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Bayerische Landesausstellung: Diese Dinge sind typisch fränkisch


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Neue Ausstellung
Von Söder bis Presssack: Diese Dinge sind typisch fränkisch

Von Peter Budig

23.05.2022Lesedauer: 5 Min.
Franken kann mehr als Albrecht Dürer, Bier und Söder: Das beweist die neue Bayerische Landesausstellung in Ansbach.Vergrößern des Bildes
Franken kann mehr als Albrecht Dürer, Bier und Söder: Das beweist die neue Bayerische Landesausstellung in Ansbach. (Quelle: imago-images-bilder)

Was ist typisch fränggisch? Franken ist mehr als Markus Söder und Lebkuchen. Das zeigt die neue Bayerische Landesausstellung. Eine nicht ganz ernstgemeinte Reise durch Franken – von Presssack bis Preußen.

Mal so in die Runde gefragt: Was ist typisch für Franken? Fränkisch reimt sich auf zänkisch, behaupten viele, vor allem Ober- und Niederbayern. Gehen alle echten Franken zum Lachen in den Keller, wie es heitere Rheinländer, die hier leben (müssen), erzählen?

Ein buntes Karussell von Schaustücken zeigt Bratwürste, Lebkuchen, Bocksbeutel, exotische Biersorten, putzige Fachwerkhäuser und trutzige Burgen, den rot-weißen Frankenrechen und Spontisprüche wie "Wir sind Franken, keine Bayern".

Es steht am Eingang dieser neuen Ausstellung, die sich detailliert und auch ein wenig ratlos mit der Frage beschäftigt: "Typisch Franken?" Bis November 2022 findet sie in der Orangerie im Hofgarten in Ansbach statt.

1. Fränkische Kulinarik

Nirgends auf der Welt hat man sich mit solcher Liebe toter Schweine angenommen: eine riesige Vielfalt von Wurstsorten mit Namen wie Stadtwurst, roter und weißer Presssack, geräucherte Griefenwürschtla künden davon. Für die berühmten Bratwürste wird das Brät in den Darm von Schweinen eingefüllt, mit der typischen Fettnaht und langsam, ohne Druck. Bradwörschd gibt es in vielen Größen und Dicken, unterschiedlich gewürzt, häufig mit Majoran versehen.

Auch ein Gedicht: Das Schäufala, mit Kloß und Soß versehen, ist aus der Schulter des Schweines entfernt, mit Knochen unten und einer besonders großen Kruste oben.

Nirgends gibt es so viele (kleine) Brauereien mit eigenen Biersorten wie in Franken. Auf kargen Bergen wachsen Silvaner-, Müller-Thurgau-, Bacchus, Riesling- oder Kernerreben von besonderer Klasse. Die Weißweine werden von Kennern weltweit geschätzt.

Fränkisches Brot darf nicht vergessen werden, Sauerteige, Vollkorn- Krustenbrote oder salziges Gebäck wie Dörrplätz. In der Ausstellung werden vor allem Bratwurst und Bier thematisiert.

2. Franken auf fränkisch

Sprachlich gesehen sind die Franken führend im deutschsprachigen Raum, schon durch das große dichterische Vorbild Jean Pauls (geboren 1763 in Wunsiedel, nahe Bayreuth), dem wir Wortneuschöpfungen wie Gänsefüßchen, Schmutzfink, Angsthase, Luftschiffer, Schlafrock, Wetterfrosch oder Weltschmerz verdanken.

Dicht gefolgt vom legendären Mittelfeldantreiber Lothar Matthäus, dessen Ausflüge ins Englische ("again what learnt") stilbildend sind. "Loddar" ist auch ein Vorbild für das "weiche d" und das "rollende r", eine frankentypische Dialektakrobatik, die er vornehmlich im Bezahlsender Sky im Rahmen von Champions League-Berichterstattungen vorführt.

3. Der Franken-Tatort

Vier von acht sogenannten Franken-Tatorten wurden von Max Färberböck inszeniert (meist stammt auch das Drehbuch von ihm), der aus Oberbayern stammt und in Hamburg lebt. Das Fränkische ist ihm völlig fremd geblieben.

Überhaupt spielen die Tatorte zwar in Bamberg, Fürth und Nürnberg, haben aber nichts Landestypisches an sich, die Versuche Dialekt zu sprechen, scheitern selbst in kleineren Rollen kläglich.

Einzig die Figur des Leiters der Spurensicherung, Michael Schatz, ist in dieser Hinsicht gelungen. Gespielt wird sie vom Kabarettisten Matthias Egersdörfer, wohnhaft in Fürth, der so gezeichnet wird: "Seine Begabung, die unmenschlichsten Dinge in sehr, sehr einfache Worte zu kleiden, lässt so manchen verstummen. Dennoch täuscht seine stoische Art, das Leben und seine Katastrophen zu kommentieren, keinen Eingeweihten mehr darüber hinweg, wie treffsicher dieser Mann Zusammenhänge analysieren kann."

Die Klage, dass Egersdörfer in der Ausstellung fehlt, pariert der Ausstellungsmacher und Wahlallgäuer Riepertinger schlagfertig: "Stimmt nicht, er hat die Texte für den fränkischen Audioguide gesprochen."

