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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Stadt feiert Jubiläum nach Unter kundiger Führung auf den Spuren Friedrich Engels
Am 28. November 2020 wäre Friedrich Engels 200 Jahre alt geworden. Geplant war ein großes Veranstaltungsjahr, um den runden Geburtstag gebührend zu feiern. Doch vieles fand coronabedingt nur im virtuellen Raum statt. Das möchte man 2021 nachholen.
Wer sich auf Herkunft, Leben und Wirken des großen Sohnes der Stadt einstimmen möchte, dem seien die Engels-Stadtführungen empfohlen, die das Museum Industriekultur Wuppertal nach einer längeren Pause wieder anbietet. "Besucht werden Stationen aus dem Leben Friedrich Engels, von seinem Geburtshaus in Barmen bis zu seinem Tod," so Dr. Lars Bluma, Leiter des Museums Industriekultur Wuppertal. "Interessante Einblicke in die Geschichte Engels und seiner Familie".
Im Schatten des historischen Engelshauses, 1775 vom Urgroßvater Friedrich Engels, Johann Caspar Engels, errichtet und pünktlich zum 200. Geburtstag für rund vier Millionen Euro liebevoll und umfangreich restauriert, warten an diesem Sonntagvormittag die beiden Stadtführer Anja Maschinsky und Leo Braunleder. Sie nehmen uns mit auf einen einstündigen Spaziergang durch den Engelsgarten. Das Motto: "Herkunft und Familie von Friedrich Engels – eine Erkundung rund um den Engelsgarten".
Baumbestand aus alten Zeiten
Es ist ein Kleinod, mit liebevoll angelegten Beeten. Der alte Baumbestand stamme noch aus den Zeiten Friedrich Engels, erzählen Anja Maschinsky und Leo Braunleder. Ende des 18. Jahrhunderts sei das Areal zwischen dem Engelshaus im Westen und der Oper im Osten eine Bleicherweise gewesen, inmitten einer Manufakturkolonie.
"Etwa 300 Arbeiterinnen und Arbeiter wohnten und arbeiteten in den umliegenden 40 Häusern, die zum größten Teil der Familie Engels gehörten", beschreibt Anja Maschinsky die damaligen Verhältnisse am Barmer Bruch. Anfänglich im Umland verstreut, ließen sich so die Arbeitsprozesse der "Heimwerker" zentralisieren und rationalisieren. Produziert habe man vor allem Spitzenbänder, also klassische "Barmer Artikel".
Doch weiter geht es: Am östlichen Ende des Engelsgarten, nahe dem Opernhaus, stand das Geburtshaus von Friedrich Engels. Im zweiten Weltkrieg zerstört, wurde hier am 5. August 1958 ein Gedenkstein errichtet. Lang habe man im Hauptausschuss um diesen Stein gerungen, erläutert Leo Braunleder. "Lediglich acht Stimmen befürworteten die Errichtung bei sieben Enthaltungen".
Alter Mann mit Rauschebart
Sehr imposant und alles überragend: Die 3,95 Meter hohe Friedrich-Engels-Statue, ein Geschenk der Volksrepublik China. Gewünscht hatte man sich einen jungen, drahtigen Mann, weiß Anja Maschinsky. "Einen Burschen, dem man zutraut, dass er auf die Barrikaden geht und kämpft". Die Chinesen aber sahen das anders: Es musste ein alter Friedrich Engels mit Rauschebart sein. "So sieht in China Weisheit nun mal aus", glaubt Maschinsky. Enthüllt wurde die Skulptur des Bildhauers Zeng Chenggang im Juni 2014.
So manche Geschichte rankt sich auch um die Marmorskulptur "Die starke Linke" des österreichischen Bildhauers Alfred Hrdlicka. Die Skulptur wurde 1975 von der Stadt Wuppertal in Auftrag gegeben, um den Engelsgarten aufzuwerten. Und: Man wünschte sich einen Bezug zu Friedrich Engels.
130.000 DM wollte man für ein solches Werk ausgeben, 60 Prozent würde das Land übernehmen. Professor Hrdlicka präsentiert erste Entwürfe – ein marmornes Buch, aus dessen Mitte reliefartig dargestellte Menschen drängen sollten. Doch dann gab Schwierigkeiten: 1977 entschied sich Hrdlicka, das Motiv zu ändern, ohne dies jedoch der Stadt mitzuteilen. Und teurer wurde es auch: Hrdlicka forderte nun 300.000 DM. Am 2. Juli 1981 wurde das Engels-Denkmal in Anwesenheit von Ministerpräsident Johannes Rau eingeweiht.
Wer am Ende des Rundgangs noch Lust hat, dem sei ein Blick in das Engelshaus empfohlen. Die Dauerausstellung folgt nicht nur den Spuren Friedrich Engels, "sondern will auch einen Eindruck vermitteln, wie das wohlhabende Bürgertum um 1800 gelebt hat", beschreibt Lars Bluma im Gespräch mit t-online die Zielsetzung. Zurzeit ist die Ausstellung nur sonntags geöffnet, doch das werde sich ändern, verspricht Dr. Bluma. "Ab September wird das Haus wieder von dienstags bis sonntags geöffnet sein."
Ein zertifizierter negativer Schnelltest oder eine Impfbescheinigung sind für die Teilnahme nicht erforderlich. Für die Stadtführungen müssen vorab Tickets über das Ticketsystem Wuppertal Live gebucht werden. Alle aktuellen Informationen gibt es auf der Homepage des Museums Industriekultur Wuppertal.
- Eigene Recherche
- Gespräch mit dem Leiter des Museums Industriekultur Wuppertal, Dr. Lars Bluma