Cem Özdemir stinksauer Köln baut Völkermord-Denkmal ab
Gerade war noch Cem Özdemir in Köln am Mahnmal zum Genozid an den Armeniern. Jetzt ist es wieder weg. Abgebaut von der Stadt, weil es angeblich den Verkehr stört. Özdemir ist empört – und fand deutliche Worte.
Seit Jahren ist es ein ständiges Hin und Her. 2018 wurde das Mahnmal zum Gedenken an den Völkermord an den Armeniern erstmals in Köln aufgestellt, an der linksrheinischen Seite der Hohenzollernbrücke, gegenüber des Reiterstandbilds von Kaiser Wilhelm II.
Ein bewusst gewählter Ort, denn Wilhelm II. sei "Verantwortlicher für den Völkermord an den Ovaherero und Nama 1904 und Unterstützer des Genozids an den Armeniern", erklärte die Initiative "Völkermorde erinnern, Kriege verhindern".
Kölner Initiative: Vier Jahre "Gespräche, Anfragen, Bitten, Eingaben, Resolutionen"
Allerdings gab es damals keine Genehmigung. Die Stadt entfernte die Skulptur wieder. Seither wurde das Mahnmal mit dem Titel "Dieser Schmerz betrifft uns alle" jährlich zum Gendenktag des Völkermords installiert, anschließend wieder abgebaut.
Dieses Jahr wollte die Initiative durchsetzen, dass es endgültig bleibt: "Nach der Gedenkveranstaltung am 24. April ist das Mahnmal auf Bitten vieler Unterstützer*innen stehen geblieben", teilte die Initiative mit. Nachdem die Verantwortlichen der Stadt sich nach "vier Jahre währenden Gesprächen, Anfragen, Bitten, Eingaben, Resolutionen" nicht bewegt hätten, habe man sich dagegen entschieden, es wieder zu entfernen.
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Cem Özdemir war gerade erst am Denkmal
Die Sache ging vor Gericht. Diese Woche entschied das Kölner Verwaltungsgericht über den Fall – und folgte dem Antrag der Stadt. Diese hatte argumentiert, das Mahnmal könne den Verkehr stören und sei außerdem "angesichts der Vielzahl türkischer Mitbürger" brisant.
Die Initiative kündigte an, Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzulegen. Trotzdem ließ die Stadt das Denkmal am Freitag nun entfernen. Einen Tag zuvor war noch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir am Gedenkort gewesen, um Blumen niederzulegen und seine Unterstützung zu bezeugen.
"Das Zurückweichen der liberalen Demokratien muss ein Ende haben"
Berîvan Aymaz, Sprecherin für Integrationspolitik der Grünen-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, war gemeinsam mit ihm dort. Nach dem Abbau twitterte sie: "Die Bilder vom Abtransport des Genozid-Mahnmals sind verstörend, für die Angehörigen der armenischen Community sicherlich zudem ganz besonders verletzend. Ich verstehe absolut nicht, warum die Stadt Köln seit nun vier Jahren keine Lösung mit den Initiatoren finden konnte."
Am Samstag meldete sich auch Özdemir selbst zu Wort. Der Bundesminister zeigte sich sichtlich angefressen. "Das Zurückweichen der liberalen Demokratien, aus Angst vor den großen und kleinen Diktatoren und ihren hiesigen VertreterInnen, muss endlich ein Ende haben", schrieb er.
Der Genozid an den Armeniern
Rund 1,5 Millionen Armenier wurden 1915 und 1916 nach Forschungen von Historikern im Osmanischen Reich systematisch getötet. Der deutsche Bundestag erkannte 2016 den Völkermord an. Die Türkei hingegen lehnt den Begriff Genozid, also die gezielte Auslöschung des armenischen Volkes mit systemischen Tötungsmethoden, ab. Zugegeben werden Massaker an 300.000 bis 500.000 Menschen.
Menschen seien unter anderem ertränkt und in Höhlen geführt worden, in denen feuchtes Heu angezündet wurde, erklärt der Historiker Suren Manukjan. "Die Menschen erstickten an dem Qualm, starben qualvoll wie in einer Gaskammer."
- Tweets nach dem Abbau des Mahnmals
- "Kölner Stadt-Anzeiger": "Kölner Mahnmal muss weichen – Gericht lehnt Antrag ab"
- Initiative "Völkermord erinnern": "Prominente Unterstützung für das Mahnmal zum Genozid an den Armeniern"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa