Magdeburg Grüne: Spagat zwischen ländlichem Raum und Ukraine-Krieg
Sachsen-Anhalts Grüne wollen den ländlichen Raum stärker in den Fokus nehmen. Bei einem digitalen kleinen Parteitag am Samstag verabschiedeten sie unter anderem Anträge zur Verbesserung des ÖPNV und der Gesundheitsversorgung. Bestimmendes Thema aber war der Krieg in der Ukraine und die Auswirkungen auf Deutschland und Sachsen-Anhalt. Die Delegierten stimmten für einen Dringlichkeitsantrag, bekundeten so ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und verurteilten den russischen Angriffskrieg.
Die Aufgabe sei es nun, ein sicherer Ort für alle Ukrainerinnen und Ukrainer und auch Russinnen und Russen zu sein, die der Gewalt gegen Mensch und Staat entkommen wollten, sagte Grünen-Landesvorsitzender Dennis Helmich. Die große Solidarität der Menschen müsse professionell mit den staatlichen Stellen unterfüttert werden. Es gehe um eine schnellstmögliche dezentrale Unterbringung, Sprachkurse und Arbeitsgelegenheiten für die Angekommenen. Die Kinder und Jugendlichen müssten unterstützt werden bei einer Normalisierung ihres Alltags.
Die Sanktionen gegen Russland müssten auch in Sachsen-Anhalt konsequent durchgesetzt werden. Mit Blick auf die Energieversorgung sagte der Landesvorsitzende Helmich: "Wir müssen frei werden, frei werden von russischen Energieimporten mit einem Booster für unsere erneuerbaren Energien. Und das ist eine klare Aufforderung auch an diese Landesregierung: Schluss mit Träumereien von Verlängerungen von Kohle- und Atomkraft, für mehr Photovoltaik auf landeseigenen Immobilien beispielsweise, für mehr Windenergie und grünen Wasserstoff". Als Landtagsfraktion würden die Grünen Druck machen. Seit der Landtagswahl im vergangenen Jahr sind die Grünen in der Opposition, es regiert eine Koalition von CDU, SPD und FDP.
Die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Cornelia Lüddemann, betonte, die Sorgen der Menschen in Deutschland angesichts etwa steigender Energiepreise würden ernst genommen. Es gehe um Pendler, Handwerker und Pflegedienste im ländlichen Raum sowie energieintensive Unternehmen. Entlastungen müssten her.
Die Grünen-Landesvorsitzende Madeleine Linke betonte, dass die Partei ihren Fokus verstärkt auf den ländlichen Raum richten wolle. Ein Großteil der Mitglieder sitze in Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau. In vielen Gemeinderäten, Ortschaftsräten und Stadträten in den anderen zehn Kreisverbänden von Salzwedel bis Zeitz gebe es teilweise Einzelkämpfer und kaum grüne Fraktionen. "Es gibt nicht die eine Lösung für den gesamten ländlichen Raum, schon gar nicht in Sachsen-Anhalt." Es gebe aber Lösungsbausteine, um gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen.
Die Grünen wollten mit Veranstaltungen "raus in den ländlichen Raum, nach Weißenfels, nach Bernburg oder auch nach Havelberg". "Wir wollen aber auch unsere Sprache hinterfragen, wir wollen unsere Themen hinterfragen", sagte Linke. Es gehe darum, Mitglieder, Wähler und Partner zu gewinnen.
Die grüne Bundesministerin für Umwelt und Naturschutz, Steffi Lemke, erklärte, angesichts des Krieges, der Fragen von Energieversorgung, Rohstoff- und Ernährungssicherheit dürften andere Krisen nicht aus dem Blick geraten. "Der völlig falsche Ansatz wäre es, jetzt diese Krisen aus dem Blick zu verlieren, die Lösung der Klimakrise, globale Gerechtigkeitskrise, die Frage auch globaler Flüchtlingsströme bis hin zum Naturschutz zurückzustellen." Lemke sagte weiter: "Die Antwort kann nicht lauten, mehr Abhängigkeit von Golfstaaten oder mehr von der Risikotechnologie Atomkraft."