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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bahnhofsgeschäfte haben Einbußen Sechs Tage Bahnstreik: "Für uns ist das tödlich"
Der Hauptbahnhof Hannover ist deutlich leerer als an anderen Tagen. Wegen des Streiks sind weniger Reisende unterwegs. Das bereitet den Geschäftsleuten vor Ort Sorge.
Belegte Brötchen, Pommes, Salate – normalerweise werden die Snacks am Hauptbahnhof Hannover im Minutentakt über die Tresen gereicht. Hungrige Reisende drängen sich vor den Auslagen, lange Schlangen bilden sich auch im Zeitschriftenladen oder in der Drogerie. Schließlich ist der Bahnhof einer der wichtigsten Umsteigepunkte im Land.
An diesem Mittwoch ist es allerdings vergleichsweise leer in den Gängen. Da die Lokführer streiken und nur wenige Züge fahren, sind deutlich weniger Menschen unterwegs. Die Bahnhofsgeschäfte machen Verluste.
Geschäfte sind abhängig von Reisenden
"Immer wenn Streik ist, merkt man das hier im Bahnhof sofort", sagt Hartmut Schulz, der bei Wolsdorff Tobacco arbeitet. "Wir sind abhängig von Pendlern und Reisenden, die hier umsteigen." Am heutigen Tag sei nicht mal die Hälfte der üblichen Kundschaft gekommen. "Wir haben hier sonst immer sehr viel zu tun, das ist Arbeit wie am Fließband. Heute ist es entspannter", sagt er.
"In meiner Schicht sind heute etwa 200 Kunden weniger gekommen als üblich", schätzt am Stand einer Bäckerei ein Verkäufer, der gerade in den Feierabend geht. Ob er sich gelangweilt habe? "Normalerweise ist hier Power. Heute war es wie im Altenheim", antwortet er.
GDL-Streik: 75 Prozent geringere Einnahmen
Aber die Langeweile ist nicht das Problem. Es sind die Umsatzeinbußen. "Ich habe heute 75 Prozent weniger Einnahmen als an anderen Tagen", berichtet Atheer Daoud, Regionalleiter bei Mr. Clou. "Keiner ersetzt mir das Geld." Miete, Strom und Personal müssten aber trotzdem bezahlt werden. Auch die Lebensmittel, die am Ende des Tages übrig bleiben und bei der Bahnhofsmission landen.
"Und es ist nicht das erste Mal, dass gestreikt wird. Wir erreichen langsam die Grenze", macht er seinem Ärger Luft. Die zweite Filiale des Ladens, bei dem es Säfte und Salate zu kaufen gibt, hat Daoud an diesem Tag geschlossen. "Das mache ich eigentlich ungern. Aber ich mache sonst nur Verlust", erklärt er. Normalerweise würde man mittags den Boden des Bahnhofs vor lauter Menschen nicht mehr sehen, heute ist das anders. "Wenigstens kommen die Stammkunden, die hier in Hannover wohnen."
"Wirtschaftlich gesehen ist der Streik furchtbar"
Die sind auch beinahe die einzigen Kunden in einem der Imbisse im Hauptbahnhof. Die Angestellte dort habe zwar Verständnis für die Streikenden. "Aber wirtschaftlich gesehen ist der Streik für uns furchtbar", sagt sie. "Für die Betriebe hier am Bahnhof ist es heute einfach ein Einbruch." Schließlich seien die Fixkosten genauso hoch wie an jedem anderen Tag. Die Auslage müsste trotzdem gefüllt, das Personal dennoch vor Ort sein. "Wir können ja nicht einschätzen, wie viele Kunden kommen."
Die Angestellte störe besonders, dass es diesen Monat schon der zweite Streik ist. "Und nun schon wieder so lange. Mit einem Tag könnte man leben, aber sechs Tage? Für uns ist das tödlich", sagt sie. "Wir haben mehr als 60 Prozent Umsatzeinbußen. Es ist komplett leer hier."
Zudem befürchtet sie, dass es nicht der letzte Streik sein wird. "Wenn sich die Bahn und die Gewerkschaft nicht einigen, dann werden die noch mal streiken", meint sie. "Nur an die Auswirkungen auf die Bahnhofsgeschäfte denken die meisten nicht." Ihr Vorschlag: "Der Eigentümer könnte uns ja mal entgegenkommen und die Miete an Streiktagen ermäßigen."
- Gespräche vor Ort