Boxen Wach bringt Klitschko kurz ins Wanken
Irgendwie schien es, als hätte Herausforderer Mariusz Wach seine Rolle für den Kampf gegen Wladimir Klitschko nicht so ganz begriffen. Denn nachdem es zunächst nach einem ungefährdeten Sieg für den Schwergewichtsweltmeister der Boxverbände IBF, WBA und WBO ausgesehen hatte, landete sein polnischer Kontrahent kurz vor Ende der fünften Runde mit seiner Rechten einen Treffer, der Klitschko ins Wanken brachte.
Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn dies das Anfang vom Ende des Kampfes zuungunsten von Dr. Steelhammer gewesen wäre. Vor dem Kampf hatten er und seine Klitschko-Management-Group noch Werbung für das Musical "Rocky" gemacht, bei dem sie neben Sylvester Stallone als Co-Produzenten auftreten und das nächstes Wochenende ebenfalls in Hamburg Weltpremiere feiern wird. Sollte der krasse Außenseiter den Champion entthronen? Klitschko wankte kurz, aber er fiel nicht. Und nachdem dann der Gong wenige Sekunden später die Runde beendet hatte und nach der üblichen Pause der sechste Durchgang begann, übernahm der Ukrainer wieder das Kommando – so als ob nichts geschehen wäre.
Klitschko: "Bin nur ausgerutscht"
Der Champ spielte nach dem Kampf das Geschehene runter und löste damit ein wenig Verwunderung aus. Er sei "nur ausgerutscht“, sagte Klitschko. Für die meisten Beobachter war es aber der erste kassierte Treffer seit den drei Niederschlägen durch Samuel Peter im ersten Aufeinandertreffen im September 2005 in Atlantic City, der Wirkung bei Klitschko zeigte.
eplayer klitschko
Johnaton Banks gab zumindest zu, dass es ein Treffer war, den sein Schützling da kassiert hatte. Aber das Taumeln wollte er als Reflex verstanden wissen. "So etwas trainieren wir", erklärte Banks. Der US-Coach hatte schon nach der Erkrankung von Emanuel Steward - er verstarb später auch an den Folgen seiner Krebserkrankung - das Training von Klitschko übernommen.
Kampf kurz vor dem Abbruch
Am Ende der zwölf Runden stand ein klarer Punktsieg (120:107, 120:107, 119:109) für Klitschko – allerdings schien auch hier Wach sich nicht an die "Vorgaben" gehalten zu haben. Denn bei all den Schlägen, die Dr. Steelhammer auf ihn abfeuerte, weigerte sich der Herausforderer k.o. zu gehen. "Ich war überrascht, dass Mariusz Wach stehengeblieben ist", erklärte Klitschko nach dem Kampf. Er sei auch "nicht ganz zufrieden, weil ich keinen K.-o.-Sieg gemacht habe".
Besonders in der achten Runde sah es so aus, als ob der Kampf vorzeitig zu Gunsten von Klitschko enden könnte. Ein Schlag nach dem anderen prasselte auf den im Seil hängenden Herausforderer ein. "Ich habe befürchtet, dass mein Trainer das Handtuch schmeißt", erklärte Wach nach dem Kampf. Er selbst habe nie an Aufgabe gedacht. Juan De Leon beruhigte seinen Schützling: "Ich habe nie daran gedacht, das zu machen." Aber Ringrichter Eddie Cotton, so berichtete der Wach-Trainer weiter, habe ihm klar angedeutet, dass er den Kampf beenden werde, sollte der Herausforderer weiter so wehrlos agieren und nicht zurückschlagen.
Körpergröße nicht genutzt
Doch Wach fing sich und der Fight ging schließlich über die vollen zwölf Runden. In diesen hatte der Herausforderer bis auf den oben erwähnten Schlag allerdings was Offensivaktionen anbelangte wenig anzubieten.
Wie von Vitali Klitschkos Trainer Fritz Sdunek schon vor dem Kampf bemängelt, machte sich der Pole klein. Von den vier Zentimetern mehr Körpergröße und der zwei Zentimeter größeren Spannweite war nichts zu bemerken. Wladimir Klitschko bestimmte mit Hilfe seiner linken Führhand die Distanz zwischen den beiden Kontrahenten und legte sich so seinen Gegner immer wieder zurecht.
Von der Titelverteidigung zur Trauerfeier für Steward
Während Klitschko seinen Gegner für dessen Leistung im Ring lobte, bekam dessen Trainer sein Fett weg. De Leon hatte angezweifelt, ob Klitschko ohne Steward überhaupt in der Lage sei zu kämpfen. "Das hat mich schon mächtig aufgeregt", sagte Klitschko. Gerne hätte der Weltmeister ihm dazu ein paar Worte gesagt. Allerdings hatte De Leon da schon mit dem Rest des Wach-Teams die Pressekonferenz verlassen.
Auf Klitschko wartet nun eine traurige Aufgabe. Er wird am Montag mit Vitali und Manager Bernd Bönte nach Detroit fliegen, um dort einen Tag später an der Trauerfeier für Steward teilzunehmen. Dessen Familie hat diese extra heraus gezögert, bis der Kampf vorbei ist. "Nach meinem letzten Kampf haben wir noch gemeinsam 'Happy Birthday' für Emanuel gesungen", sagte Klitschko.