Berlin LNG-Pläne: Umwelthilfe rügt "Wildwuchs und Überkapazitäten"
Umweltverbände laufen Sturm gegen die absehbar steigende Nutzung von Flüssigerdgas (LNG) in Deutschland. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sprach am Freitag in Berlin von "Wildwuchs" und der "Planung von Überkapazitäten" bei LNG-Importterminals und forderte Wirtschaftsminister Robert Habeck auf, "den angeblichen Bedarf für die Terminals endlich mit konkreten Zahlen zu belegen". Die DUH verweist dabei auch auf die Einschätzung des Forschungsinstituts DIW, dass feste LNG-Terminals in Deutschland "wegen der langen Bauzeiten und dem mittelfristig stark rückläufigen Erdgasbedarf nicht sinnvoll" seien. Mehrere Umweltverbände demonstrierten derweil in Hamburg gegen die deutschen LNG-Planungen. Sie kritisierten, die Klimaschädlichkeit von LNG und die Gefahr der Importe von Fracking-Erdgas würden ausgeblendet.
Der Bund will mit Milliardenmitteln den Kauf von LNG finanzieren, um die große Abhängigkeit der deutschen Energieversorgung von russischem Erdgas zügig zu verringern. Zugleich sollen in Wilhelmshaven und Brunsbüttel Importterminals für LNG entstehen. Um die seit Jahren stockenden Planungen in Brunsbüttel voranzutreiben, beteiligt sich der Bund über seine Förderbank KfW dort zu 50 Prozent an der Betreibergesellschaft. Ausdrücklich ist geplant, LNG-Terminals später auf den Import von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff umzustellen.
Weil feste LNG-Terminals voraussichtlich erst in einigen Jahren in Betrieb gehen sollen, will der Bund zudem kurzfristig drei schwimmende Importterminals in Deutschland installieren. Die Suche nach einem Standort läuft derzeit. Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben bereits den Finger gehoben. Nach DUH-Angaben werden "inzwischen mindestens sieben Projekte an vier Standorten geplant", genannt werden drei Anlagen in Wilhelmshaven, jeweils ein Terminal in Stade, Brunsbüttel und Rostock sowie die Absicht Hamburgs, im Hafen ein schwimmendes LNG-Terminal zu installieren.
"Die Pläne für neue LNG-Terminals schießen an der Küste wie Pilze aus dem Boden", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. "Bundesländer, Unternehmen und Standorte wetteifern dabei um die versprochenen Millionen der Bundesregierung. Dabei hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bis heute keine Zahlen auf den Tisch gelegt, ob es tatsächlich einen energiewirtschaftlichen Bedarf für die Terminals gibt." DUH-Energieexperte Constantin Zerger fügte hinzu: "Wir laufen Gefahr, nur den Dealer zu tauschen: Anstatt konsequent auf Energieeinsparung und Erneuerbare zu setzen, schlittern wir in die nächste fossile Abhängigkeit."
Die DUH hält die geplanten LNG-Terminals in Stade, Brunsbüttel sowie in Wilhelmshaven an den vorgeschlagenen Standorten nicht für genehmigungsfähig und argumentiert mit Naturschutz und störfallrechtlichen Gründen. "Alle drei geplanten Vorhaben sollen in unmittelbarer Nähe zu energieintensiven petrochemischen Industrieparks entstehen."