Berlin Ausstellung "Why Are You Angry?": Neuer Blick auf Gauguin
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Südsee, Paradies, satte Farben, schöne Menschen - die Bilder des französischen Malers Paul Gauguin (1848-1903) sind bekannt für solche klischeehaften Träume aus europäischem Blickwinkel. Die Ausstellung "Paul Gauguin - Why Are You Angry?" in der Alten Nationalgalerie will einen kritischen Blick vor den aktuellen Debatten um Kolonialismus, Sexismus und Rassismus auf die berühmten Arbeiten werfen. Dazu dienen auch Werke von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern, die an Gauguin anknüpfen. Die Ausstellung in Kooperation mit der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen ist von Samstag an bis zum 10. Juli in Berlin zu sehen.
Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf die gleichnamige Videoarbeit "Why Are You Angry?" von Rosalind Nashashibi und Lucy Skaer. Die beiden britischen Künstlerinnen greifen damit nicht nur Gauguins Gemälde "No te aha oe riri" (Warum bist du böse?) von 1896 auf, für das die minderjährige Frau des Künstlers Modell war, sondern treten mit dem medialen Blick auf tahitianische Frauen und Eindrücke aus ihrem Leben auch in seine kolonialen Fußstapfen.
Gauguin versuchte aus Sicht von Ralph Gleis, Leiter der Alten Nationalgalerie, mit "bemerkenswerter Radikalität" seinen Traum eines Lebens jenseits bürgerlicher Vorstellungen in einer "steten Suche nach Ursprünglichem" außerhalb der europäischen Gesellschaft umzusetzen. In der Konsequenz nannte sich Gauguin etwa selbst einen "Wilden".
Seine Bilder zeigen ein Tahiti seiner Träume, das kaum etwa mit den Realitäten gemein hatte. Für Gleis scheitert Gauguin an der Idee, die er selbst aufgestellt hat.
Die Ausstellung ist keine Retrospektive des Werks von Gauguin, sondern will einen fokussierten Blick werfen auf den weißen Kolonialisten und seine eigenen Widersprüche. Die aktuellen Debatten um den Umgang mit kolonialem Erbe können dabei für Gleis nicht ausgeblendet werden. Es liege in der Verantwortung des Museen, diesen Kontext herzustellen.
Einen ähnlichen Ansatz hatte zuletzt das Berliner Brücke-Museum mit der gerade beendeten Ausstellung "Whose Expression? Die Künstler der Brücke im kolonialen Kontext", die sich unter anderem mit Objekten kolonialen Ursprungs in vielen Werken der Künstlergruppe Brücke (1905-1913) auseinandersetzte.