Prozesse Säureanschlag auf Manager: Elf Jahre Haft für zweiten Mann
Vor fast sechs Jahren lauerten zwei Männer Topmanager Bernhard Günter auf, als der sonntags vom Joggen kam und mit frischen Brötchen nach Hause ging. Sie schütteten ihm Schwefelsäure ins Gesicht.
Für den Säureanschlag auf Energie-Topmanager Bernhard Günther in Haan bei Düsseldorf ist ein zweiter mutmaßlicher Täter verurteilt worden - zu elf Jahren Haft. Das Landgericht in Wuppertal sprach den 37-Jährigen am Montag wegen schwerer Körperverletzung schuldig. Die Staatsanwaltschaft hatte zwölf Jahre Haft beantragt. Die Verteidiger hatten einen Freispruch gefordert.
Beide Attentäter hätten erreichen wollen, dass Günther erblindet, das sei eindeutig, sagte der Vorsitzende Richter Klaus Blume. Beide hätten sich aus einem Bordell gekannt. Bei der Auswertung eines Handys habe ein gelöschter Chat der beiden Männer wieder hergestellt werden können; der 37-jährige Hobby-Ringer habe zudem ein auffälliges Verhalten an den Tag gelegt und zwei Tage nach der Tat seine Handynummer gelöscht. Der Hintermann, der den Anschlag in Auftrag gegeben habe, sei weiterhin unbekannt, räumte der Richter ein.
"Wir sind froh über die klare Verurteilung", sagte Günther nach Prozessende. "Unser Weg ist damit noch nicht zu Ende. Wir setzen weiterhin alles daran, die Hintermänner und den Auftraggeber benennen zu können. Bisher lagen wir mit unserer Hypothese, dass der Auftraggeber aus meinem beruflichen Umfeld kommt, richtig. Das hat dieses und auch das zurückliegende Verfahren bestätigt."
Auf Günther war am 4. März 2018 ein Anschlag verübt worden: Zwei Männer lauerten dem Manager in der Nähe seines Privathauses in Haan bei Düsseldorf auf und übergossen ihn mit hoch konzentrierter Schwefelsäure. Günther kam gerade von seiner sonntäglichen Joggingrunde und hatte nach einem Abstecher beim Bäcker frische Brötchen dabei.
Der inzwischen 57-jährige Manager wurde schwer verletzt. Augenlider und Teile seiner Gesichtshaut mussten transplantiert werden. Er musste sich zahlreichen Operationen unterziehen und drohte zeitweise zu erblinden.
Der Manager war damals Finanzchef des Energiekonzerns Innogy, der wenige Tage später vom Eon-Konzern übernommen wurde. Heute ist er Manager beim finnischen Energieversorger Fortum mit mehr als 19 000 Mitarbeitern.
Ein Täter mit belgischem Pass war wegen des grausamen Angriffs bereits 2022 zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe ist inzwischen rechtskräftig. Bei dem am Montag in erster Instanz verurteilten Mann soll es sich um dessen Komplizen handeln, den zweiten Mann am Tatort.
Dessen Verteidiger äußerten Zweifel, ob der Manager den Hobby-Ringer tatsächlich auf Fotos wiedererkannt hatte. Zuerst hätten ihm Privatdetektive Fotos des Mannes vorgelegt. Deswegen sei er bei der späteren Wahllichtbildvorlage bei der Polizei bereits beeinflusst gewesen. Dort musste Günter den Mann unter verschiedenen anderen wiedererkennen.
Ein anonymer Hinweisgeber, der fast 200.000 Euro Belohnung erhielt, hatte den Ermittlungen zum Durchbruch verholfen. Ihm sei es erkennbar nur ums Geld gegangen, kritisierten die Verteidiger. Günthers Aussagen seien zudem nicht konsistent gewesen.
Beweisanträge der Verteidiger, mit denen nachgewiesen werden sollte, dass der 37-Jährige zur Tatzeit in Belgrad gewesen sein soll, hatte das Gericht am Montag abgelehnt. Das vermeintliche Alibi hatten die Verteidiger erst kurz vor Schluss der Beweisaufnahme präsentiert.
Erklärtes Ziel Günthers ist es, den Auftraggeber des Anschlags zu identifizieren. Er vermutet ein berufliches Komplott hinter der Attacke: Ein Rivale habe ihn damals im Kampf um die Karriere ausschalten wollen.
- Nachrichtenagentur dpa