Tat von 1988 Urteil zu Sektenmord an vierjährigem Jungen aufgehoben
Vor knapp 35 Jahren soll eine Mutter auf Anweisung einer Sekten-Chefin ihren eigenen Sohn erstickt haben – dafür war eine der Frauen wegen Mordes verurteilt worden. Das machte der BGH jetzt rückgängig.
Knapp ein Dreivierteljahr nach dem Mordurteil des Landgerichts Hanau gegen eine mutmaßliche Sekten-Chefin hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Entscheidung aufgehoben. Die Frau war zuvor wegen Mordes an einem vierjährigen Jungen verurteilt worden – der Junge war im Jahr 1988 in einem Sack erstickt.
Mit einem am Montag bekannt gewordenen Beschluss sei das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen worden, teilte das Landgericht Hanau am Montag mit. Demnach hätte sich die Strafkammer aus Sicht der Bundesrichter eingehender mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob es sich "um eine Tötungshandlung durch aktives Tun oder eine solche durch Unterlassen handelte".
Darüber hinaus sei bei der Feststellung des angeblichen Tötungsvorsatzes der Angeklagten nicht ausreichend auf deren Vorstellungen vom Tatablauf eingegangen worden, hieß es in der Mitteilung. Stattdessen sei "unzulässig auf vorhergehendes Handeln – Anweisungen an die Mutter des Kindes – abgestellt worden, ohne gleichzeitig die zu diesem Zeitpunkt geltende innere Tatvorstellung zu beschreiben und beweismäßig zu belegen", befanden der BGH laut Mitteilung des Landgerichts. Die Bundesrichter hätten zudem gefordert, die Schuldfähigkeit der Angeklagten müsse erneut überprüft werden.
Tat in Hanau: Mutter soll Jungen in Sack gesteckt und diesen zugeschnürt haben
Die mutmaßliche Sekten-Chefin war im September 2020 wegen Mordes an dem Kind vom Landgericht Hanau zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Sie hatte gegen das Urteil Revision eingelegt. Vor dem Landgericht Hanau läuft seit Mitte September vergangenen Jahres ein Prozess gegen die Mutter des Vierjährigen, die ebenfalls wegen Mordes an dem Kind angeklagt worden war.
Die Staatsanwaltschaft hatte der Deutschen vorgeworfen, den Jungen in einen Sack gesteckt, diesen oben zugeschnürt und in die Obhut der mutmaßlichen Sekten-Anführerin gegeben zu haben. Das Kind soll ohnmächtig geworden und an seinem Erbrochenen erstickt sein.
Vor einigen Wochen hatte das Landgericht Hanau den Haftbefehl gegen die Frau außer Vollzug gesetzt, da nach derzeitigem Stand des Prozesses "kein dringender Tatverdacht mehr" bestehe für einen gemeinschaftlichen Mord. Auch für eine Beihilfe zum Mord gebe es "keine gewichtigen Anhaltspunkte". Der Prozess gegen die Frau wird an diesem Dienstag (24. Mai) fortgesetzt.
- Nachrichtenagentur dpa