Bayern-Patriarch Hoeneß über Kahn und "Brazzo": "So etwas geht einfach nicht"
Noch vor dem letzten Bundesliga-Wochenende trennte sich Bayern von Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić. Uli Hoeneß hat den Zeitpunkt nun nochmals verteidigt.
Die Trennung von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidžić noch vor dem entscheidenden Bundesligaspiel beim 1. FC Köln war aus Sicht von Bayern Münchens Ehrenpräsident Uli Hoeneß ohne Alternative und nicht stillos. "Es wäre nicht fair gewesen, so wichtige Entscheidungen mit den Betroffenen erst 24 Stunden vor der Aufsichtsratssitzung zu besprechen", sagte Hoeneß in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Wochenend-Ausgabe).
Der Aufsichtsrat tagte erst am vergangenen Dienstag, drei Tage nach dem 2:1 in Köln, das den Münchnern doch noch den elften deutschen Meistertitel in Serie vor Borussia Dortmund beschert hatte.
"Gesamtentwicklung einfach zu unbefriedigend"
"Wir wollten, dass es Oliver und Hasan direkt von uns erfahren, wir wollten das Thema von der Mannschaft vor dem Spiel in Köln fernhalten und wir wollten nach der Bekanntgabe in der Kabine auch umgehend die Öffentlichkeit informieren", erläuterte Hoeneß. Die Entscheidung sei letztlich nicht vom sportlichen Abschneiden abhängig gemacht worden. "Dafür war die Gesamtentwicklung einfach zu unbefriedigend", erklärte der 71-Jährige. Beim Gespräch mit Kahn sei es vorübergehend laut geworden.
Was Max Eberl als möglichen Nachfolger von Salihamidžić angeht, äußerte sich Hoeneß nur zurückhaltend. "Dass über Max in der Öffentlichkeit spekuliert wird, liegt auf der Hand" so Hoeneß. Auf die Nachfrage, dass der 49-Jährige erst seit einem halben Jahr in Leipzig sei, entgegnete Hoeneß: "Es gibt für uns viele Optionen. Idealerweise haben wir den neuen Mann bis zum Beginn der neuen Saison gefunden. Wenn es aber zum Beispiel bis Weihnachten dauert, dann ist es eben so."
"So etwas geht einfach nicht"
In Zukunft könnte sich Hoeneß auch Thomas Müller in einer Führungsrolle vorstellen. "Ich hoffe weiterhin, dass wir auch mal wieder einen Fußballer, am besten aus den Reihen des FC Bayern, in die Verantwortung nehmen können. Vielleicht möchte Thomas Müller nach seiner Karriere ja einsteigen oder ist mit seinen Pferden nicht ausgelastet", sagte der 71-Jährige.
Hoeneß äußerte in dem Interview, dass er den Zeitpunkt der Trennung von Trainer Julian Nagelsmann zehn Tage vor dem Bundesliga-Gipfel gegen Dortmund für falsch gehalten habe. Niemand sei in die Entscheidung involviert gewesen. "Auch Herbert Hainer wurde als Aufsichtsratsvorsitzender viel zu spät informiert. Und so etwas geht einfach nicht", so Hoeneß. "Am Mittwoch vor der endgültigen Trennung stand Hasan bei mir vor der Tür und hat gesagt: Wir wollen das machen, und eigentlich haben wir das auch schon entschieden." Nagelsmann hielt er vor, nach der vorherigen 1:2-Niederlage in Leverkusen zum Skifahren gereist zu sein.
Urlaub in der Winterpause zu lang
Den Urlaub für die Mannschaft in der Winterpause sieht Hoeneß als zu lang an. Der jetzige Coach Thomas Tuchel habe seiner Überzeugung nach in der Rückrunde darunter zu leiden gehabt, dass es einigen Spielern an der Grundlagenausdauer gefehlt habe. "Wenn man viereinhalb Wochen Urlaub gibt, braucht man mindestens sechs Wochen Vorbereitung. Aber wir hatten gerade mal zweieinhalb Wochen!"
Es habe zu wenig Testspiele gegeben, nämlich "nur dieses eine gegen Salzburg", so Hoeneß: "Wie soll man da fit sein? Ich habe in meiner Spielerkarriere nie vier Wochen Urlaub gehabt, auch im Sommer nicht." Einige Bayern-Profis aber hätten "von Anfang November bis Mitte Januar kein ernst zu nehmendes Spiel gehabt."
Er habe den damaligen FCB-Trainer Julian Nagelsmann jedoch "anfangs nicht" vor dieser Gefahr gewarnt. "Als dann aber Manuel Neuers Verletzung die Stimmung belastet hat, habe ich darauf hingewiesen, dass wir jetzt nicht mehr so lange Urlaub machen sollten", sagte er.
"Letzten Tage und Wochen waren alles andere als ein Vergnügen"
Zu seiner eigenen Rolle bemerkte der auch dem Aufsichtsrat angehörende Hoeneß mit Blick auf die 1:3-Heimniederlage am vorletzten Spieltag gegen RB Leipzig: "Wenn ich sehe, wie wir in der zweiten Halbzeit gegen Leipzig fast vorgeführt werden im eigenen Stadion, da kann ich nicht loslassen! Vielleicht darf ich einfach nicht mehr ins Stadion gehen. Aber das wäre ja auch keine Lösung." Ihm sei "einfach nur wichtig, dass beim FC Bayern alles in Ordnung ist."
Gleichzeitig störe es ihn, wenn gesagt würde, er wolle immer noch alles bestimmen. "Man kann jede Firma neu aufstellen und alles anders machen, das ist völlig legitim – aber man muss Erfolg damit haben. Um nichts anderes geht es", so Hoeneß. "Es stört mich, wenn es jetzt wieder heißt, der Hoeneß will immer noch die Regeln bestimmen. Am liebsten wäre mir, es liefe alles bestens und wir hätten noch alle Vorstände beieinander. Die letzten Tage und Wochen waren alles andere als ein Vergnügen."
- sueddeutsche.de: "'Da kann ich nicht loslassen!'"
- Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und SID