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Pflegenotstand in Frankfurt: Bürokratie bremst Helfer aus dem Ausland


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Trotz Pflegenotstand
Bürokratie bremst Pflegehelfer aus dem Ausland


12.02.2023Lesedauer: 3 Min.
Suzet Pamela Afrikaner: Die 27-Jährige arbeitet seit 2019 in Deutschland.Vergrößern des Bildes
Suzet Pamela Afrikaner: Die 27-Jährige arbeitet seit 2019 in Deutschland. (Quelle: t-online)

In Frankfurt wird händeringend Pflegepersonal gesucht. Doch die Verstärkung aus dem Ausland trifft hier auf bürokratische Probleme.

Suzet Pamela Afrikaner gefällt die Arbeit als Altenpflegehelferin: "Die Menschen sind vor allem dankbar", sagt sie im Gespräch mit t-online in einem Café in Frankfurt-Bockenheim. "Du lernst in diesem Beruf geduldig zu sein." Diese Eigenschaft wird bei der 27-Jährigen aus Namibia allerdings auf eine harte Probe gestellt. Denn: Obwohl sie eine Ausbildung als "Staatlich anerkannte Altenpflegehelferin" in Deutschland absolviert hat, wird Suzet Afrikaner keine Aufenthaltsgenehmigung zur Beschäftigung als Pflegehelferin in Frankfurt erteilt.

Die Begründung der Ausländerbehörde: Bei der Beschäftigung als Altenpflegehelferin handele es sich um keine qualifizierte Beschäftigung. Eine paradoxe Situation für die 27-Jährige – schließlich hat sie die einjährige Ausbildung mit einer erfolgreich bestandenen Prüfung beendet.

"Niemand hat mir gesagt, dass ich damit nicht in Deutschland arbeiten kann"

Für diese und für die Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung zahlte sie insgesamt 160 Euro. "Ich dachte, damit kann ich nun arbeiten, schließlich habe ich viel Geld bezahlt", sagt Afrikaner.

2019 ist Suzet Afrikaner nach Deutschland gekommen, um als Au-pair in Berlin zu arbeiten. Nach einem Jahr zog sie es in die Stadt am Main, da ihre Schwester hier bereits seit sieben Jahren als Pflegefachkraft arbeitet. Die Entscheidung, künftig im Altenpflegebereich zu arbeiten, traf die 27-Jährige nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr.

Die einjährige Ausbildung zur Pflegehelferin wurde ihr damals empfohlen: "Niemand hat mir vorher gesagt, dass ich damit nicht in Deutschland arbeiten kann", sagt Afrikaner.

Pflegenotstand in Deutschland

Deutschlandweit fehlen 149.562 Fachkräfte in der Altenpflege (Stand 9. Februar 2023). Das geht aus Berechnungen der Uni Bremen und Prognosen des Instituts der deutschen Wirtschaft hervor. In der Debatte um den aktuellen Pflegenotstand wird immer wieder der akute Personalmangel als Begründung angeführt.

Nachwuchs findet sich in der Branche wenig: Rund 30 Prozent der Auszubildenden in Pflegeberufen brechen laut der Initiative Pflegenot-Deutschland vorzeitig ab.

Grund hierfür seien schlechte Arbeitsbedingungen und eine hohe emotionale Belastung. Dazu kommt eine geringe Bezahlung – grade in einer Stadt wie Frankfurt mit hohen Mieten und Lebenshaltungskosten eine große Herausforderung.

Afrikaner will am Ball bleiben

Doch Suzet Afrikaner möchte ihren Beruf nicht wechseln. Um sich für die Arbeit weiterzuqualifizieren, begann sie eine generalistische Pflegeausbildung. In dieser Ausbildung zur Pflegefachkraft werden Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie die Gesundheits- und Kinderkrankenpflege integriert.

Doch im Zuge der Ausbildung merkte die 27-Jährige, dass ihr Sprachkenntnisse in Deutsch verbessert werden müssen – sonst befürchtet sie die Abschlussprüfung nicht zu schaffen. Die Pandemie erschwerte es ihr, einen passenden Sprachkurs zu finden: neben dem Lernpensum einer Vollzeit-Ausbildung und Schichtdiensten in der Pflegeeinrichtung.

Daher bot ihr Arbeitgeber Afrikaner an, zunächst in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Altenpflegehelferin zu arbeiten und den Sprachkurs neben dem Beruf zu absolvieren. Danach könne sie die Ausbildung zur Pflegefachkraft nachholen.

Ausländerbehörde: Qualifikation reicht nicht aus

Doch laut der Ausländerbehörde in Frankfurt reicht Afrikaners Qualifikation als Pflegehelferin nicht für eine Aufenthaltsgenehmigung aus. Auf Anfrage von t-online erklärt das Ordnungsamt Frankfurt, dass Ausbildungsdauer für qualifizierte Berufsausbildung mindestens zwei Jahre betragen muss.

Die einjährige Ausbildung zur "Staatlich anerkannten Altenpflegehelferin" stelle daher im ausländerrechtlichen Sinne keine "qualifizierte" Berufsausbildung dar. Diese Regelung werde grundsätzlich bundesweit angewandt.

Der Gesetzgeber unterscheide ausdrücklich zwischen einer betrieblichen Aus- und Weiterbildung und einer qualifizierten Berufsausbildung. Die einjährige Ausbildung zur Pflegehelferin falle demnach in die ausländerrechtliche Prüfung einer betrieblichen Aus- und Weiterbildung.

Hessen fehlen 12.000 Pflegekräfte – Afrikaner wartet auf Antwort

Laut Paragraf 16a des Aufenthaltsgesetzes kann eine "Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der betrieblichen Aus- und Weiterbildung" zugelassen werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Auswirkungen auf die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation im Einzelfall zustimmt oder die Ausbildung beziehungsweise Beschäftigung nach der Beschäftigungsverordnung zustimmungsfrei ist.

Suzet Afrikaner möchte ihre Ausbildung gerne beenden. Falls sie das schafft, ist sie eine von 12.000 weiteren Pflegekräften, die das Land Hessen bis 2030 benötigt. Das geht aus einem Pflegereport der Krankenkasse Barmer von 2022 hervor. Speziell die wachsende Zahl dementer Senioren erfordere mehr Personal in der Altenpflege.

Diese sollen durch Zuwanderung gewonnen werden – doch die bürokratischen Hürden erschweren den Einstieg in Deutschland. "Du lernst in diesem Beruf realistisch zu sein", sagt Afrikaner. Aktuell wartet sie auf eine Antwort der Ausländerbehörde, wo ihr Ausbildungsvertrag zur Prüfung vorliegt, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten.

Verwendete Quellen
  • Anfrage Ordnungsamt Frankfurt am Main
  • Pflegereport Barmer Krankenkasse 2022
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