Shakespeare trifft Britney Spears Neues Musical: Was wäre denn, wenn Julia überlebt?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Romeo und Julia ist die wohl bekannteste Liebesgeschichte der Welt. Ein neues Musical erzählt die Story einmal ganz anders – so bunt war Shakespeare wohl noch nie.
Die Geschichte ist seit weit mehr als 500 Jahren bekannt: Romeo und Julia, die Sprösslinge der rivalisierenden Familien Montague und Capulet, verlieben sich auf den ersten Blick – und starten eine heiße Romanze gegen alle Regeln. Heimlich geben sie sich das Jawort, doch ihr Glück steht unter keinem guten Stern. Ein letzter verzweifelter Plan, der alles retten soll, endet im großen Drama und mit dem Tod der zwei jungen Liebenden.
So startet auch das neue Musical "& Julia", das am 30. Oktober in Hamburg seine Deutschland-Premiere feiert. Allerdings ist das auch schon alles, was von der originalen Vorlage William Shakespeares übrig bleibt. Die entscheidende Frage stellt Anne Hathaway (brillant: Willemijn Verkaik), die Gattin des leicht selbstverliebten Autors, während des Stücks höchstselbst: "Was wäre denn, wenn Julia sich nicht umbringt?"
Darum geht es im neuen Hamburger Musical "& Julia"
So entbrennt zwischen Shakespeare (Andreas Bongard) und Anne ein humorvoller, aber durchaus ernst gemeinter Streit darum, wie die Geschichte fortgesetzt werden könnte. Und so geht's dann los: Romeo ist schon tot – oder doch nicht?, als Julia (stark: Chiara Fuhrmann) sich doch gegen ihr Ableben entscheidet.
Für Julia beginnt ein völlig neues Leben. Gemeinsam mit ihrer Amme Angelique (Jacqueline Braun), ihrer non-binären "Bestie" May (Bram Tahamata) und April (Willemijn Verkaik) verlässt sie Verona und reist nach Paris. Doch: Was wäre ein Drama ohne Spannungen? So reitet die Truppe im Laufe der knapp zwei Stunden durch ein emotionales Fiasko nach dem anderen – insgesamt erzählt "& Julia" satte fünf Liebesgeschichten, alle miteinander verwoben.
So wichtig ist die Musik für "& Julia"
Die Musik übernimmt eine wichtige Funktion: "& Julia" ist ein Pop-Musical, das sich sehr stark an den Hits der 90er- und 00er-Jahre orientiert. Jeder der 29 Songs hat eine bestimmte Rolle und taucht genau dort auf, wo es in der Handlung Sinn ergibt. Wenn Julia mit einem Dolch vor der Brust an ihrem Leben verzweifelt, singt sie selbstverständlich Britney Spears' "Baby One More Time" ("My loneliness is killing me"), danach folgt "Show Me The Meaning Of Being Lonely" von den Backstreet Boys.
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Wenn May über ihre Probleme als queere Person spricht, folgt als Solo "I'm Not a Girl, Not Yet a Woman", als es in Mays Liebesgeschichte schwierig wird, ertönt Adam Lamberts "Whataya Want From Me". Tatsächlich gab es die Musik schon weit vor dem Musical: Alle Songs stammen vom Produzenten und Songwriter Max Martin. Was um den Jahrtausendwechsel in den Charts erfolgreich war, stammte fast immer aus den Händen des Schweden.
Hamburg: "& Julia" überzeugt als bunte Musical-Komödie
"& Julia" ist bunt, wild, laut, temporeich, lustig, dramatisch, ironisch, auch mal gesellschaftspolitisch und insgesamt ein Musical mit ganz viel Charme. Es holt den etwas angestaubten literarischen Klassiker frisch aufpoliert in die Gegenwart.
Und es spielt mit den klassischen Erzählperspektiven des Theaters: William Shakespeare und Anne Hathaway sind eben nicht nur die Autoren von "Romeo und Julia", sondern auch Erzähler des Stücks, die nebenher einen privaten Streit als Ehepaar ausfechten – und darüber hinaus selbst immer wieder aktiv in die Handlung um Julia eingreifen.
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"& Julia" ist die Geschichte einer jungen Frau, die die Kontrolle über ihr eigenes Leben erobert. Die macht, was sie will, obwohl das überhaupt nicht den Regeln der Gesellschaft entspricht und für großen Streit mit der Familie sorgt. Es ist die große Feststellung: "Vor allen anderen liebe ich erst einmal mich!" (Julia). Nichts von dem, was in den zwei Stunden passiert, hat noch etwas mit der historischen Vorlage zu tun. Es ist eine moderne Adaption, die Mut machen will, zu sich selbst zu stehen – und die mit so einigen Wendungen punktet, mit denen man als Zuschauer niemals gerechnet hätte.
Immer wieder gibt es von den Rängen lauten Applaus. Es wird gestampft, mitgesungen, manchmal sogar mitgetanzt. Gleich dreimal gibt es Standing Ovations, sogar während der Aufführung. Schon vor dem Ende hält es niemanden mehr auf seinem Sitzplatz. Insbesondere Anne und Julia spielen sich rasend schnell in die Herzen des Publikums. Dieses Musical hat definitiv das Potenzial dazu, ein riesengroßer Hit zu werden.
- Besuch der Medienpremiere von "& Julia" am 29. Oktober 2024