Erfurt Mafia-U-Ausschuss: Klärungsbedarf bei Richter-Kontakten
Mitglieder des Thüringer Mafia-Untersuchungsausschusses sehen bei der Frage nach möglichen Kontakten eines Amtsrichters zu Personen aus dem Umfeld der Mafia weiteren Klärungsbedarf. Zwar sei die Frage, ob es Verbindungen aus Justiz, Politik oder Verwaltung zur Mafia gab, weiterhin offen, sagte Untersuchungsausschussmitglied Raymond Walk (CDU) am Dienstag im Thüringer Landtag. "Zumindest haben wir aber in einigen Fällen Ansatzpunkte, dass es Verbindungen aus diesen Bereichen zu inkriminierten Personen gab, die wir weiter aufklären müssen", sagte Walk.
In einer öffentlichen Sitzung des Untersuchungsausschusses hatte eine Expertin für Mafia-Ermittlungen ihr Unverständnis darüber geäußert, dass ein Verfahren gegen einen italienischen Restaurantbetreiber mit Verbindungen zur Mafia-Organisation Ndrangheta eingestellt worden war. In dem Verfahren sei es um Rauschgift in nicht unerheblicher Menge gegangen. Der Erfurter Amtsrichter, der das Verfahren einstellte, habe Kontakt zu dem Beschuldigten und seinem Anwalt gehabt. Diese Information sei auch der zuständigen Staatsanwaltschaft gegeben worden. "Ich hatte das Gefühl, dass das nicht weiter verfolgt wurde", sagte sie.
Nach Einschätzung der Expertin könne es für die Ndrangheta mehrere Motive für Verbindungen zur Justiz oder zur Politik geben. So müssten Amtsrichter Telefonüberwachungsaktionen genehmigen und erhielten somit auch Kenntnis, wer überwacht werden soll.
Die Bevollmächtigte der Landesregierung aus dem Justizministerium wies darauf hin, dass diese Genehmigungen stets in Gera erteilt wurden - und somit nicht von dem Erfurter Richter. Das Drogen-Verfahren sei gegen Zahlung einer hohen Geldsumme eingestellt worden.
Die Expertin räumte ein, dass damalige Telefonüberwachungsmaßnahmen zwar viele Erkenntnisse über Strukturen der italienischen Mafia in Deutschland lieferten, jedoch keine konkreten Hinweise darauf, dass illegale Gelder in Thüringen investiert worden seien. "Das war ein großes Problem", sagte sie.
Teils hätten sich Hinweise zu "merkwürdigen Lieferungen" ergeben, wie sie sagte. So sei einmal ein Lastwagen angemietet worden, um einen Laib Parmesan-Käse nach Portugal zu transportieren. Es sei aber nicht kontrolliert worden, ob es diesen Käse überhaupt gegeben habe oder ob sich etwas anderes in dem Lastwagen befand. Grund seien Verzögerungen durch die Übersetzung der Gespräche gewesen.
Die Grünen-Abgeordnete und Mitglied des Untersuchungsausschusses, Madeleine Henfling, sagte, es sei sehr wahrscheinlich, dass es gefestigte Strukturen der Organisierten Kriminalität in Erfurt gebe. Auch sie sieht noch offene Fragen bei möglichen Verbindungen der Mafia zur Justiz - etwa ob ein Richter in Thüringen Vorteile für eine Gegenleistung angenommen habe.