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Gewalt in NRW-Freibädern: "Aggressives Verhalten auf der Tagesordnung"


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Freibadkultur im Ruhrgebiet
"Aggressives Verhalten steht auf der Tagesordnung"


Aktualisiert am 04.09.2023Lesedauer: 4 Min.
Rangelnde Kinder im Freibad (Archivbild): In Berlin kommt es derzeit häufig zu Gewalt in Bäderbetrieben.Vergrößern des Bildes
Rangelnde Kinder im Freibad (Archivbild): Schwimmbad-Rowdys haben in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt. (Quelle: Christian Schroth/imago-images-bilder)
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Spucken, Pöbeln, Respektlosigkeiten: Der Herner Bademeister Bernd Budde erlebt das immer wieder. t-online hat mit ihm über Freibad-Rowdys im Ruhrgebiet gesprochen.

Sie sorgten in den letzten Wochen immer wieder für Schlagzeilen: Aggressive Schwimmbad-Pöbler. Hohe Wellen schlugen vor allem die Meldung der Räumung eines Freibads in Berlin-Neukölln sowie der Ruf des CDU-Politikers Carsten Linnemann nach Schnellverfahren für Gewalttäter. In einem Brandbrief an die Führung der Bäderbetriebe schilderten Mitarbeiter in Berlin zuletzt erschreckende Zustände: Gewaltandrohungen, Psychoterror, Spucken und Pöbeln.

Auch im Ruhrgebiet verfolgt man die Geschehnisse. Bade- und Saunameister Bernd Budde steht seit 27 Jahren in Diensten der Herner Bädergesellschaft. Vieles aus der aktuellen Debatte kommt ihm selbst bekannt vor. Beleidigungen, Pöbeleien und Gesprächsentgleisungen hat er ebenso schon erlebt wie Polizeieinsätze, Respektlosigkeiten und unzählige Regelverstöße.

Verändertes Klima, angespannte Lage

"Ich bin traurig und entsetzt darüber, dass es in den Schwimmbädern so weit gekommen ist", sagt der 47-Jährige. So schlimm wie in Berlin sei es noch nicht, das Klima in den Schwimm- und Freibädern habe sich in den letzten Jahren jedoch zum Negativen verändern. "Es ist sehr angespannt", sagt der Herner. "Respektloses und aggressives Verhalten sowie Drohungen stehen auf der Tagesordnung", so Budde. Das führe zu vermehrten Polizeieinsätzen innerhalb des Badebetriebs.

Der Personalmangel belaste die Beschäftigten zusätzlich, wenn es darum geht, brenzlige Situationen zu handhaben. "Früher wurde man von den Badegästen respektiert und akzeptiert, heute folgen auf Hausverbote lange Diskussionen", berichtet Budde. Einige Badegäste würden keine Einsicht zeigen und sich schnell persönlich angegriffen fühlen. Besonders gut ist dem 47-Jährigen ein Vorfall aus der jüngsten Vergangenheit in Erinnerung.

Polizeieinsatz am Beckenrand

Budde und sein Arbeitskollege beaufsichtigten das Schwimmbecken, als ein Badegast sie kopfschüttelnd und mit einer abwertenden Geste aufforderte, zu ihm zu kommen. "Als ich auf ihn zuging, sagte er auf eine sehr aggressive Art und Weise: 'Wenn ich euch rufe, dann habt ihr zu mir zu kommen'", erinnert sich Budde. Während des Gesprächs sei der Mitte 40-Jährige, der mit einem Kind im Schwimmbad war, sehr aufbrausend geworden.

"Ich bat ihn mehrmals, seinen Ton zu zügeln, aber dieser Bitte kam er in keinerlei Weise nach", so Budde weiter. Nachdem der Gast sich weiterhin Anweisungen des Personals widersetzt hatte, sprachen Budde und sein Mitarbeiter ein Hausverbot aus. Für die anderen Gäste musste die Sprunganlage geschlossen werden.

