Insolventer deutscher Airport Wie die Regierung den Verkauf an den Oligarchen verhindern könnte
Der insolvente Hunsrück-Flughafen Hahn soll künftig unter dem Einfluss eines russischen Oligarchen stehen. Doch der Verkauf könnte sich noch hinziehen.
Der Flughafen Hahn bekommt einen neuen Besitzer. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Freitag ist kürzlich ein notarieller Vertrag über einen Kaufpreis von rund 20 Millionen Euro unterschrieben worden. Das Geld liegt bereits auf einem sogenannten Anderkonto, einem speziellen Konto, welches der Verwaltung von fremden Vermögen dient. Damit ist die Ring-Besitzgesellschaft NR Holding um den Russen Viktor Charitonin bei dem Airport eingestiegen.
Die NR Holding teilte der dpa mit: "Ja, wir haben einen Vertrag geschlossen. Dieser steht jedoch unter verschiedenen aufschiebenden Bedingungen." Damit seien vor allem die am kommenden Dienstag vor dem Insolvenzgericht Bad Kreuznach terminierten Gläubigerversammlungen von vier Hahn-Schwestergesellschaften gemeint. "Aktuell werden wir uns nicht weiter äußern", ergänzte die Ring-Besitzgesellschaft. Auch Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner äußerte sich zunächst nicht zu dem Verkauf.
Prüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium möglich
Die insolvente Betreibergesellschaft Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH habe im Gegensatz zu ihren Schwestergesellschaften einen eigenen Gläubigerausschuss und benötigt daher keine Gläubigerversammlungen, wie der "Trierische Volksfreund" berichtete.
Bei dem Termin am Amtsgericht sollen die Gläubiger der Tochtergesellschaften über den erneuten Verkauf informiert werden. Laut Paragraph 160 der Insolvenzordnung muss der Insolvenzverwalter nämlich die Zustimmung des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn er "Rechtshandlungen vornehmen will, die für das Insolvenzverfahren von besonderer Bedeutung sind".
Das Bundeswirtschaftsministerium könnte die Veräußerung an die legendäre Eifelrennstrecke Nürburgring noch gemäß dem Außenwirtschaftsgesetz prüfen. Dieses regelt den Verkehr von Wirtschaftsgütern wie Kapital, Waren, Devisen oder Dienstleistungen aus dem Ausland nach Deutschland. Solche Investitionsprüfungen sollen dem Bundesministerium für Wirtschaft zufolge sicherstellen, dass "negative Auswirkungen ausländischer Direktinvestitionen auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland vermieden werden".
Meistbietender Investor zahlte nie den Kaufpreis
Der Pharma-Unternehmer Charitonin findet sich auf keiner EU-Sanktionsliste für Russland, das einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Allerdings steht er seit 2019 – zusammen mit 95 anderen russischen Geschäftsleuten – auf der sogenannten "Putin-Liste" des US-Finanzministeriums.
Bereits im Juni 2022 hatte die Swift Conjoy GmbH in Frankfurt mit notariell beurkundetem Vertrag den Airport Hahn als damals meistbietender Investor gekauft – aber nach dpa-Informationen nie den Kaufpreis gezahlt. Insolvenzverwalter Plathner zeigte sich darüber verärgert.
Gemäß EU-Recht kann in einem solchen Fall auf unterlegene Interessenten zugegangen und womöglich Schadenersatz geltend gemacht werden. Das Frankfurter Unternehmen hat auf mehrere dpa-Anfragen nicht reagiert. Noch im Juni 2022 hatte das Unternehmen neue Investitionen und Jobs am Airport angekündigt, wie die "Rheinpfalz" berichtete. Die NR-Holding hatte sich ebenfalls am Bieterverfahren für den bereits im Herbst 2021 in Insolvenz gegangenen Flughafen beteiligt, aber weniger Geld als Swift Conjoy geboten.
Flughafen mit seltener Nachtfluggenehmigung
Auch das Land Hessen war vor langer Zeit mit einem Minderheitsanteil von 17,5 Prozent beim eher abgelegenen Flughafen Hahn eingestiegen. Seit August 2017 ist die HNA Airport Group GmbH als Mehrheitseigner mit 82,5 an der Flughafengesellschaft Frankfurt-Hahn GmbH beteiligt. Der Standort gilt laut eigener Webseite als "Jobmotor": Mehr als 2.000 Menschen seien direkt am Standort beschäftigt.
Dabei besitzt der ehemalige US-Militär-Airport nicht mal einen Bahnanschluss, dafür aber eine der seltenen und begehrten Nachtfluggenehmigungen. Laut eigener Aussage ist Frankfurt-Hahn der zehntgrößte deutsche Passagier-Flughafen. Neben der Passage setzt der Airport auf den Luftfrachtverkehr.
Die wie der Flughafen ebenfalls einst staatliche und dann insolvente Rennstrecke hat heute als Privatunternehmen etliche wirtschaftliche Standbeine: von Motorsport und sogenannten Touristenfahrten von Hobbyrennfahrern über Firmenevents bis hin zum legendären Musikfestival Rock am Ring – dieses Jahr vom 2. bis 4. Juni.
Kurz nach Russlands Überfall auf die Ukraine erklärte im März 2022 ein Sprecher der Betreibergesellschaft des fast 100 Jahre alten Nürburgrings: Gemeinsam mit Charitonins Holding "stehen wir dafür, Menschen aus der ganzen Welt zusammenzubringen – fernab von Herkunft, Hautfarbe, Vorlieben oder Religion". Auch Russen und Ukrainer kämen zum Nürburgring.
Tag der offenen Tür am Flughafen Hahn
Beim Airport Hahn zeigte sich der Betriebsrat jüngst ebenfalls zufrieden mit dem Flugbetrieb mitten in der Insolvenz: Plathner und der Chef für das operative Hahn-Geschäft, Rüdiger Franke, machten einen guten Job, hieß es. Das Passagiergeschäft hat nach dem Abflauen der Corona-Pandemie wieder deutlich angezogen.
Mitten in der Insolvenz sucht der Airport händeringend weiteres Personal. An diesem Sonntag (5.2.) soll es einen Tag der offenen Tür am Hahn geben – unter anderem mit einem Job-Speeddating.
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche
- volksfreund.de: Russischer Unternehmer kauft den Flughafen Hahn
- rheinpfalz.de: Hängepartie am Hahn: Steigt jetzt ein reicher Russe ein?