"Lebensbedrohliche Situation" Lkw-Fahrer an A5 brechen Hungerstreik ab
30 Lkw-Fahrer unterbrechen Hungerstreik bei Südhessen – ein Arzt schätzt die Situation als "lebensbedrohlich" ein.
Der Hungerstreik auf der A5 drohte zu eskalieren. Eine Woche lang demonstrierten 30 Lkw-Fahrer auf zwei Raststätten bei Gräfernhausen bei Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) für Gerechtigkeit – die Männer und Frauen fordern ihre Löhne. Seit Monaten wurden diese nämlich von ihrem Auftraggeber, einem polnischen Spediteur, nicht ausgezahlt. Stattdessen erstattete die Firma sogar Anzeige gegen die Arbeiter.
Die Gespräche mit dem polnischen Unternehmen schienen den Streikenden schon vor Wochen aussichtslos. Um ihre Löhne einzufordern, entschieden sich die Fahrer aus Georgien, Usbekistan, Ukraine und Tadschikistan daraufhin für einen Hungerstreik. Ein Vorhaben, das gesundheitliche Risiken mit sich trägt.
Dehydration und Infekte – Hungerstreik ist "lebensbedrohlich"
Gerhard Trabert, Notfallmediziner und Gründer des Vereines Armut und Gesundheit in Deutschland e.V., untersucht die Menschen, die seit 19. September nichts Festes im Magen hatten. "Ein Hungerstreik ist eine lebensbedrohliche Situation", sagte er am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Wir können auch mit ärztlicher Begleitung das Risiko nicht reduzieren."
Einige Teilnehmer des Hungerstreiks waren aufgrund von Dehydration und Infekten geschwächt und kämpften mit Blutdruckproblemen. Dies stellte eine äußerst gefährliche Situation für sie dar, insbesondere da sich nach fünf Tagen ohne Nahrungsaufnahme Veränderungen im Stoffwechsel einstellen und der Körper beginne, Skelettmuskulatur abzubauen. Dies könne sich auch auf den Herzmuskel auswirken, sodass das Risiko von Herzrhythmusstörungen mit zunehmender Dauer des Hungerstreiks steigt.
Arzt rät den Lkw-Fahrern dringend dazu, Hungerstreik zu beenden
Gerhard Trabert hat einem der Teilnehmer mit stark erhöhtem Bluthochdruck dringend geraten, den Hungerstreik abzubrechen. Doch auch für die übrigen Männer, die zu dem Zeitpunkt noch immer streikten, blieb die Lage durchaus besorgniserregend.
Fahrer aus Drittstaaten, die oft monatelang auf Rastplätzen übernachten haben in Deutschland meist keine Krankenversicherung. Diese Lage zeigt dringenden Handlungsbedarf auf, so Trabert. Um dem entgegenzuwirken, setzt er sich für die Einrichtung von medizinischen Anlaufstellen an europäischen Autobahnen ein. "Es müsste in Europa ein Netz geben zur medizinischen Versorgung dieser Fahrer", betonte der Arzt.
Die Lkw-Fahrer beenden ihren Hungerstreik
Aus medizinischer Sicht riet er den geschwächten Lkw-Fahrern von dem Hungerstreik ab. Auf der anderen Hand bezeichnete er diesen Rat im Interview mit dem "Hessischen Rundfunk" sogar als "übergrifftig". "Haben wir das Recht ihnen etwas zu raten in dieser Situation?", fragt er in die Kamera und schüttelt den Kopf.
Doch Traberts Worte waren nicht das Einzige, was die Lkw-Fahrer im Hungerstreik dazu bewegt hat, aufzuhören. Am Montag besuchte der Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Torsten Safarik, das Fahrerlager der Streikenden. Laut einem Bericht des "Hessischen Rundfunks" soll Safarik der Ansicht sein, dass der polnische Spediteur klar gegen Menschenrechte verstoßen hat.
Es soll nun geprüft werden, ob dabei auch Verstöße gegen das Lieferkettengesetz, welches soziale Standards festlegt, vorliegen. In diesem Zusammenhang hat Safarik zugesichert, weiterhin im Hintergrund zu verhandeln und auch zu klären, ob deutsche Unternehmen die Zahlungen übernehmen können. Insgesamt sollen die Lohnschulden bei etwa einer halben Million Euro liegen, heißt es bei der "FAZ".
- hessenschau.de: Lkw-Fahrer im Hungerstreik: "Das ist lebensbedrohlich" (Stand: 25.09.2023)
- volksfreund.de: "Arzt zu Truckern im Hungerstreik: Hohes Risiko" (Stand: 25.09.2023)
- faz.net: "Lkw-Fahrer beenden ihren Hungerstreik" (Stand: 26.09.2023)