Respektloses Verhalten – Tag für Tag

"Der Gast weigerte sich, das Bad zu verlassen, und seine lautstarke, drohende Art und Weise der Kommunikation hörte nicht auf", sagt Budde. Die Konsequenz: Er und sein Kollege mussten die Polizei alarmieren. Auf Buddes Anmerkung, sein Verhalten in Gegenwart eines Kindes zu überdenken, habe der Mann geantwortet, dass der Kleine lernen solle, wie man mit "Arschlöchern" umzugehen habe.

"Meine Kolleginnen und Kollegen und ich werden tagtäglich mit respektlosem Verhalten konfrontiert", ärgert sich der Bademeister. Streitigkeiten entstünden vor allem aufgrund des Nichteinhaltens von Baderegeln und mangelnden Respekts. "Dadurch, dass oft keine Einsicht gezeigt wird, eskalieren viele Situationen", beobachtet der Herner.

Unterhose unter der Badehose

Früher seien die Baderegeln – etwa das Duschen vor dem Schwimmen oder das Tragen von passender Badebekleidung – kommentarlos eingehalten worden. "Es kam seltener zu Verstößen. Die Anweisungen der Fachkräfte wurden akzeptiert und befolgt", sagt der Bademeister. Heute werde das Handeln der Beschäftigten durch Diskussionen, Unverständnis und Aggressivität erschwert. "Höflichkeiten, wie ein 'Guten Morgen' oder 'Guten Tag' werden zur Seltenheit", sagt er. Gäste würden Unterhosen unter Badehosen tragen und ins Wasser oder auf den Boden spucken. "Die Schwimmbad-Rowdys sorgen durch Staus in der Rutsche, Pöbeleien, Beschimpfungen und das Springen vom Beckenrand für Aufruhr unter den Badegästen", sagt Budde.

Wenn Badegäste, die sich gestört fühlen, die Vorkommnisse selbstständig klären wollten, eskalierten die Situationen häufig. "Auch zwischen den Badegästen kommt es oft zu Auseinandersetzungen, in denen wir eingreifen müssen", sagt Budde. Diesen Konflikten lägen meist persönliche Provokationen zugrunde, etwa weil sich Gäste gegenseitig die Haare nassspritzten oder Revierstreitigkeiten auf den Schwimmbahnen austragen wollten.

Seinen Beobachtungen zufolge handelt es sich bei den Störenfrieden meist um Gruppen aus jungen Männern oder Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Man müsse dabei aber zwischen den hier aufwachsenden jungen Männern und geflüchteten Menschen unterscheiden. "Bei den jungen Männern und Jugendlichen, welche hier aufgewachsen sind, liegen die Gründe in der unterschiedlichen Erziehung. Ihnen wurden andere Werte und Normen vermittelt, welche das Handeln prägen", vermutet Budde.

Mehr Aufklärung, mehr Handhabe

Geflüchtete stünden hingegen oft vor einer sprachlichen Barriere. "Das Kommunizieren wird deutlich erschwert. Dazu kommen die fehlende Erfahrung mit der Institution Schwimmbad und die nicht vorhandenen Kenntnisse über die dort herrschenden Baderegeln", meint Budde. Das erschwere es den Gästen, bestimmte Verhaltens- sowie Hygieneregeln und Vorschriften zu Badebekleidung einzuhalten.

Für die Flüchtlinge wünscht sich Budde daher mehr Aufklärung und Information über die Baderegeln. Den Vorschlag von Linnemann nach Schnellverfahren hält der Bademeister für kaum umsetzbar. "Das ist personell nicht möglich", meint er. Gesetze müssten aber so vereinfacht werden, dass die Behörden mehr Handhabe hätten. "Ein Vorfall, in dem mir vor Zeugen mit Gewalt gedroht wurde, konnte nicht zur Anzeige gebracht werden, da der Beschuldigte minderjährig war. Die Polizei riet mit von einem weiteren Verfahren ab", erinnert sich Budde.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Bernd Budde, Bade- und Saunameister aus Herne
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