Hannover Keine Tariflösung für Einzelhandel: Neue Warnstreiks möglich
Die knapp 380.000 Beschäftigten des Einzelhandels in Niedersachsen und Bremen haben auch nach der dritten Runde der Tarifgespräche keine Klarheit über Lohnerhöhungen. Arbeitgeber und Gewerkschaft vertagten sich am Donnerstag abermals.
Aus dem Handelsverband war zu hören, man werde nun wahrscheinlich einen Durchbruch in einem anderen Tarifgebiet abwarten - dann wäre ein viertes Treffen am 27. Juli denkbar: "Wir kommen hier einfach nicht weiter." Verdi stellte derweil neue Warnstreiks in Aussicht. Das Angebot sei nun besser, "aber noch weit hinter den Erwartungen und Realitäten der Beschäftigten", erklärte die Verhandlungsleitung.
Die Arbeitgeber legten ein überarbeitetes Konzept vor, das Verdi jedoch erneut ablehnte. Es hätte für die Belegschaften solcher Einzelhändler, die bislang "gut durch die Pandemie" gekommen sind, eine sofortige Tabellenerhöhung zum Juli um 2,0 Prozent sowie weitere Anhebungen um 1,4 Prozent zum Mai 2022 und 2,0 Prozent zum Mai 2023 vorgesehen. Außerdem bot der Verband für Beschäftigte dieser Unternehmen eine Einmalzahlung von 300 Euro zum kommenden Oktober an.
Hierbei wäre es vor allem um Lebensmittelgeschäfte und Drogerien, die trotz Corona offen blieben, sowie um Onlinehändler gegangen. Für andere Betriebe, denen es schlechter geht, wollten die Arbeitgeber die dreistufige Tabellenerhöhung später zum März 2022, November 2022 und November 2023 ermöglichen - und die Einmalzahlung wäre entfallen.
Diese vorgeschlagene Aufgliederung will Verdi nicht mittragen, während der Verband eine "differenzierte Lösung" für nötig hält - es ist der Kernkonflikt in der schleppenden Tarifrunde. Die Gewerkschaft sieht bei weiter anziehender Inflation außerdem die Gefahr sinkender Reallöhne und steigender Risiken für Altersarmut. Stattdessen sei es höchste Zeit, den Beschäftigten durch einen angemessenen Abschluss auch für die Leistungen und Belastungen in der Pandemie zu danken.
Verschiedene Angebote für verschiedene Teilsektoren liefen dagegen auf eine "Spaltung" hinaus, kritisiert Verdi. Die Gegenseite argumentiert mit einer "stark unterschiedlichen Betroffenheit der Branche", daher brauche man unterschiedliche Zeitpunkte für die Lohnzuwächse. Über die gesamte vorgeschlagene Laufzeit gesehen, sei für alle ein Plus von insgesamt 5,4 Prozent angeboten worden.
Verdi verlangt 4,5 Prozent mehr Geld - und dies möglichst rasch - sowie 45 Euro als Zusatz-Fixbetrag und einen Mindest-Stundenlohn von 12,50 Euro. Auch Auszubildende müssten mehr verdienen. Es gab in den vergangenen Wochen bereits etliche Ausstände und Protestkundgebungen von Beschäftigten.