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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kann für Katzen tödlich sein Experte über Vogelgrippe in Frankfurt: Das müssen Tierhalter beachten
Die Vogelgrippe hat Frankfurt erreicht. Ein Experte informiert im Gespräch mit t-online über die wichtigsten Fragen zum Virus und seine Auswirkungen auf Mensch und Tier.
In Frankfurt wurde kürzlich die hochansteckende Variante der Vogelgrippe H5N1 bei einer Kanadagans nachgewiesen. Prof. Dr. Timm Harder, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Geflügelpest des Friedrich-Loeffler-Instituts, informiert über Risiken für Mensch und Tier. Und erklärt, was Besitzer von Haustieren beachten sollten.
t-online: Herr Harder, wie gefährlich ist die Vogelgrippe für Menschen?
Prof. Dr. Timm Harder: Für den Menschen besteht prinzipiell ein Infektionsrisiko durch die Erreger der Geflügelpest, auch bekannt als Vogelgrippe. Hierzu wäre allerdings ein intensiver Kontakt mit infiziertem Geflügel oder die Aufnahme kontaminierter Lebensmittel erforderlich. Dazu zählen ungenügend erhitztes Geflügelfleisch oder aktuell in den USA Rohmilchprodukte. Erhöhte Schutzmaßnahmen beim Umgang mit potenziell infiziertem Geflügel, Wildvögeln und Säugetieren bleiben daher empfohlen.
Insbesondere Katzen sind bei Kontakt mit dem Vogelgrippevirus empfänglich und entwickeln tödlich verlaufende Infektionen.
Prof. Dr. Timm Harder, Friedrich-Loeffler-Institut
Wie wahrscheinlich ist eine Ansteckung von Tier zu Mensch?
Infektionen des Menschen sind als einzelne Spill-over-Infektion (Übersprungs-Infektion auf eine andere Art, Anm. d. Red.) immer mit intensiven Kontakten zu infizierten Tieren oder deren Ausscheidungen und Produkten verknüpft. Derzeit werden Humaninfektionen insbesondere aus den USA gemeldet. Dort kommt HPAIV H5N1 bei Wildvögeln, Geflügel, Milchkühen und wild lebenden Säugetieren vor, die damit auch als Infektionsquelle infrage kommen.
In keinem der Fälle mit Menschen ist es bislang zu einer Weitergabe des Virus an andere Menschen gekommen. Es wurden keine Infektketten oder lokal gehäufte Infektionen, sogenannte Cluster, beobachtet. Damit bleibt es bisher bei einzelnen Spill-over-Infektionen. Passend dazu schätzen die wichtigsten Gesundheitsorganisationen das Risiko für die Allgemeinbevölkerung nach wie vor als gering ein.
Welche Maßnahmen sind notwendig?
Es bleibt entscheidend, die Infektionsquellen für Menschen bei gehaltenen Tieren so schnell und so gut wie möglich unter Kontrolle zu bringen und Menschen, die Kontakt zu infizierten Tieren haben, zum Beispiel Farmarbeiter, so gut wie möglich zu schützen. Zum Beispiel mit adäquater Schutzkleidung, der notwendigen Information und eventuell auch antiviralen Medikamenten.
Wie gefährlich ist das Virus für infizierte Vögel?
Die klassische Vogelgrippe ist eine tödlich verlaufende Erkrankung von Vögeln, unter der besonders Hühner und Puten leiden. Enten und Gänse weisen oftmals eine geringere Empfindlichkeit auf, können aber dennoch schwer und tödlich erkranken.
Müssen Tierhalter Maßnahmen ergreifen, wenn es in der Umgebung Vogelgrippe-Fälle gab? Wie ist es bei Katzen oder Hunden?
Das Geflügel einer betroffenen Haltung wird getötet und beseitigt. Der Halter wird entschädigt. Darüber hinaus kann die zuständige Behörde in massiv betroffenen Regionen Maßnahmen zum Schutz auch von Hunden und Katzen empfehlen, wie zum Beispiel einen Leinenzwang für Hunde oder die Haltung von Katzen im Haus. Insbesondere Katzen sind bei Kontakt mit dem Vogelgrippevirus empfänglich und entwickeln tödlich verlaufende Infektionen.
Können andere Wildtiere, wie etwa Füchse, sich infizieren?
Es mehren sich weltweit Berichte über Infektionen bei Säugetieren. In erster Linie sind hierbei wild lebende Fleisch- und Aasfresser zu nennen, unter anderem also Füchse, Otter, Robben, Bären und Katzen. Die infizierten Säugetiere haben sich vermutlich über die Aufnahme erkrankter oder toter infizierter wilder Wasservögel angesteckt.
Wie hat sich die Verbreitung der Vogelgrippe in Deutschland entwickelt?
Bis zum Jahr 2006 trat die Geflügelpest sehr selten auf. Mit dem ersten Erscheinen in Europa von H5N1-Viren aus Südostasien im Jahr 2006 nahmen Anzahl und Intensität von Ausbrüchen stark zu. Bis zum Jahr 2021 trat die Geflügelpest/Vogelgrippe in Europa überwiegend saisonal in der kalten Jahreszeit auf. Seit Sommer 2021 tritt sie ganzjährig in Deutschland und anderen europäischen Staaten auf. Das Friedrich-Loeffler-Institut erstellt monatlich eine Risikoeinschätzung, die online zur Verfügung steht.
- Schriftliches Interview mit Prof. Dr. Timm Harder, Leiter des Nationalen Referenzlabors für Geflügelpest des Friedrich-Loeffler-Instituts