"Größter Fund Deutschlands" Ausgrabungen bringen "wahren Schatz" zu tage
So eine Entdeckung gab es bislang noch nie: Archäologen fanden vor 17 Jahren viele Jahrhunderte alte Textilreste. Jetzt wurden diese analysiert.
Beeindruckender Fund in der Hansestadt: In Bremen sind bei Erschließungsarbeiten zur Überseestadt im Jahr 2007 rund 7.000 mittelalterliche Textilfragmente entdeckt worden. Wie die Landesarchäologie Bremen am Freitag mitteilte, handelt es sich um den bisher größten bekannten Textilkomplex dieser Zeit in Deutschland. Dieter Bischop von der Landesarchäologie erklärte dazu: "Nach aufwändiger restauratorischer Reinigung offenbart sich nun ein wahrer textiler Schatz."
Die Funde stammen aus einem um 1.600 verfüllten Stadtgraben und umfassen Gewänder, Mützen, Strumpfhosen und Handschuhe. Sie weisen Details wie applizierte Borten, Knopflöcher und Strickware auf, was laut Experten einzigartige Einblicke in die Kleidung der Bürger der Renaissancezeit bietet. Eine Besonderheit ist, dass diese Funde dem Bürgertum zugerechnet werden können und nicht wie sonst üblich adeligen Gewändern entstammen.
Graben gespickt mit Resten aus der Zeit der Pest
Bauarbeiter stießen bei Grabungen 2007 auf einen mittelalterlichen Stadtgraben. Die Wehranlagen seien im Zuge des Dreißigjährigen Krieges umgebaut und der alte Graben zugeschüttet worden, erklärte Bischop. Die Bremerinnen und Bremer entsorgten dort damals alles, was sie nach der Pest loswerden wollten. Archäologen bargen neben Schmuck, Münzen und Waffen auch Kleidung, Schnittmuster, eine Schere und Nadeln.
Die Funde legen nach Angaben der Experten nahe, dass sich dort im Mittelalter auch eine Schneiderei befand. Das Bürgertum brachte um 1600 seine Kleidung zum Flicken und Ändern in die Werkstatt.
Funde bringen Bremer Besonderheit ans Tageslicht
Die Analyse der Gewebe erfolgte unter anderem durch die Textilrestauratorin Katja Wagner in Kooperation mit dem Deutschen Textilmuseum in Krefeld. Bischop betonte: "Diese seltenen Stoffe verraten viel mehr über die Kleidung der frühen Neuzeit und ihre Herstellung als zeitgenössische Gemälde oder die wenigen erhaltenen Gewänder des Adels aus dieser Zeit." Die Untersuchungen zeigen auch kuriose Fundstücke, darunter ein sogenanntes Tiphoiken – ein textiles Horn über der Stirn, das Teil eines Umhangs einer Bremer Dame war.
Das Entdeckte sei "etwas ganz Besonderes, weil Archäologen sonst kaum Stoffe finden", sagte Bischopweiter. Die Funde seien bundesweit einmalig und europaweit von Bedeutung.
Arne Butt von der VGH Stiftung, die das Projekt fördert, sagte: "Die Untersuchungsergebnisse zu dem außergewöhnlichen Textilfund können nun für weiterführende stadt- und landesgeschichtliche Forschungsfragen genutzt werden."
- senatspressestelle.bremen.de: Mitteilung vom 27. September 2024
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa