Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hilferuf aus Schaafenstraße Autofahrer sollen Kölner LGBTQ-Szene terrorisieren
Auf einer Kölner Party-Meile war es zu einem mutmaßlich homophoben Angriff gekommen. Ein Gastronom wendet sich nun an die Stadt – es soll zu immer mehr Übergriffen kommen.
Die Schaafenstraße ist die Kölner Party-Meile der LGBTQ-Community. An den Wochenenden kommen hier Hunderte zusammen, um gemeinsam zu feiern. In der Nacht vom 11. Juli aber schlug die Feierstimmung in Bestürzung um: Ein 34-jähriger Mann war gegen 2.45 Uhr von einem Autofahrer gerammt worden und stürzte zu Boden. Wie schwer der Geschädigte bei der Attacke verletzt wurde, ist derzeit noch unklar.
Zuvor berichtete der "Express", dass der Fahrer des Wagens mit Rüdesheimer Kennzeichen das spätere Opfer und andere Männer homophob beleidigt hätte. Anschließend sei er zunächst "mit hohem Tempo" auf eine Gruppe Feiernder zugefahren, bevor er den Rückwärtsgang einlegte und den Geschädigten mit dem Heck im Rücken rammte.
Die Kölner Polizei wollte sich auf Nachfrage von t-online nicht zur möglicherweise homophoben Motivlage äußern. Wie eine Sprecherin mitteilte, sei es im Vorfeld der Tat aber tatsächlich zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen.
"Die Ermittlungen dauern derzeit noch an"
Nach aktuellem Erkenntnisstand hätten sich die beiden Insassen des Wagens, die zwischen 20 und 30 Jahren alt sein sollen, zunächst ein Wortgefecht mit dem 34-jährigen Opfer geliefert. Laut Zeugenaussagen habe der Fahrer des Autos den Kontrahenten dann mit voller Absicht angefahren. Anschließend setzte der Mann am Steuer die Fahrt weiter und entfernte sich vom Tatort.
Gegen den derzeit noch unbekannten Führer des Fahrzeugs werde nun in einem Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Gefährdung des Straßenverkehrs durch grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Fahren ermittelt. "Die Ermittlungen zu dem Autofahrer, sowie den Hintergründen des Sachverhalts dauern an", so die Sprecherin der Kölner Polizei.
Gastronom wendet sich mit Hilferuf an die Stadt
Nach dem Angriff auf den 34-Jährigen setzte einer der anliegenden Gastronomen einen Hilferuf auf, den er an Vertreter aus Verwaltung und Politik schickte. In dem Schreiben schildert der Wirt, dass sich die Schaafenstraße "immer mehr zu einer No-go-Area" entwickle. So seien homophobe Beleidigungen nicht nur am Wochenende an der Tagesordnung – auch körperliche Übergriffe seien keine Ausnahme mehr. "Man wird auf der Straße mit Worten wie 'Drecks-Schwuchtelpack' angegriffen, mit Flaschen beworfen und mit Drohungen wie 'Ich steche dich dreckiges Homopack ab, ihr habt kein Recht zu leben' attackiert. Teilweise werden Regenbogenfahnen verbrannt."
Ausgangspunkt dieser Attacken seien immer wieder Autofahrer, welche die Feiernden auf der Schaafenstraße terrorisieren. "Die Proll-Autos von den Ringen knallen seit Wochen nachts mit 60 bis 70 km/h auf die Menschen in der Straße zu. Beschleunigen. Beleidigen die Leute", heißt es in dem Schreiben an die Stadt Köln weiter.
"Es herrscht dringender Handlungsbedarf"
Der Gastronom spricht von einem dringenden Handlungsbedarf und fordert, dass die Schaafenstraße an den Wochenenden für den Autoverkehr gesperrt werde. "Alles andere ist vollkommen verantwortungslos und wird früher oder später zu Toten oder Schwerverletzten führen."
Andreas Hupke, der zuständige Bezirksbürgermeister, hat bereits reagiert. Er und seine drei Stellvertreter unterzeichneten diese Woche eine Dringlichkeitsentscheidung. In dieser hat die Bezirksvertretung Innenstadt-Deutz mit der Bitte an die Stadtverwaltung beschlossen, dass die Schaafenstraße zwischen Habsburgerring/Hohenstaufenring und Am Rinkenpfuhl freitags und samstags von 19 bis 6 Uhr gesperrt werden soll.
Bezirksbürgermeister Hupke: "Schutzraum muss erhalten bleiben"
Andreas Hupke lebt seit 45 Jahren in der Innenstadt und fährt selbst oft durch die Schaafenstraße: "Ich bin mit meinem Veedel natürlich sehr verbunden und will, dass hier alle in Sicherheit leben können", erklärt er. Ihn habe jedoch nicht nur die Aggressivität des Fahrers erschüttert, sondern auch, dass die Stadtverwaltung die Politik nicht eher über die Problematik informiert habe.
Laut dem Bezirksbürgermeister müsse der Schutzraum der Schaafenstraße in jedem Fall aufrecht erhalten werden: "Menschen, die einen Hass auf andere haben, muss man direkt aufzeigen, dass es so nicht geht", erklärt Hupke. Ihn erinnere die Tat an die Amokfahrten von Münster 2018 und Nizza 2016: "Dem muss unverzüglich und rigoros Einhalt geboten werden, damit die Menschen sich dort wieder in Frieden und Sicherheit treffen können."
Wirte dürfen Schaafenstraße bei Überfüllung sperren
Seit Freitag ist es den Gastronomen der Schaafenstraße nun gestattet, die Partymeile bei Überfüllung abzusperren. Das hatte Stadtdirektorin Andrea Blome gegenüber der Kölnischen Rundschau mitgeteilt. Diese zitiert Blome mit den Worten: "Aus verkehrlichen Gründen habe ich veranlasst, dass der Bauhof den Wirten und Wirtinnen – wie bereits im letzten Jahr – Absperrmaterial zur Verfügung stellt. Dies kann dann – lageangepasst und in Absprache mit dem Ordnungsamt – von den Wirten und Wirtinnen selbständig ausgebracht werden."
- Gespräch mit Bezirksbürgermeister Andreas Hupke
- Anfrage bei der Polizei Köln
- "Express": "Anschlag auf Homosexuellen in Köln"
- "Rundschau Online": "Kölner Wirte dürfen die Schaafenstraße sperren"