Tipps für Wattwanderungen Ein falscher Schritt kann tödlich enden
Wattwanderungen sind gesund, entspannend und ziehen jährlich Zehntausende Urlauber an die Nordsee. Doch das Unterfangen kann tödlich enden.
Fast wöchentlich vermelden Einsatzkräfte zurzeit traurige Nachrichten von Deutschlands Nordseeküste. Immer wieder kommt es bei scheinbar harmlosen Wattwanderungen zu tödlichen Unfällen. Erst am Wochenende überraschte die einsetzende Flut einen 73-jährigen Wanderer bei Büsum, eine Reanimation im Watt blieb erfolglos. Viele weitere Fälle endeten zwar glimpflich und ganze Familien samt Haustieren kamen mit dem Schrecken davon, doch war dies in den meisten Situationen nur dem Zufall und dem schnellen Einschreiten der Einsatzkräfte zu verdanken.
Um erst gar nicht in eine gefährliche Lage zu geraten, gibt es einfache wie effektive Tipps, die eine Wattwanderung zum Vergnügen und nicht zum Verhängnis werden lassen.
Alleine ins Watt bedeutet pure Lebensgefahr
Oberste Regel beim Wandern im Watt: Gehen Sie niemals allein aufs offene Meer hinaus, mahnt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Wesentlich sicherer und auch informativer sind dagegen geführte Wanderungen. Das sagt auch die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer: Dort heißt es: "Zertifizierte Nationalpark-Führer:innen garantieren eine unterhaltsame wie lehrreiche Exkursion mit fachlicher Qualität. Und sorgen für Ihre Sicherheit." Nähere Informationen zu geführten Wanderungen finden Sie hier.
Sollten Menschen sich dennoch nicht von der alleinigen Tour abbringen lassen, gilt es beinahe unsichtbare Gefahren zu erkennen. Passiert das nicht, droht der Tod.
Insbesondere Priele sollten unter allen Umständen gemieden werden. Priele bezeichnen unbefestigte Fließgewässer, die sich im Laufe der Zeit auf natürliche Weise im Wattenmeer bilden. Von außen wirken sie meist harmlos, gerät man – gerade bei einsetzender Flut – doch hinein, besteht akute Lebensgefahr.
Muschelfelder – die fast unsichtbare Gefahr
Die Seenotretter der DGzRS warnen ebenfalls vor den sogenannten mäandernden Gewässern und schreiben auf ihrer Internetseite: "Meiden Sie bei auflaufendem Wasser die Nähe von Prielen, es herrscht starke Strömung!" Auch geübte Schwimmer sollten "auf keinen Fall versuchen, einen Priel zu durchschwimmen", heißt es.
Ähnlich sollten Wanderer mit Senken, Löchern, Steilkanten und Schlickfeldern umgehen: Lieber einen großen Bogen und ein paar Schritte mehr machen, als sich der Gefahr auszusetzen. Ob Schlickfeld oder Senken, in allen Fällen droht die Gefahr des Einsinkens. Wenn dann einsetzende Flut herrscht, die im Schnitt 30 Zentimeter Watt pro Sekunde überspült, droht der akute Ertrinkungstod.
Auch größere Muschelfelder sollten nach Möglichkeit umgangen werden. Zum einen steigern die scharfkantigen Muscheln die Verletzungsgefahr, zum anderen sondern die Weichtiere Sedimente ab, die ebenfalls zum schnellen Einsinken führen können.
Fußspuren können Leben retten
So schön das Wandern bei Sonnenuntergang auch sein mag, so riskant ist es auch. Die dringende Bitte der Seenotretter an alle Urlauber lautet deshalb: "Gehen Sie auf keinen Fall bei Dämmerung ins Watt." Auch bei Dunkelheit, Sturm oder Nebel sollte die Wanderung lieber verschoben werden, denn auch hier gilt: "Der Aufenthalt ist lebensgefährlich", warnen die Experten.
Das Gleiche gelte auch bei Gewitter. Setze plötzlicher Nebel ein, dann rät die DGzRS, nicht ziellos umherzuirren, sondern sich an seinen Fußspuren im Sand zu orientieren und so laut wie möglich um Hilfe zu rufen.
Die Experten haben noch einen weiteren Tipp – und auch dieser kann Leben retten: Sollten Urlauber unsicher sein, wie gefährlich eine Wanderung unter den gegebenen Umständen ist, sollten einfach Einheimische zurate gezogen werden. Die Menschen vor Ort kennen das Watt und seine Eigenheiten meist gut und können einschätzen, wie gefährlich eine Wanderung ist.
Behalten Sie die Zeit im Blick
Manchmal sind es jedoch keine äußeren Faktoren, die zur Gefahr werden, sondern schlicht die Vergesslichkeit: Das Watt kann faszinieren und im Nu sind einige Stunden vergangen. Genau das kann zur Gefahr werden. Deshalb lautet der Rat der Seenotretter: Planen Sie genügend Zeit für den Rückweg ein, die Flut ist schneller da, als es viele für möglich halten. Um genau zu wissen, wann Ebbe und Flut ihren Höhepunkt erreichen, ist ein Blick in den Gezeitenkalender (Tidenkalender) unabdingbar. Einen solchen mit Suchfunktion finden Sie hier.
Auch für viele Kinder ist das Wandern im nassen Schlamm ein Vergnügen. Zu jung sollten sie jedoch nicht sein, rät die DGzRS. Die Empfehlung: Mädchen und Jungen unter 6 Jahren sollten schlicht auf dem Festland bleiben, ab 8 Jahren seien Touren, aber nur kurze möglich.
Werden all diese Regeln befolgt, dürfte dem Wandervergnügen kaum etwas im Weg stehen. Und passiert doch mal etwas Unvorhergesehenes, dann sollten Ausflügler sich nicht scheuen, den Notruf zu wählen, rät der Ortsverband der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) in Bremerhaven. "Zögern Sie nicht und wählen Sie den Notruf 112!", so die Bitte.
Checkliste für die Wattwanderung
Trotz der Gefahren bleibt die Nordsee eines der beliebtesten Reiseziele der Deutschen: Jährlich zwischen 4 und 5,2 Millionen Urlauber zieht es nach Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Damit die Wattwanderung auch in guter Erinnerung bleibt, sollten Sie an folgende Gegenstände denken:
- Wattsocken ("Beachies"), alte Turnschuhe oder auch Gummistiefel (im Notfall, drohen im Schlick stecken zu bleiben)
- Smartphone
- Sonnenbrille
- Wasser und Snacks (um Unterzuckerung vorzubeugen)
- Sonnencreme
- Schnelltrocknende Shorts
- Wechselsachen
- Fotoapparat
- Fernglas
- seenotretter.de: Sicherheit beim Wattwandern: Regeln und Checkliste
- bremerhaven.dlrg.de: Gefahren an der Nordsee
- schutzstaion-wattenmeer.de: Wasserströmungen im Wattenmeer: Alles fließt
- nationalpark-wattenmeer.de: Führungen und Veranstaltungen
- nationalparkhaus-wattenmeer.de: Schuhwerk für Wattwanderungen - Was ist richtig?
- wattwandern.info: Tipps für Wattwanderer
- watthanse.de: 10 Dinge die ihr für eine Wattwanderung benötigt
- Eigene Recherche