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Hochwasser in Euskirchen/Bonn: Kleiner Bach wird zu "richtig krassem Strom"


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Schlamm und Zerstörung
Katastrophe in Euskirchen: "Ein richtig krasser Strom"


Aktualisiert am 16.07.2021Lesedauer: 3 Min.
Areas Canosa in Euskirchen. Seit 1998 arbeitet er hier, ein Hochwasser mit diesem Ausmaßen hat er noch nicht erlebt.Vergrößern des Bildes
Areas Canosa in Euskirchen. Seit 1998 arbeitet er hier, ein Hochwasser mit diesem Ausmaßen hat er noch nicht erlebt. (Quelle: Rebecca Welsch)
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Im Kreis Euskirchen sind bei dem verheerenden Hochwasser 24 Menschen ums Leben gekommen. Unsere Reporterin hat den zerstörten Ortskern der Stadt besucht – und mit Menschen gesprochen, die nicht mehr weiter wissen.

Wem es am Freitag gelang, den Stadtkern von Euskirchen bei Bonn zu erreichen, fand mehrere verwüstete Straßen vor. Nördlich vom Ruhrpark, dort, wo der Veybach und Mitbach ineinanderfließen, wurde Euskirchen ins Mark getroffen. Dort liegt auch das Altenheim Integra, das am Tag nach dem großen Hochwasser langsam damit beginnt, wieder auf die Beine zukommen.

Das Wasser ist weg, der Dreck bleibt. In den letzten Tagen hat sich das Hochwasser durch das Erdgeschoss des Seniorenheims gedrängt, hat Glasscheiben zerrissen, Möbel mit sich gezerrt. Eine Mitarbeiterin, der ihren Namen nicht nennen will, erzählt t-online: "Wir sind alle entsetzt. Die 80 Bewohner des Hauses haben wir nach oben im Haus evakuiert. Strom haben wir auch nicht mehr."

Aber die erste Rettung ist ja da: Hilfe bekommen die Senioren und ihre Helfer vom Deutschen Roten Kreuz, das Essen anliefert – die Feuerwehr unterstützt die Euskirchener Senioren mit Medikamenten und medizinischen Geräten. Auch die Nachbarschaft hilft aus: die Bäckerei um die Ecke bringt Brötchen.

Hochwasser-Krise in NRW: Verwüstete Straßen in Euskirchen

Und wie soll es weitergehen? Die Mitarbeiterin: "Wir haben keine Ahnung, wie das hier weitergehen sollen. Eigentlich müsste man evakuieren – aber wie soll das gehen? Das wissen wir nicht."

Auch der Nachbar kämpft noch mit den Schäden, die das Hochwasser hinterlassen hat. Wenige Meter entfernt wischt Areas Canosa mit einem Besen gerade den Dreck, den das Hochwasser vor sein Betten-Geschäft gespült hat, von der Straße. Seit 1998 hat er seinen Laden hier mitten in Euskirchen – aber einen solches Unwetter hat er hier noch nicht erlebt: "In meinem Laden stand das Wasser im Untergeschoss über einen Meter hoch, ich hab den ganzen Tag damit verbracht, die Matratzen auf die Straße zu schleppen."

Wenn Canosa die Straße erreicht, trifft er auf noch mehr Verwüstung: Die Straßen des Stadtkerns rund um den Bahnhof von Euskirchen sind braun gefärbt, Schlamm, Dreck und Hölzer kleben an den Hauswänden.

Canosa erinnert sich an den Donnerstagabend, als das Wasser kam: "Man kann sich das gar nicht vorstellen, wie das war: erst war es ein kleiner Bach, und plötzlich wurde es ein richtig krasser Strom – in ganz, ganz schneller Zeit." Die Stadt ist weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten: hin und wieder ist der Mobilfunk kurz erreichbar, meistens aber nicht.

24 Tote in Euskirchen

Am Mittag blieb die Situation an der Steinbachtalsperre, die am Donnerstag zu brechen droht, angespannt. "Die Lage ist stabil, aber nicht unkritisch", teilte der Kreis am Freitagvormittag mit. Der Pegelstand habe sich über Nacht bis zum Einsetzen des Regens um etwa zwei Zentimeter abgesenkt und danach gehalten werden können.

Die Evakuierung der gefährdeten Gebiete sei vollständig abgeschlossen, teilte der Kreis weiter mit. "Wie lange die Situation anhält, lässt sich zur Zeit nicht sagen." Die Polizei Köln meldete zwischenzeitlich 24 Tote im Zusammenhang mit dem Hochwasser im Kreis Euskirchen.

Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch Rohrbrüche und Starkregen Keime ins Trinkwassernetz gelangt sind. Daher rät der Kreis Euskirchen dazu, das Trinkwasser abzukochen und nicht direkt aus dem Hahn zu trinken. Ab dem Abend könne es zudem in einigen Ortschaften zu verfärbtem Wasser kommen, da das Wasserwerk in Satzvey in Betrieb genommen werde.

Gerüchte in Euskirchen: Sorge um Steinbachtalsperre

Die Angst vor einem Übertreten der Steinbachtalsperre beschäftigt viele Euskirchener. Wird es noch schlimmer? Es fehlt an Informationen, die Leute müssen im Dreck ausharren. Die Verunsicherung ist groß, in der Stadt kursieren auch Falschinformationen. Wenn man der Verwüstung folgt, kommt man in die Wilhelmstraße.

Dort besitzt Franz Schäfer ein Haus: "Ich bin stocksauer, ich hab schon vor Wochen an die Stadt geschrieben, dass die Stadt ihre Abwasserversorgung nicht in Ordnung ist." Schäfer steht in den Trümmern von Euskirchen, er ist sich sicher, dass die Abwasserversorgung der Stadt eine Rolle bei der Hochwasserkrise der letzten Tage gespielt hat.

In der Wilhelmstraße sollen am Donnerstag Autos an den Häusern vorbeigeschwommen sein, berichten Anwohner. Die Spurten der Verwüstung durch das Hochwasser sind auch an diesem Freitag noch gut zu sehen. Verlässt man den Stadtkern, ändert sich das Bild.

Hier ist Euskirchen wie es früher war – keine Unwetterschäden, heiles Rheinland. In den nächsten Tagen werden die Aufräumarbeiten weitergehen. Noch sind mehrere Menschen vermisst.

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen vor Ort
  • Mit Material der Nachrichtenagentur DPA
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