4. Fußball: Der Glubb

Oh je. Der 1. FC Nürnberg, genannt der Club (mit "C"), gegründet am 4. Mai 1900, ist wie alle Traditions-Fußballvereine kein Klub, sondern eine Glaubenssache. "Mit neun Meisterschaftserfolgen sowie vier Titeln im DFB-Pokal zählt das Gründungsmitglied der Bundesliga zu den erfolgreichsten Vereinen des Landes", steht auf Wikipedia. "1968 gewann der Verein letztmals die deutsche Meisterschaft und stieg ein Jahr später erstmals ab." Seitdem machen die Rot-Schwarzen als berühmte Fahrstuhlmannschaft von sich reden – auf und nieder, immer wieder.

In der Ausstellung wird im Kontext erfolgreicher fränkischer Unternehmen ein Paar Adidas Schraubstollenschuhe von Nürnbergs WM-Star Max Morlock gezeigt. Er erzielte seine 286 Liga-Tore mit Schuhen des Herzogenauracher Weltunternehmens.

5. Fränkische Geschichte

Franken ist eine bis heute nicht genau abgegrenzte Region im Norden des Freistaates Bayern, Teilen Baden-Württembergs und Südthüringens sowie Hessens. Das Frankenland gilt seit jeher als "kulturell extrem vielfältig", zersplittert, uneins – "aus der territorialen Auffächerung erwachsen kulturelle Vielfalt und lokale Identität", resümiert der Dr. Ausstellungsmacher Rainhard Riepertinger im Gespräch mit t-online.

Ohne hier näher darauf eingehen zu können: Typisch sind eigenständige Gebiete, wie die freie Reichsstadt Nürnberg, Fürth unter der Dreiherrenwirtschaft, das preußische Fürstentum Ansbach. Seit 1806 gehören Ober-, Unter- und Mittelfranken zu Bayern. Im Nationalsozialismus erwies sich Franken, besonders der protestantische Teil, als sehr aufgeschlossen gegenüber der NS-Ideologie. Davon zeugen vor allem in Nürnberg einige NS-Bauten.

6. Franken und die Preußen

Für die preußischen Nachfahren der ehemaligen Herren über die Markgrafentümer Ansbach und Bayreuth haben die Ausstellungsmacher ein Schaustück gefunden, das allein die Städtereise aus Berlin ins beschauliche Ansbach lohnt: Im 19. Jahrhundert war Bad Kissingen ein Kurort von Weltgeltung. Der Ministerpräsident und spätere erste deutsche Reichskanzler Otto von Bismarck, ein Preuße von fast fränkischer Genussliebe und Korpulenz, ließ sich hier regelmäßig wieder in Schuss bringen.

Die Ergebnisse wurden beim täglichen Wiegen dokumentiert – diese prachtvolle "Bismarck-Waage" ist in der Ausstellung zu sehen: "Morgens Steak, abends Eis, dazu reichlich Champagner – der stressgeplagte Otto von Bismarck litt an Übergewicht, Gastritis und Gicht. 15 Mal fuhr er deswegen zur Erholung nach Kissingen in Unterfranken. Und dort ließ er sich jedes Mal wiegen. Wer das öffentliche Wiegen des Reichskanzlers auf der Waage an der Salinenpromenade verpasste, konnte die Ergebnisse in der Zeitung lesen."

7. Die Ausstellung in Ansbach

Nicht Bayerns fränkischem König Markus I. (Söder), sondern dem Vorgänger, dem Ingolstädter Oberbayern Horst Seehofer verdanken die Franken die Landesausstellung "Typisch Franken?".

Für die Konzeption der sogenannten "Bayerischen Landesausstellungen", die vom bayerischen Wissenschaftsministerium mit 1,5 Millionen Euro ausgestattet sind, ist Rainhard Riepertinger zuständig, ein gebürtiger Münchner – und in der Szene wohlbekannt.

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Riepertinger hat sich mit dem Blick des Unterhaltungsprofis ("Ein Museum muss Spaß machen. Wir sind Dienstleister, kein Elfenbeinturm der Wissenschaft") auf die Spurensuche begeben und viel Sehens- und Wissenswertes ausgegraben: Eine Lostrommel aus dem 18. Jahrhundert, wo es nicht etwa Geldpreise, sondern Waren der Porzellanmanufaktur Bruckberg zu gewinnen gab – eine verkaufsfördernde Werbemaßnahme.

Aus Bad Windsheim stammen sprichwörtliche, echte Kerbhölzer, deren historischer Zweck so beschrieben ist: "Schuldner und Gläubiger erhielten je ein Stück eines eingeritzten Holzes, dessen Riffelung einzigartig war – nur jeweils zwei Teile passten genau aufeinander. Waren die Schulden beglichen, wurden die Holzstückchen "abgekerbt".

Weiter spannend: Die Liebeswirren Ansbacher Markgrafen, ihrer Ehefrauen und ihrer Geliebten mit Bildern. Eine seltene Druckplatte des berühmten (und als Unternehmer extrem erfolgreichen) Albrecht Dürer. Vieles Sehens- und Wissenswertes aus fränkischen Landen und Zeiten.

Die Frage, was ist typisch Franken, bleibt am Ende den Besucherinnen und Besuchern überlassen: Sie dürfen darüber abstimmen, die Ergebnisse werden live eingeblendet.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
  • Landesausstellung "Typisch Franken": Webseite
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