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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Das Nicht-Derby Köln gegen Bayer – Rivalität auf allen Ebenen
Der 1. FC Köln muss am Sonntag zum zweitbesten Rückrunden-Team der Bundesliga. Die Rivalität gegen Bayer Leverkusen spielt sich längst nicht mehr nur bei den Profis ab. Über ein Derby, das keines sein will.
Thomas Kessler, der Sportliche Leiter des 1. FC Köln, spricht vom "Nachbarschaftsduell". Für den langjährigen Kölner Torhüter ist das einzig wahre Rheinische Derby das Aufeinandertreffen des FC mit Borussia Mönchengladbach. Bayer Leverkusen? Eher ein Klub, der mehr zufällig in der Nähe gelegen ist.
Alleine schon diese Aussage zeigt: Beim Spiel der Werkself gegen die Geißböcke am Sonntag unter dem Bayer-Kreuz handelt es sich um nichts anderes als ein Derby. Denn solche kleinen Sticheleien teilt man immer dann aus, wenn man ein Gegenüber reizen möchte. Und das macht man bekanntlich mit niemandem, der einem egal ist.
1. FC Köln: Historische Begegnungen des Nicht-Derbys
Unvergessen, wie der 1. FC Köln den Leverkusenern 1997 alle Hoffnungen auf die Deutsche Meisterschaft mit einem 4:0-Heimsieg am 33. Spieltag zunichte machte. Ebenso unvergessen, wie der FC nur ein Jahr später am 34. Spieltag nach einem 2:2 gegen Bayer erstmals in der Vereinsgeschichte absteigen musste.
2011 machte der FC am 32. Spieltag mit einem 2:0-Heimsieg gegen Leverkusen den entscheidenden Schritt zum Klassenerhalt und machte erneut alle Bayer-Hoffnungen auf die Meisterschaft zunichte.
15 Kilometer Luftlinie – erhitzte Gemüter
Alleine diese drei Beispiele zeigen, welch Brisanz jedes halbe Jahr wieder zwischen Köln und Leverkusen hochkocht, wenn die beiden Klubs aufeinander treffen. Das Nicht-Derby, das andererseits die kürzeste Luftlinie zwischen zwei Stadien in der Bundesliga mit sich bringt.
15 Kilometer liegen zwischen dem RheinEnergie-Stadion und der BayArena. In Müngersdorf trennten sich beide Teams am neunen Spieltag 2:2. Wie es wohl am Sonntag ausgehen wird?
Millionen-Deals: Die große Rivalität im Nachwuchs
Die Rivalität findet sich freilich auch im Nachwuchs. Nicht erst seit dem viel beachteten Wechsel von Florian Wirtz aus der FC-Talentschmiede zu Bayer. Im sehr viel Kleineren revanchierte sich der FC erst im Januar mit der Verpflichtung von Arda Süne, dem aktuellen Kapitän der Leverkusener U17.
Und überhaupt geht es in der U17 gerade auch darum, ob Bayer Leverkusen die Klasse in der B-Junioren-Bundesliga wird halten können oder nicht. Der FC empfängt mit seiner U17 die Bayer-Elf am drittletzten Spieltag. Ob die Geißböcke den Erzrivalen womöglich in den Abstieg schicken werden?
Bayer Leverkusen kämpft mit Geldnot
Derweil gibt Bayer Leverkusen für die U19 und die künftigen Profis immer mehr Geld aus, nachdem man im Nachwuchs in den letzten Jahren außer Kai Havertz kein einziges Eigengewächs zu den Profis gebracht hatte. Vom FC Barcelona warb man den 16-jährigen Iker Bravo ab, für den ebenfalls erst 16-jährigen Zidan Sertdemir legte man 2,5 Mio. Euro auf den Tisch.
Das Ergebnis: Die U19 steht in der A-Junioren-Bundesliga nun auf Rang zwei. Beim FC muss man anerkennen: Wer das Geld hat, verpflichtet die größeren Talente. Zwangsläufig muss man in Köln darauf bauen, diese Talente weiter selbst zu entwickeln und zu hoffen, dass sie – im Gegensatz zu Wirtz – auch bleiben.
Kampf um Trainingsplätze auf Kölner Grund
Und auch politisch wird gekämpft. Die Geißböcke wollen seit Jahren das Geißbockheim ausbauen. Die Kölner Politik hat dies verhindert mit Verweis auf ökologische Risiken in einem Landschaftsschutzgebiet.
Anders lief es bei Bayer. Diese wollten drei weitere Kunstrasenplätze am Trainingszentrum Kurtekotten bauen. Dieses liegt brisanterweise auf Kölner Grund – in Köln-Flittard. Bayer bekam die Baugenehmigung. Der FC konnte nur höhnisch gratulieren.
- Eigene Beobachtungen und Recherchen des GEISSBLOG