Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.365-Euro-Ticket in Frankfurt Wie lange gilt "versprochen ist versprochen"?

Die Römer-Koalition hat den Antrag der Linken auf eine zeitnahe Einführung des 365-Euro-Tickets in Frankfurt am Main abgelehnt. Obwohl das Ticket bereits seit Jahren versprochen wird. Woran hängt es?
Der ein oder andere kann sich noch dunkel an die Zeit vor Corona erinnern: An eine Zeit, wo politischer Wahlkampf noch vor großem Publikum auf einer Bühne stattfand und Kandidatinnen und Kandidaten per Handschlag ihrer potenziellen Wählerschaft Versprechen gaben.
So auch Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne) beim Wahlkampfauftakt 2017: In Merkel-Manier wiederholte die Kandidatin der Grünen gebetsmühlenartig "Das schaffen wir!", auch als es um die Einführung des Jahrestickets für 365 Euro in Frankfurt am Main ging. Was Wien könne, könne man hier auch. Auch der jetzige Oberbürgermeister Feldmann war an Bord.
Frankfurt am Main: Finanzierung des 365-Euro-Tickets schwierig
Rund fünf Jahre später ist von dieser euphorischen Aufbruchstimmung nicht mehr viel übrig: Eskandari-Grünberg ist Bürgermeisterin, das Ticket gibt es nicht. Zu Beginn der Woche lehnte die Römer-Koalition bestehend aus Grünen, SPD, FDP und Volt den Antrag der Linken auf eine zeitnahe Einführung eines 365-Euro-Tickets ab. Der Grund: Zunächst müssten von der Verwaltung die Umsetzung geprüft und die Kosten ermittelt werden.
Bereits Anfang April hatte die Römer-Koalition den Magistrat darum gebeten, die Finanzierung einer Jahreskarte für 365 Euro zu ermitteln. Jetzt könnte man eigentlich boshaft sagen, dass dafür doch eigentlich schon genug Zeit gewesen wäre: Stimmt auch.
Vor allem, weil es bereits Berechnungen gibt: Dem Rhein-Main-Verkehrsbund im Jahr 2021 zufolge würde die Umsetzung in Frankfurt pro Jahr etwa 55 Millionen Euro kosten. Noch im Februar dieses Jahres forderte Frankfurts Verkehrsdezernent Stefan Majer hier die Zusammenarbeit zwischen Bund und Land.
Also haben eigentlich alle Lust auf das Ticket. Nur auf Mindereinnahmen nicht, die mit einem solchen Ticket Hand in Hand gehen, da die Menschen weniger für das Ticket bezahlen würden. Deshalb werden die Preise lieber erhöht. Zum 1. Juli ist eine weitere Erhöhung im RMV-Gebiet angekündigt, diesmal um 3,9 Prozent. Jedoch: Die Preise der Frankfurter Einzel- und Tageskarten für Kinder steigen nicht, die für Erwachsene nur minimal; die Jahreskarten seien von der Erhöhung ausgenommen.
Der Zeitpunkt wäre gut gewählt
Dabei wäre der Zeitpunkt für die Einführung des 365-Euro-Tickets ideal: Vor dem Hintergrund des bundesweiten 9-Euro-Tickets hat die Diskussion enorm an Aufschwung genommen. Es zeigt sich: Es geht, wenn man nur will. Und die globale Klimaerwärmung will nicht nur bekämpft werden, sie muss. Ein attraktives ÖPNV-Angebot ist dafür unerlässlich. Der Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt.
Das zeigt sich auch am 365-Euro-Ticket für Schülerinnen und Schüler sowie für Seniorinnen und Senioren in Hessen und für die Landesbeschäftigten. Laut Aussage von Majer im Februar habe man bereits "50 Prozent des Weges" hinter sich. Das Glas sei schon halb voll.
Bleibt zu hoffen, dass die Stadt nicht weitere vier Jahre braucht, um das Glas komplett aufzufüllen. Denn versprochen ist versprochen und wird auch nicht gebrochen – oder?
- Eigene Recherche