Kommt die Krankheit zurück? Immer mehr Corona-Infektionen in Niedersachsen
Mehr als zwei Jahre lang hatte Corona Deutschland fest im Griff. Zuletzt wurde es ruhig um den Erreger, doch jetzt häufen sich die Ansteckungen wieder.
In Niedersachsen treten derzeit vermehrt Corona-Infektionen auf. Im Labor des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) seien auch die neuen sogenannten Flirt-Varianten KP.1, KP.2 und KP.3 nachgewiesen worden, sagte ein Behördensprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei handele es sich um Variationen der bereits bekannten Omikron-Variante. "Die Ansteckungsfähigkeit ist hoch, das heißt die Varianten sind sehr leicht übertragbar", sagte der Sprecher.
Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz in Niedersachsen stieg in den vergangenen Wochen von nahezu 0 auf 4,8. Die Inzidenz beschreibt, wie viele Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner in den vergangenen sieben Tagen gemeldet wurden. Während der Corona-Pandemie war dieser Wert sehr wichtig, um das Infektionsgeschehen einzuschätzen.
Tatsächliche Inzidenz dürfte deutlich höher sein
Dem Landesgesundheitsamt zufolge dürfte die tatsächliche Inzidenz um ein Vielfaches höher liegen, da nur noch im Einzelfall getestet und gemeldet werde. Derzeit gebe es keinen regionalen Schwerpunkt des Infektionsgeschehens in Niedersachsen.
Auch der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Niedersachsen berichtet, dass mehr Menschen mit Atemwegsinfekten in die Praxen kommen. Diese Erkrankungen seien zum Teil mit Störungen des Geschmackssinns und kurzzeitigem hohem Fieber verbunden, was auf Corona hinweise, sagte der Verbandsvorsitzende Matthias Berndt der dpa.
"Gerade bei chronisch Kranken und Menschen mit Asthma sehen wir zudem wiederholt schwere Hustenanfälle und Einschränkungen der Atmung", sagte der Hausarzt aus Hannover. "Deshalb gilt weiterhin die klare Empfehlung, dass sich Patienten mit Vorerkrankung und ab dem 60. Lebensjahr im Herbst eine Auffrischimpfung gegen Corona geben lassen sollen."
Die Symptome der neuen Corona-Varianten sind laut NLGA-Sprecher die aus der Pandemie bekannten wie Erkältungssymptome, Gliederschmerzen und Husten. Eine abschließende Einschätzung zur Schwere der Erkrankungen nach Ansteckung mit den neuen Varianten gebe es noch nicht. Das Radrennen Tour de France verzeichnet aktuell auch Corona-Fälle, mehrere Profis mussten krankheitsbedingt aufgeben.
Auch andere Infektionen häufen sich
Auch andere Erreger wie Rhino- oder Enteroviren, die Auslöser einer sogenannten Sommergrippe sein könnten, werden aktuell im Labor des Landesgesundheitsamtes nachgewiesen.
NLGA-Präsident Fabian Feil sagte: "Wer Erkältungssymptome hat, sollte Kontakte zu anderen Menschen vermeiden und insbesondere keine Veranstaltungen aufsuchen, bei denen viele Menschen eng zusammenkommen." Wenn sich der Kontakt mit anderen Menschen nicht vermeiden lasse, solle eine Maske getragen werden. Wichtig für alle sei regelmäßiges Händewaschen.
Krankheitstage in Niedersachsen auf hohem Niveau
Nach Angaben der KKH Kaufmännischen Krankenkasse sind Atemwegsinfekte ein Grund für den anhaltend hohen Krankenstand von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Dieser lag im ersten Halbjahr 2024 in Niedersachsen bei 6,7 Prozent der KKH-Versicherten. An jedem Tag in den ersten sechs Monaten des Jahres waren also 6,7 Prozent der Beschäftigten krankgeschrieben.
Im Bundesdurchschnitt waren es 6,5 Prozent, etwa ein Drittel der Krankschreibungen entfiel auf Atemwegsinfektionen. Im ersten Halbjahr 2019 – also vor der Corona-Pandemie – hatte der Krankenstand in Niedersachsen noch bei 4,8 Prozent gelegen.
Nach Angaben einer KKH-Sprecherin gibt es für die gestiegene Zahl der Krankschreibungen aufgrund von Atemwegs-Infektionen mehrere Gründe. Die Sensibilität für die Ansteckungsgefahr von Erkältungskrankheiten sei seit der Corona-Pandemie größer, möglicherweise fehlten deshalb mehr Menschen aus diesem Grund am Arbeitsplatz.
Krankschreibungen nur für wenige Tage würden seit der Einführung der elektronischen Krankschreibung zudem besser erfasst. Zuvor hätten die Versicherungen nicht von allen Fällen erfahren.
- Nachrichtenagentur dpa