Bundestagswahl im Südwesten Der Südwesten wählt - Beteiligung bislang höher
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Mit je zwei Kreuzen können Millionen von Wahlberechtigten in Baden-Württemberg über die Besetzung des neuen Bundestags entscheiden. Spannend werden die Auswirkungen des neuen Wahlrechts.
In Baden-Württemberg können seit dem Morgen Millionen Menschen ihre Stimmen für die Bundestagswahl abgeben. Bislang zeichnet sich eine hohe Beteiligung ab. 36,5 Prozent der Berechtigten haben bis 14.00 Uhr ihre Stimme in einem der Wahllokale im Südwesten abgegeben. Das sind 13,23 Prozentpunkte mehr als bei der Bundestagswahl 2021 zum selben Zeitpunkt, wie Landeswahlleiterin Cornelia Nesch mitteilte.
Grundlage der Zahlen ist eine repräsentative Erhebung in den Wahllokalen im Land. Nicht berücksichtigt sind dabei die Stimmen der Briefwählerinnen und Briefwähler. 2021 wurde zum selben Zeitpunkt eine Beteiligung von 23,27 Prozent ermittelt. Eine mögliche Erklärung für den Unterschied könnte die damals hohe Zahl der Briefwähler aufgrund der Corona-Pandemie gewesen sein. Die Landeswahlleiterin rief alle Berechtigten dazu auf, ihre Stimmen abzugeben. Die Wahllokale sind bis 18.00 Uhr geöffnet.
Nach Schätzungen des Statistischen Landesamts sind im Südwesten rund 7,6 Millionen Menschen wahlberechtigt. Unter ihnen sind demzufolge auch rund 320.000 potenzielle Erstwählerinnen und Erstwähler, die seit der letzten Bundestagswahl volljährig geworden sind.
Landespolitiker wählen in Heimatorten
Bereits gegen Sonntagmittag wählte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er gab seine Stimmen im Sigmaringer Ortsteil Laiz ab. Begleitet wurde er unter anderem von Frau Gerlinde. Der CDU-Landeschef Manuel Hagel gab seine Stimmen in Ehingen (Alb-Donau-Kreis) ab. Hagel ist auch Fraktionschef seiner Partei im Landtag und gilt als Anwärter auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl im Südwesten 2026.
Bunter ging es in Gutach im Schwarzwald zu. Dort wählten manche Einwohner in traditioneller Tracht - inklusive Bollenhut. Durch die vorgezogene Neuwahl kam es aber auch zu ungewohnten Szenen: Kurz vor der Hochzeit der schwäbisch-alemannischen Fastnacht sind auch viele Narren mit Häs an der Wahlurne. So zum Beispiel in Meersburg und Radolfzell am Bodensee, wie der "Südkurier" berichtet.
Auf den Wahlzetteln der 38 Wahlkreise im Südwesten stehen nach Angaben der Landeswahlleiterin insgesamt 526 Kandidatinnen und Kandidaten. CDU, SPD, FDP, AfD und Linke haben demzufolge in allen Wahlkreisen Direktkandidaten aufgestellt. Die Grünen treten in 37 Wahlkreisen an, das Bündnis Sahra Wagenknecht dagegen nur mit einer Landesliste.
Bekannte Gesichter auf den Wahlzetteln
Unter den Kandidaten sind auch bundesweit bekannte Politikerinnen und Politiker. Die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel tritt am Bodensee an, SPD-Chefin Saskia Esken kandidiert im Wahlkreis Calw. Grünen-Bundeschefin Franziska Brantner steht auf dem Stimmzettel im Wahlkreis Heidelberg, und der Merz-Vertraute Thorsten Frei will erneut im Wahlkreis Schwarzwald-Baar das Direktmandat holen.
Eine Besonderheit, die sich auch in Baden-Württemberg auswirken dürfte, ist das veränderte Wahlrecht. Wegen der Reform, die nun zum ersten Mal greift, ziehen nicht mehr alle siegreichen Wahlkreis-Kandidaten automatisch in den Bundestag ein: Sie bekommen nur noch dann ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls geht der Wahlkreis leer aus. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate. Künftig hat der Bundestag nur noch 630 Abgeordnete statt aktuell 733.
Neues Wahlrecht könnte CDU Direktmandate kosten
In Baden-Württemberg könnten deswegen mehrere CDU-Wahlkreissieger nicht in den Bundestag einziehen. Die Rede ist von drei bis fünf Mandaten, die auf der Kippe stehen. Betroffen sein könnten Wahlkreise, die die CDU eher knapp gewinnen könnte - etwa in großen Städten wie Stuttgart, Mannheim oder Freiburg. Wer den Einzug in den Bundestag geschafft hat, steht wegen des neuen Wahlrechts wohl erst am frühen Montagmorgen fest - nämlich dann, wenn das vorläufige bundesweite Endergebnis vorliegt.
Die Bundestagswahl im September 2021 gewann im Südwesten die CDU mit 24,8 Prozent der Zweitstimmen (bundesweit: 24,1 Prozent) - trotz deutlicher Verluste von fast zehn Prozentpunkten. Die SPD kam mit 21,6 Prozent auf den zweiten Platz (bundesweit: 25,7 Prozent).
Die Grünen erhielten im Südwesten mit 17,2 Prozent etwas mehr Zustimmung als auf Bundesebene (14,7 Prozent), die FDP kam in ihrem Stammland auf 15,3 Prozent (bundesweit: 11,4 Prozent). Die AfD landete in Baden-Württemberg bei 9,6 Prozent - etwas weniger als im Bund (10,4 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag 2021 im Südwesten bei 77,8 Prozent.
- Nachrichtenagentur dpa