Gesundheit HIV, Tripper, Syphilis - und ein Nach-Corona-Effekt
In Pandemie-Zeiten waren Kontakte eingeschränkt. Das zeigt sich auch in der Statistik zu sexuell übertragbaren Krankheiten. Eine Gruppe ist besonders betroffen.
Mit dem Ende der Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie steigen die Fallzahlen für sexuell übertragbare Krankheiten auch in Baden-Württemberg wieder. Ob bei HIV oder Syphilis, die Infektionszahlen sind wieder auf dem Vor-Corona-Niveau. In beiden Fällen sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) unter den nachweislich Angesteckten auffallend viele Männer, die mit Männern Sex hatten.
Syphilis
Das RKI hat für das vergangene Jahr 795 Syphilis-Fälle aus Baden-Württemberg registriert. Dabei ist damit zu rechnen, dass noch Nachmeldungen folgen. Für 2023 listet die Statistik 848 Infektionen auf. Zum Vergleich: In den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 waren es jeweils weniger als 600 Meldungen.
"Nachdem es während der Covid-19-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zu einem Rückgang der Syphilis-Meldungen gekommen war, wird seit dem Jahr 2022 ein Wiederanstieg der Fallzahlen beobachtet", heißt es aus dem Gesundheitsministerium in Stuttgart dazu. Auch das RKI berichtete damals in Bezug auf ganz Deutschland, die seit 2010 zu beobachtende deutliche Zunahme der Fallzahlen setze sich weiter fort.
Syphilis ist eine bakterielle Erkrankung, die laut dem RKI nur bei Menschen vorkommt. Sie sei sexuell, durch Blut und bei Schwangeren von der Mutter auf das Kind übertragbar. Sie verlaufe typischerweise in drei Stadien: Los gehe es mit einem meist schmerzlosen Geschwür kurz nach der Infektion. Danach mache sich die Erkrankung etwa durch Hautveränderungen bemerkbar, bevor - Jahre nach der Erstinfektion - Schädigungen des zentralen Nervensystems und der Blutgefäße auftreten können. Man kann sich mehrfach infizieren.
Gegen Syphilis wirken Antibiotika. Eine Impfung gibt es nicht. Der effektivste Schutz ist, beim Sex Kondome zu verwenden.
HIV
"Auch die Anzahl der HIV-Diagnosen hat in den Jahren 2020 und 2021 pandemiebedingt abgenommen und bewegt sich aktuell auf dem Stand der vorpandemischen Jahre", teilt das Ministerium mit. Waren es damals 298 beziehungsweise 251 Fälle, stieg die Zahl auf 439 im Jahr 2022 und sank 2023 auf 337. Für das vergangene Jahr listet die Statistik für den Südwesten 372 Nachweise, wobei auch hier mit Nachmeldungen zu rechnen sei.
Bei der Bewertung der Meldezahlen ist den Angaben nach zu berücksichtigen, dass die Zahl der Neudiagnosen nicht mit der tatsächlichen HIV-Inzidenz gleichgesetzt werden kann, da zwischen Infektion und Diagnose ein individuell unterschiedlicher Zeitraum liegen kann. Zudem hänge die Zahl der Diagnosen von unterschiedlichen Faktoren wie Testangeboten und Testverhalten ab.
HIV ist eine Abkürzung für Humanes Immundefizienz-Virus. Eine Infektion schädigt oder zerstört bestimmte Zellen der Immunabwehr. Betroffene werden anfälliger für Erkrankungen. Unbehandelt kann das zu Aids führen. Wer hieran erkrankt, erleidet häufiger Lungenentzündungen und Pilzerkrankungen.
Auch hier gilt Verhütung beim Sex mit Kondomen oder bei Frauen Femidomen als wichtige Schutzmaßnahme. Seit einigen Jahren gibt es zudem wirksame Mittel zum Schutz vor einer HIV-Infektion, genannt Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Sie müssen täglich als Tablette genommen werden. Im November hatte eine Studie gezeigt, dass auch eine halbjährliche Impfung mit dem Medikament Lenacapavir effektiv vor einer Infektion mit HIV schütze.
Nach einer detaillierten deutschlandweiten Analyse für das Jahr 2023 gab es laut RKI ähnlich viele Übertragungen bei Männern, die Sex mit Männern hatten (1.037), sowie bei heterosexuellem Kontakt (1.038). 271 Mal hatten sich Menschen wohl beim Spritzen von Drogen infiziert. 39 Infektionen fanden vor beziehungsweise im Rahmen der Geburt statt. In 936 Fällen gab es zu einem möglichen Übertragungsweg allerdings keine Angaben.
Tripper
Labordiagnostische Nachweise von Tripper oder auch Gonorrhö müssen laut dem Ministerium erst seit September 2022 gemeldet werden. Für das Jahr 2023 wurden den Angaben zufolge aus Baden-Württemberg 98 Fälle und für das zurückliegende Jahr bislang 76 Fälle übermittelt.
Der Mensch ist nach RKI-Angaben einziger Wirt von Gonokokken. Die Bakterien würden ausschließlich durch direkten Schleimhautkontakt etwa beim Geschlechtsverkehr (oral, genital, anal) oder bei der Geburt übertragen. Für die Weiterverbreitung sei der oftmals symptomlose Verlauf der Erkrankung entscheidend. Tripper kann weitreichende Folgen etwa im Blutkreislauf haben oder Entzündungen beispielsweise der Prostata oder Bindehaut auslösen.
Eine spezifische Impfung gegen Gonokokken gibt es dem RKI zufolge nicht. Kondome könnten das Infektionsrisiko senken, stoppten die Ausbreitung allein aber nicht. Wer aber sexuell aktiv sei, sollte sich regelmäßig testen lassen.
- Nachrichtenagentur dpa