Holocaust-Gedenken in Frankfurt Scholz: "Unsere Verantwortung hört nicht auf" – Gedenken an Auschwitz
80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz gedenkt Frankfurt der Opfer des Holocausts – mit Plädoyers für Verantwortung und eine lebendige Erinnerung.
Die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main hat am Sonntag dem 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gedacht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich dabei für ein aktives Gedenken an die Verbrechen des Dritten Reiches und den Holocaust aus. "Unrecht nicht zu dulden, nie mehr wegzuschauen, Nein zu sagen, das muss uns heute Richtschnur sein, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz", sagte der Bundeskanzler bei der Gedenkveranstaltung.
Die Erinnerung an den von Deutschen begangenen Zivilisationsbruch der Schoah müsse wach gehalten und jeder Generation in Deutschland immer wieder neu vermittelt werden. "Unsere Verantwortung hört nicht auf", betonte Scholz.
Benjamin Graumann, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, sagte: "Da es kaum noch Zeitzeugen gibt, ist es nun unsere Verantwortung, die Erinnerung an die Shoah weiterzutragen."
"Jüdisches Leben, das ist Frankfurt"
Gerade heute würden Antisemitismus, Rechtsextremismus, völkisches Gedankengut und teils unverhohlene Menschenfeindlichkeit vielerorts eine erschreckende und alarmierende Normalisierung erfahren, betonte Scholz. "Vor allem das Internet und soziale Netzwerke werden oft zu Durchlauferhitzern für extremistische Positionen, für Hetze und Hass". Dieser Hass bedrohe besonders oft Jüdinnen und Juden im realen Leben.
In Zeiten von Internethass und Fake-News gehe es um die Vermittlung der historischen Wahrheit. Unabhängig von Herkunft, Familiengeschichte oder Religion, 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz sei es wichtiger als je zuvor, Fakten klar auszusprechen und die richtigen Lehren daraus zu ziehen. "Ich trete jedem Schlussstrich, jedem "Lange her" entgegen", sagte der Bundeskanzler. "Jüdisches Leben, das ist Frankfurt. Jüdisches Leben, das ist Deutschland. Das sind Wir", erklärte Scholz.
"Blick auf Auschwitz darf sich nicht im Kern verändern"
Auch die aktuellen Geschehnisse in Israel griff Scholz auf. "Ich bin froh, dass jetzt drei Geiseln freigekommen sind", sagte er. Es bleibe aber eine bittere Wahrheit, dass ein bitterer Terrorangriff mit dem Ziel der Entmenschlichung Grund für dieses Leid in Israel und dem Gazastreifen war. "Und das dürfen wir niemals vergessen", betonte er. Die ersten drei von 33 israelischen Geiseln im Gazastreifen waren am Sonntagnachmittag im Rahmen einer Waffenruhe-Vereinbarung der israelischen Armee von der Hamas übergeben worden.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden sprach sich ebenfalls für ein lebendiges Gedenken an den Holocaust aus: "Unser Blick auf Auschwitz darf sich in seinem Kern nicht verändern."
Etwa 700 Gemeindemitglieder sowie geladene Gäste aus Politik, Gesellschaft, Kirchen und Wirtschaft nahmen am Gedenktag der Jüdischen Gemeinde der Mainmetropole teil. Darunter Innenministerin Nancy Faeser (SPD), der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), der Publizist Michel Friedman und die Auschwitz-Überlebende Eva Szepesi.
Auschwitz vor 80 Jahren befreit
Am 27. Januar 1945 hatten sowjetische Truppen die Überlebenden des deutschen Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet, überwiegend Juden. Seit 1996 wird der 27. Januar in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. In Israel wird seit 1951 am "Jom haSchoa" der Millionen jüdischen Opfer während des Holocausts gedacht.
- Nachrichtenagentur dpa
- Mitteilung der Stadt Frankfurt am Main