Berlin Parzinger: Rückgaben ein Modell für Zirkulation von Kunst
Von der Rückübertragung von Eigentum bei den als koloniales Raubgut geltenden Benin-Bronzen verspricht sich der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, Auswirkungen auf neue internationale Zusammenarbeit. "Wir haben mit der nigerianischen Seite vereinbart, dass weiterhin Kunst aus Benin in Berlin und in anderen deutschen Museen gezeigt werden kann", sagte Parzinger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das eine schließe das andere nicht aus.
"Dies wäre dann auch ein zukunftsfähiges Modell einerseits für die Aufarbeitung von kolonialem Unrecht sowie andererseits für ein neues Miteinander, das weiterhin die Zirkulation von Weltkunst ermöglichen soll." Was immer gezeigt werden von den Benin-Bronzen, es werde mit der nigerianischen Seite abgestimmt sein.
Etwa 1100 der kunstvollen Bronzen aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.
Auch im Berliner Humboldt Forum sollen sie vom Ethnologischen Museum ausgestellt werden. Das zur Stiftung zählende Museum verfügt über rund 500 historische Objekte aus dem Königreich Benin, darunter etwa 400 Bronzen. Ziel der Bundesregierung sind auch substanzielle Rückgaben in diesem Jahr, zunächst aus den fünf größten Beständen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth will alle deutschen Museen mit solchen Objekten im Januar zusammenbringen.
"Die Gespräche um die Benin-Bronzen haben in den vergangenen Monaten eine neue Intensität gewonnen, und zwar nicht nur unter den Fachleuten, sondern auch im Schulterschluss mit den politisch Verantwortlichen", sagte Parzinger, der selbst an den Verhandlungen beteiligt ist. "Wir haben die Bereitschaft zur Rückübertragung von Eigentum bekräftigt."
Hamburg habe dies bereits öffentlich gemacht, den Weg könne er sich ausdrücklich auch für die Stiftung in Berlin vorstellen. Die endgültige Entscheidung habe der Stiftungsrat mit Bund und Ländern zu treffen. "Inwieweit dies so auch für andere deutsche Museen gelten kann, ist in jedem Einzelfall von den dort Verantwortlichen zu entscheiden", sagte Parzinger mit Blick auf unterschiedliche Träger.
Die Entwicklung soll in die Ausstellung im Humboldt Forum einfließen. "Bei der Präsentation werden wir auch von dieser Restitution erzählen. Sie ist dann Teil der langen Geschichte dieser Objekte und der Kultur des Königreichs Benin." Was zurückgehen werde und welche Objekte als Leihgaben gezeigt werden könnten, werde im Detail zu besprechen sein. "Wir möchten gerne solche Objekte bei uns zeigen, die einen repräsentativen Querschnitt durch die Kunst von Benin ergeben."
Parzinger regte eine internationale Vereinbarung an. "Frankreich hat Objekte zurückgegeben, wir sind auf dem Wege dazu, auch bei anderen europäischen Staaten gibt es Bereitschaft zu Rückgaben", sagte er. "Aufgrund dieser Entwicklungen wäre es an der Zeit, dass sich die europäischen Staaten zusammen mit den Herkunftsländern einmal grundsätzlicher zur Frage des Umgangs mit Kulturgütern aus kolonialen Kontexten verständigen und eine gemeinsame Grundhaltung entwickeln, wie es mit den Washingtoner Prinzipien vor über 20 Jahren ja auch im Umgang mit NS-Raubkunst gelungen ist."
Die französische EU-Präsidentschaft im kommenden Jahr wäre aus Sicht Parzingers eine Gelegenheit dafür. "Dabei geht es nicht nur um die Rückgabe bei eindeutigen Unrechtskontexten. Faire und gerechte Lösungen könnten in Ausnahmefällen auch Objekte ohne nachweisbaren Unrechtskontext betreffen, wenn sie für die Identität von Herkunftsgesellschaften besondere Bedeutung haben." Das müsse gemeinsam erarbeitet werden.