Erfurt Nach Marathonsitzung Einigung zum Landeshaushalt 2022
Die rot-rot-grüne Minderheitskoalition und die oppositionelle CDU-Fraktion haben sich bei 22-stündigen Verhandlungen auf eine Kürzung der Ausgaben in diesem Jahr verständigt. Der Landeshaushalt soll im Vergleich zum Regierungsentwurf von knapp 12,1 auf rund 11,9 Milliarden Euro sinken - und damit etwa auf das Niveau von 2021. "Wir haben eine wichtige Hürde für die Haushaltsverabschiedung Anfang Februar genommen. Das Zahlenwerk steht weitgehend", sagte CDU-Fraktionschef Mario Voigt am Donnerstag in Erfurt. Ähnlich äußerten sich die Fraktionsvorsitzenden von Linker, SPD und Grünen, die von Verhandlungen mit harten Bandagen sprachen.
"Das ist ein großer Kompromiss. Er tut beiden Seiten weh", sagte SPD-Fraktionschef Matthias Hey. Zeitweise habe der Abbruch der Gespräche gedroht. Rot-Rot-Grün sei nicht eingeknickt, sondern habe auch eigene Akzente gesetzt, meinte Linksfraktionschef Steffen Dittes. Der Regierungskoalition fehlen vier Stimmen im Landtag - sie ist damit auf die Opposition bei der Haushaltsentscheidung angewiesen.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, bedauerte, dass es ernsthafte Verhandlungen nur mit der CDU, nicht aber mit der FDP geben konnte, die über vier Stimmen im Landtag verfügt. Ende der ersten Februarwoche soll der Etat nun verabschiedet werden; zuvor muss am 27. Januar der Haushaltsausschuss Hunderte Änderungsanträge beraten und eine positive Empfehlung abgeben.
Worauf haben sich nun die vier Fraktionen in der Marathonsitzung neben dem gesenkten Haushaltsvolumen verständigt? 330 Millionen Euro an geplanten Ausgaben sollen im Haushalt gesperrt werden - dieser Betrag soll im Verlauf des Jahres durch die Ministerien eingespart werden. Die Vertreter von Rot-Rot-Grün bedauerten, dass durch diese sogenannte globale Minderausgabe Entscheidungsbefugnisse vom Parlament an die Regierung delegiert würden. "Die Regierung hat damit eine große Gestaltungsmacht", sagte Dittes.
Ein Teil der Einsparungen wird nach seinen Angaben genutzt, um ein zusätzliches Finanzpaket von 130 Millionen Euro für die Kommunen zu schnüren, das alle vier Fraktionen wollten, und Änderungsvorschläge in Höhe von insgesamt 25 Millionen Euro zu finanzieren. Die CDU hatte zunächst 500 Millionen Euro an Einsparungen im Etat über eine globale Minderausgabe gefordert, um eine Haushaltskonsolidierung zu erreichen.
Außerdem sei verabredet worden, eine zusätzliche Schuldentilgung in Höhe von 50 Millionen Euro anzupeilen, so die vier Faktionen. Der Corona-Hilfsfonds des Landes soll um 82 Millionen Euro aufgestockt werden.
Voigt wertete die Verhandlungsergebnisse als Erfolg für die CDU: "Die CDU-Fraktion hat Rot-Rot-Grün zum Sparen gezwungen." Dittes sprach dagegen vom Beweis der politischen Handlungsfähigkeit der Minderheitskoalition. Der Chef der FDP-Gruppe, Thomas Kemmerich, sah dagegen einen faulen Kompromiss: "Trotz der ausgehandelten Einsparung in dreistelliger Millionenhöhe soll die Minderheitsregierung mehr verfrühstücken dürfen als das Land einnimmt. Das ist kein großer Wurf."
Über Detailfragen vor allem zu Gesetzesänderungen sollen die Fachpolitiker der Fraktionen bis Montag weiter beraten. Die Fraktionsspitzen von Rot-Rot-Grün und CDU würden sich dazu am
26. Januar erneut treffen, hieß es. Dabei geht es unter anderem um das Ladenöffnungs- und Vergabegesetz, die Gesundheitsversorgung in Thüringen oder grundsätzliche Fragen wie eine Reform des Finanzausgleichs von Land und Kommunen und die Personalentwicklung im öffentlichen Dienst.
Die oppositionelle CDU-Fraktion hat nach ihren Angaben unter anderem sechs Millionen Euro für die Thüringer Musikschulen, einen Neustartbonus für die Vereine des Landes in Höhe von zwei Millionen Euro, 6,9 Millionen Euro für den Erhalt von Dorfkirchen oder auch vier Millionen Euro für eine Neuauflage des Dorfläden-Programms erreicht.