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Duisburg: Auffahrunfall führt Polizei zu international gesuchtem Mafioso


Per internationalem Haftbefehl gesucht
Harmloser Unfall führt Polizei zu gesuchtem Mafioso

Von t-online, jum

07.11.2023Lesedauer: 3 Min.
Duisburger Mafiamorde 2007: Antonio S. soll zu einer der Familien gehören, die in die Morde verwickelt waren.Vergrößern des Bildes
Antonio S. soll zu einer der Familien gehören, die in die Duisburger Mafiamorde 2007 verwickelt waren. (Quelle: Roland Weihrauch/dpa)

Als die Polizei in Duisburg zu einem Verkehrsunfall gerufen wurde, rechneten die Beamten mit einem Routineeinsatz – und stießen auf einen gesuchten Mafioso.

Als die Polizei in Duisburg Ende Oktober wegen eines Verkehrsunfalls mit Blechschaden zum Einsatz in die Mühlenstraße im Stadtteil Baerl gerufen wird, ahnt sie nicht, dass ihr am Ende ein gesuchter Mafiose in Netz geht. Doch genau so war es.

Ein DHL-Transporter war den Berichten der Polizei zufolge beim Zurücksetzen gegen das Auto einer älteren Dame gestoßen, weshalb die Polizisten zur Aufnahme der Personalien der Beteiligten anrückten. Als sie den Namen des DHL-Fahrers in ihre Datenbank eingaben, staunten die Beamten nicht schlecht: Der Mann wurde mit europäischem Haftbefehl gesucht.

Polizei findet flüchtigen Mafioso durch Zufall

Mehreren Medienberichten zufolge soll es sich bei dem Gesuchten um Antonio S., einen 44-jährigen gebürtigen Italiener handeln, der in seiner Heimat den Spitznamen "U Meccanicu" trägt – weil er in seiner Freizeit wohl gerne schnelle Autos fährt. Auch unter dem Namen "Titi" soll er in Italien bekannt sein, Ermittlern zufolge als Mitglied der sogenannten Pelle-Vanchelli, einem einflussreichen Clan der ’Ndrangheta, der kalabrischen Mafia.

Seit Januar soll der Mann zur Fahndung ausgeschrieben gewesen sein, allerdings mitnichten zum ersten Mal. Bereits in den Neunzigerjahren sei Antonio S. zum ersten Mal nach Deutschland gekommen, heißt es mehreren Medienberichten zufolge. Er habe im Ruhrgebiet zunächst als Pizzabäcker gearbeitet – auch im Duisburger Restaurant "Da Bruno", welches am 14. August 2007 traurige Berühmtheit wegen der sich dort zugetragenen Mafia-Morde erlangte. S. arbeitete zu diesem Zeitpunkt im Restaurant, hatte es aber noch vor den tödlichen Schüssen auf seine Kollegen verlassen. Morgens gegen halb drei wurden die sechs Männer vor der Pizzeria erschossen. Es war der blutige Höhepunkt einer Fehde unter Familienclans aus San Luca, dem kalabrischen Dorf, aus dem auch Antonio S. kommen soll.

Bereits während der Ermittlungen um die Mafia-Morde war der Italiener in den Fokus der Behörden gerückt, in Italien war er später als Strohmann der Pelle-Vanchelli zu 19 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Statt die Haftstrafe anzutreten, flüchtete Antonio S. allerdings und landete später wieder in Deutschland, wo er nach kurzer Zeit wegen illegalen Waffenbesitzes festgenommen und ein erstes Mal in die Heimat ausgeliefert wurde. Allerdings durfte er das Gefängnis verlassen, da das Urteil gegen ihn noch nicht rechtskräftig war. Eine Chance, die Antonio S. erneut zur Flucht nutzte.

Social Media brachte die entscheidende Spur

Die Behörden spürten den flüchtigen Mafioso fünf Jahre später in Moers auf und lieferten ihn erneut nach Italien aus, wo er offenbar dann seine Strafe absaß. Anschließend zog es den Italiener aber erneut nach Deutschland, wo er 2019 wieder mit der Polizei zu tun hatte. Im Zusammenhang mit der Anti-Mafia-Operation "Pollino" wurde S. festgenommen, da er unter anderem in internationale Kokaingeschäfte mehrerer Clans aus San Luca verwickelt gewesen sein soll. Als einer der Drahtzieher wurde Domenico P. verurteilt, "Titis" Cousin. Er selbst wurde wieder einmal in Moers aufgespürt, wieder ausgeliefert und schließlich in Italien zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, da es die Richter als erwiesen ansahen, dass er am Rauschgifthandel beteiligt gewesen war. Der Vorwurf der Mafia-Mitgliedschaft war allerdings aus Mangel an Beweisen noch vor der Anklage fallen gelassen worden, sodass S. erneut das Gefängnis verlassen durfte – diesmal allerdings unter der Auflage, sich jeden Abend zwischen 17 und 18 Uhr in der Polizeistation in San Luca zu melden.

Allerdings tauchte S. auch dort kurz nach dem Urteil nicht mehr auf, flüchtete stattdessen erneut. Auf die Benutzung sozialer Medien wollte der Italiener anscheinend auf der Flucht aber nicht verzichten, postete stattdessen auf seiner Facebook-Seite munter Videos von sich beim Pizzabacken, bei Unternehmungen in der Stadt und bei einem Besuch des SV Bayer Uerdingen 08 e.V. Die italienischen Carabinieri beantragten daraufhin einen europäischen Haftbefehl und übermittelten ihn an ihre Kollegen in Nordrhein-Westfalen.

Antonio S. wartet auf vierte Auslieferung

Dort kam die Polizei Antonio S. schließlich immer mehr auf die Spur, fanden durch ein weiteres Facebook-Video heraus, dass er an einer Großdemonstration mit seinen DHL-Kollegen am Brandenburger Tor teilgenommen hatte. Über seinen Arbeitgeber wollte die Polizei Antonio S. schließlich schnappen – doch das war dank des Unfalls Ende Oktober gar nicht mehr nötig. Denn der Italiener händigte den Polizisten an diesem Tag tatsächlich seinen echten Ausweis aus – warum, weiß wohl nur er selbst.

Er ließ sich widerstandslos festnehmen und wartet derzeit im Gefängnis auf seine vierte Auslieferung in die Heimat.

Verwendete Quellen
  • waz.de: "Gesuchter Mafioso war DHL-Fahrer: Das ist Antonio S. (44)" vom 7. November 2023
  • faz.net: "Gesuchter Mafioso veröffentlicht seinen Standort – und wird verhaftet" vom 7. November 2023
  • mdr.de: "Wie ein Mann mit Mafia-Verbindungen der Polizei ins Netz ging" vom 7. November 2023
  • bild.de: "Park-Rempler überführt gesuchten Mafioso Antonio S" (kostenpflichtig) vom 7. November 2023
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