Weltmeister startet durch Mario Götze wird für die Bayern immer wichtiger
Es war keine Gala-Vorstellung, die Mario Götze beim 1:0-Erfolg im zweiten Gruppenspiel der Champions League bei ZSKA Moskau auf den Rasen hinlegte. Und doch stach der 22-Jährige heraus. Wie so oft in dieser noch jungen Saison. Keinem anderen frischgekürten Weltmeister ist der Übergang vom bedeutendsten Sportturnier der Welt in den Fußballalltag so mühelos gelungen wie ihm. Im Gegenteil, der WM-Titel scheint dem Ausnahmetalent Flügel zu verleihen. Dabei hätte alles auch ganz anders kommen können.
Fünf Pflichtspieltreffer hat Götze bereits für seinen Klub erzielt. So viel wie derzeit keiner seiner Mitspieler. Gegen Moskau erzielte zwar Thomas Müller per Elfmeter das Tor des Abends, den Strafstoß hatte allerdings Götze mit einem beherzten Dribbling in den Strafraum herausgeholt. Wieder einmal war er also maßgeblich am Erfolg des Rekordmeisters beteiligt.
Wie schon ein paar Mal zuvor in der Bundesliga. In drei von insgesamt sechs absolvierten Partien ebnete er seinem Klub den Weg zum Sieg. Gegen Stuttgart, Paderborn und Köln erzielte Götze jeweils den Führungstreffer und sorgte dafür, dass der befürchtete Fehlstart nach der schwierigen Vorbereitung der Münchner ausblieb.
Sieben Punkte vor Dortmund
Mit dem muss sich stattdessen Götzes Ex-Klub Borussia Dortmund herumschlagen. Bereits sieben Punkte beträgt der Rückstand des vermeintlich einzigen Bayern-Konkurrenten auf den Meistertitel. Kaum auszudenken, wenn den Münchnern ein solcher Fehlstart widerfahren wäre. Auch deshalb wissen sie in München Götzes Leistungen zu honorieren. Allmählich scheint sich das Investment auszuzahlen. Für rund 37 Millionen Euro kaufte ihn der FC Bayern 2013 dank einer Ablöseklausel aus seinem Vertrag mit Dortmund heraus.
Doch in seinem ersten Jahr blieb der Youngster hinter den Erwartungen zurück. Verletzungen zu Saisonbeginn hatten den Start zusätzlich erschwert. Seine Statistikwerte konnten sich zwar am Ende sehen lassen. Er stand in 45 von 56 Pflichtspielen auf dem Platz, schoss 15 Tore und legte zwölf weitere auf. Dennoch blitzte sein Ausnahmetalent aus Sicht der Kritiker viel zu selten auf. Neben dem Platz wirkte Götze fremdgesteuert, unnahbar und zog sich zurück.
"Feingeist auch in seinem Denken"
Gut möglich, dass Götze die erste große Luftveränderung in seiner noch jungen Karriere erst einmal verarbeiten musste. Der Sprung zum Branchenprimus ist auch aus Dortmund gewaltig. In seinem zweiten Jahr in München läuft es dagegen von Beginn an rund. Dabei sagte man den WM-Fahrern einen besonders schweren Start in den Ligaalltag voraus.
Götze sei ein junger Mann, "ein Kreativspieler, auch ein Feingeist in seinem Denken" und keineswegs ein "grob gehobelter Klotz", sagte nun Bayerns Sportvorstand Matthias Sammer. Er habe ihn als "offenen, auch als schlauen, gewitzten Menschen kennengelernt, der alles andere als unnahbar ist." Die aktuellen Leistungen auf dem Platz machen ihn ohnehin unantastbar.
Gegen Brasilien noch auf dem Abstellgleis
Dass Götze offenbar keinerlei Probleme hat, nach der WM sofort wieder in Tritt zu kommen, spricht für sein Ausnahmetalent, das für viele bereits hoffnungslos verschüttet schien. Schließlich spielte er in Brasilien bis zum krachenden Schlussakkord nur eine Nebenrolle. In Messis Fußstapfen hätte Götze treten sollen, doch der Edeltechniker, der in den ersten beiden Spielen gegen Portugal und Ghana noch in der Startformation gestanden hatte, rotierte im Laufe des Turniers immer mehr aufs Abstellgleis. Das Halbfinale gegen Brasilien fand gänzlich ohne sein Zutun statt.
Nahezu auf den letzten Drücker verwandelte Götze ein aus persönlicher Sicht bereits verkorkstes Turnier in eine Heldensaga. Der Abgesang eines großen Talents war bereits formuliert, da stellte er mit einer einzigen Aktion alles auf den Kopf. Nach seiner Einwechslung im WM-Finale gegen Argentinien katapultierte ihn sein Traumtor auf einen Schlag ins oberste Regal der deutschen Fußballikonen neben Helmut Rahn, Gerd Müller und Andreas Brehme.
Befreiungsschlag der besonderen Art
Nicht wenige befürchteten, dass sich Götze nach diesem Jahrhunderttreffer noch mehr auf seinem Talent ausruhen könnte. Schließlich war das bis dato stets der bestimmende Kritikpunkt. Das größte deutsche Fußballtalent seit Franz Beckenbauer würde zu wenig aus seinen Fähigkeiten machen.
Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Das Tor im Finale scheint bei Götze alle Fesseln gelöst zu haben. Ein Befreiungsschlag, der Hoffnung auf die Zukunft macht. Vielleicht war es genau eine solche Ausnahmeaktion, die er für seinen weiteren sportlichen Höhenflug gebraucht hat. Während andere Bayern-Stars verletzt zuschauen müssen, liefert Götze jedenfalls zuverlässig ab. Zu einer Zeit, die alle Beteiligten zuvor als die schwierigste Phase der Saison bezeichnet hatten. Nicht schlecht für einen 22-Jährigen.