler tut sich diesen Verein noch an?

Rudy ist nun schon wieder weg. Ausgeliehen an Hoffenheim. Er verzichtet sogar auf drei Millionen Euro. Er zahlt quasi viel Geld, damit er bloß weg kommt von Schalke. Kein Wunder. Da holen sie mit Manuel Baum einen neuen Trainer – und der bekommt zum Start von Leipzig ordentlich auf die Ohren. Auf Schalke sollte langsam klar sein: Am Trainer kann es nicht liegen.

Zwei Dinge sind offensichtlich. 1. Schalke ist definitiv ein Abstiegskandidat. 2. So kann der Verein nicht weitermachen.

Schalke droht ein Schicksal wie Kaiserslautern

Sie müssen sich komplett neu erfinden und aufstellen – diesmal aber an der gesamten Spitze des Vereins. Sport-Vorstand Jochen Schneider ist der Einzige, der zumindest versucht, sich der Kritik und Öffentlichkeit zu stellen. Natürlich ist er dafür nicht gemacht. Alle anderen ducken sich nur weg. Wo ist Michael Reschke, der Kaderplaner?

Schalke hat alles verloren, wofür der Klub einmal stand – vom Erfolg bis zur Identität. Jetzt besteht sogar die Gefahr, dass er eine Entwicklung nimmt wie Kaiserslautern oder im Ansatz auch der HSV. Da wäre ein Abstieg in die zweite Liga perspektivisch noch nicht das größte Problem.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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