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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mit Currywurst an die Spitze 24-jähriger Kölner Koch krempelt Nobel-Lokal um
Max Krogull übernimmt den Kochlöffel im "Lokschuppen" am Rheinufer.
Es war ein kleines Gastro-Beben, das der Weggang von Julia Komp auslöste. Knall auf Fall hatte die Star-Köchin ihren "Lokschuppen" am Mülheimer Rheinufer verlassen. Grund waren Auseinandersetzungen über die Neuausrichtung des Edel-Lokals nach der Pandemie. Wie es mit dem "Lokschuppen" weiter geht, wollten wir wissen und sind in den Mülheimer Norden gefahren.
Gut gelaunt treffen wir Fritz Hamacher Senior in seinem "Lokschuppen". Der umtriebige Unternehmer ist Geschäftsführer der "Lindgens Gastronomie" und Betreiber der bekannten Location. "Wir werden am Dienstag wieder öffnen", kündigt er an und deutet auf einen jungen Mann im schwarzen Koch-Outfit. Mit gerade einmal 24 Jahren übernimmt Max Krogull nicht nur die Herrschaft über den "Lokschuppen", sondern auch über das benachbarte Bistro.
Max Krogull war unter Julia Komp Sous-Chef. Mit ihm hat Hamacher einen Jungen aus dem Viertel an die Spitze des Teams gesetzt. "Ich weiß wie die Leute hier ticken, was sie mögen und was sie sich leisten können", sagt er. Dass er Sterneküche kann, hat er bewiesen. Dass man auch Pommes, Falafel und Schnitzel Wiener Art auf Top-Niveau zum bezahlbaren Preis anbieten kann, will er noch beweisen.
Kochen – dafür lebt Max Krogull. Dafür hat er das benachbarte Hölderlin-Gymnasium nach der Mittleren Reife verlassen. Im österreichisch geprägten Nobelrestaurant "Gruber's" in Köln machte er seine Ausbildung zum Koch. Seinen Ehrgeiz entwickelt er auf Wettbewerben. Dort wurde 3-Sterne-Kochlegende Dieter Müller auf das junge Talent aufmerksam, lud ihn ein, auf der MS-Europa Teil seines Gourmet-Kochteams zu werden. Nach dem Ausflug aufs Meer zieht er weiter, nach Kerpen. Auf Schloss Loersfeld lernt er Julia Komp kennen. Damals hatte sie sich mit 27 Jahren gerade den ersten Stern erkocht – als jüngste Köchin Deutschlands.
"Lokschuppen" in Köln: Nach der Prüfung jüngster Meisterkoch des Landes
Der Ehrgeiz treibt Max Krogull weiter. Im Yumiko, dem Sternerestaurant des Bonner Spitzenhotels "Kameha Grand", lässt er sich in die Geheimnisse asiatischer Küche einweihen. Zum Abschluss seiner Lehr- und Wanderjahre folgt die Meisterprüfung in Hannover. "Bei der IHK hat man mir gesagt, dass ich der jüngste Meisterkoch Deutschlands bin. Schriftlich habe ich das allerdings nicht."
Braucht er wohl auch nicht. Mit der Anstellung als Sous-Chef ist der Mülheimer Junge in seine Heimat zurückgekehrt. Und zu Julia Komp. "Ich habe gerne mit ihr gekocht, freue mich jetzt aber auch auf die neue Aufgabe. Es ist die Chance, mich zu verwirklichen", sagt er.
Hummer, Kalbsfilet und Kaviar wird es im neuen Lokschuppen nicht geben. "Trotzdem werden wir auf sehr hohem Niveau kochen", verspricht Krogull und kündigt eine "Müllemer Mische" (Mülheimer Mischung) an. "Essen, das nicht nur lecker ist, sondern auch bezahlbar. Und die Leute satt macht." Darunter handgemachte Pommes mit verschiedenen Dips, Currywurst, Schnitzel Wiener Art und Gulasch. Den liebt Krogull. Als teuerstes Gericht wird ein Hüftsteak mit Pommes und Salat für etwa 25 Euro auf der Karte stehen. Dazu darf Kölsch nicht fehlen. "Alle Produkte werden von regionalen Erzeugern stammen, falls möglich in Bio-Qualität, das Fleisch von artgerecht aufgewachsenen Tieren."
Kölner Lokschuppen bietet jetzt allen etwas
Während das Essen im Lokschuppen serviert wird, setzt das Team im benachbarten Bistro (bisher "Anker 7") auf Self-Service. "Wir möchten, dass sich die Ausflügler, die auf dem Rheinboulevard unterwegs sind, mit einem leckeren Essen oder Getränk schnell versorgen können“, sagt Hamacher. Auch wenn der Lokschuppen von einer Gesellschaft einmal komplett angemietet sein sollte, wird das Bistro ebenso wie die Toiletten für alle offen bleiben.
Voller Freude über die schnelle Wiedereröffnung ist auch Bezirksbürgermeister Norbert Fuchs (SPD) "Durch das hochpreisige Konzept war der "Lokschuppen" für viele Mülheimer nicht bezahlbar. Dass er nun für alle Bürger etwas bereithält, ist wunderbar."
Der "Lokschuppen" war Teil der 1851 gegründeten Firma Lindgens & Söhne, die sich innerhalb weniger Jahre zum Weltmarktführer von Bleiweiß und chemischen Farben entwickelte. Außerdem wurde hier unter anderem Dachplatten für den Kölner Dom hergestellt. Nach dem Ende der industriellen Ära ist der Lokschuppen eine der gefragtesten Eventlocations Kölns. Gerade ist der er vom Callway Verlag, dem Bund Deutscher Innenarchitekten und dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) als eines der schönsten Restaurants Deutschlands ausgezeichnet worden. "Was zählt, sind eine wegweisende Gestaltung, aufeinander abgestimmte Designelemente, außergewöhnliche Ideen, überraschende Akzente, wertige Stoffe sowie Präzision und Liebe zum Detail", schreibt der Dehoga.
Bereits am Dienstag wird der "Lokschuppen" ab 15 Uhr mit einem Soft-Opening starten. An den Wochentagen ist die warme Küche von 15 bis 21 Uhr geöffnet, an den Wochenenden von 12 bis 21 Uhr. Damit es auch mit dem Service perfekt klappt, sucht das Team noch eine Serviceleitung. Wer gerne eine Ausbildung zum Koch machen möchte, kann sich gerne bei Meister Krogull melden.
Der Kölner "Lokschuppen" – er könnte für Max Krogull zum Sprungbrett in den Gourmet-Himmel werden.
- Gespräche mit Max Krogull und Fritz Hamacher