Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Kritik am Präsidenten Der FC Bayern hat ein größeres Problem als Hoeneß
Mit seinen verbalen Attacken schadet Bayern Münchens Präsident dem Ansehen des Klubs. Warum stoppt ihn kein Verantwortlicher aus Vorstand oder Aufsichtsrat?
Aktuell vergeht kaum ein Spieltag ohne scharfe Aussagen von Uli Hoeneß. Der Präsident des FC Bayern teilt immer häufiger aus – und reagiert gereizt auf Kritik. So geht es hin und her. Ein paar Beispiele:
- 23. Juli: "Özil hat seit Jahren einen Dreck gespielt."
- 15. September: "Das Foul von Karim Bellarabi war geisteskrank, eine Dummheit."
- 19. Oktober: "...da hat Bernat einen Scheißdreck gespielt."
- 19. Oktober: "Wir werden keine respektlose Berichterstattung weiter akzeptieren."
- 30. November zur Fan-Kritik an ihm: "Die Art und Weise, die wir letzten Freitag bei der Hauptversammlung erlebt haben, will ich nicht. Und wenn sich das nicht ändern lässt, ist das nicht mehr mein FC Bayern."
- 2. Dezember: "Paul Breitner ist nicht Opfer, sondern Täter."
Hoeneß hat offenbar das Gespür verloren, wann die “Abteilung Attacke” gefragt ist. Das Schlimmste daran: Er hat innerhalb weniger Wochen die Sympathien vieler Bayern-Fans verspielt, wie die kritischen Stimmen und Buhrufe auf der Jahreshauptversammlung zeigen.
In den Bayern-Gremien fehlt Fachwissen
Wenn Hoeneß sein Auftreten und seine Außenwirkung schon nicht selbst reflektiert – warum stoppt ihn nicht irgendjemand beim FC Bayern? Es entsteht der Eindruck, an der Säbener Straße würden neben und unter ihm nur Ja-Sager arbeiten.
Kann das sein? Im neunköpfigen Aufsichtsrat sitzen unter anderem die ehemaligen Dax-Manager Martin Winterkorn (VW) und Rupert Stadler (Audi), im fünfköpfigen Vorstand dazu noch ein erfahrener Funktionär wie Jan-Christian Dreesen. Aber Fußball-Kompetenz? Fehlanzeige!
Einzig Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge könnte ihn auf Augenhöhe ausbremsen. Doch Rummenigge scheint daran zu scheitern – oder beteiligt sich wie bei der denkwürdigen Medienschelte sogar noch.
Das Geschäft hat sich gewandelt
Das Problem des FC Bayern ist viel größer als die Wutreden des Präsidenten. Auf allen Ebenen fehlt es an echten Fußball-Experten, quasi dem künftigen Führungspersonal des Klubs. Sportdirektor Hasan Salihamidzic wird als Neuling im Geschäft und eher kumpelhafter Typ zwischen Hoeneß und Rummenigge zerrieben. Ansonsten vereinen die Münchner in ihren Gremien ausschließlich aktuelle und ehemalige Wirtschaftsgrößen.
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Bislang waren die kurzen und einfachen Entscheidungswege eine Stärke, weil Hoeneß und Rummenigge mit feinem Gespür für Transfers und richtungsweisende Entscheidungen den Klub in die europäische Spitze geführt haben. Doch im Jahr 2018 funktioniert das Geschäft schneller, hektischer, komplexer. Das erfordert auch eine komplexere Führungsstruktur.
Es fehlt ein Gegenspieler für Hoeneß
Erfolgreiche Konkurrenten wie Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt machen es vor. Unterhalb von starken Führungspersönlichkeiten wie Hans-Joachim Watzke beim BVB oder Fredi Bobic bei Eintracht Frankfurt gibt es viele starke Schultern. Matthias Sammer als externer Berater und Sebastian Kehl als Leiter der Lizenzspielerabteilung helfen in Dortmund, Sportdirektor Bruno Hübner, der Technische Direktor Marco Pezzaiuoli (zuvor u. a. Cheftrainer in Hoffenheim) oder Kaderplaner Ben Manga (zuvor Stuttgart und Hoffenheim) bei der Eintracht.
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Die Münchner sind daran gescheitert, Figuren wie Philipp Lahm oder Max Eberl rechtzeitig in die Verantwortung zu holen. Weil Hoeneß und Rummenigge seit Jahren keine Macht abgeben wollten, fehlt nun ein starker, fachlich versierter Gegenspieler. Einer, der Hoeneß zur Zurückhaltung auffordern könnte und öffentlich das moderne Gesicht der Zukunft des FC Bayern ist.
Oliver Kahn erst 2021 in den Vorstand zu holen, könnte viel zu spät sein. Doch um ihn früher zu bekommen, müsste einer der Klub-Bosse wohl Macht abgeben – oder gehen.