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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Unbegrenzter Genuss oder überzogene Preise? Das bietet der All-inclusive-Weihnachtsmarkt in Berlin
Essen und Trinken, so viel man will: Doch an der "Weihnachtsmarkt-Flatrate" gibt es auch Kritik. Was der Markt wirklich bietet und wie Besucher ihn bewerten, hat t-online vor Ort getestet.
Schon aus der Ferne erklingen Weihnachtshits wie "Do They Know It's Christmas?" und es duftet würzig nach Glühwein. Bis hierhin unterscheidet sich dieser Markt nicht von anderen. Doch bereits an der Pforte zeigt sich der erste Unterschied zu herkömmlichen Märkten. Auf alle wartet eine Einlasskontrolle – wer ein günstigeres Ticket gekauft hat, muss sogar noch länger warten.
Das günstigste Ticket kostet rund 30 Euro, das neu eingeführte VIP-Ticket 65 Euro. Dabei unterscheiden sich die Preise auch nach Wochentag und Uhrzeit. Je nach Ticketkategorie bilden sich separate Schlangen.
An diesem Tag ist der Andrang also überschaubar – es ist allerdings auch erst 17 Uhr. Der Weg zum ersten Glühweinstand ist kurz. Dadurch, dass man den Geldbeutel schon davor gezückt haben muss, entsteht der trügende Eindruck, alles sei kostenlos: Man bestellt einfach, ohne das Portemonnaie zu zücken. Wer möchte, erhält für einen kleinen Aufpreis einen extra Schuss.
Je weiter es auf den Markt geht, desto eher schleicht sich ein weihnachtliches Gefühl ein. Neben der überraschend hohen Anzahl an Ständen tummeln sich mehrere Hundert Besucher unter kleinen, mit Lichtern dekorierten Häuschen. Der Markt füllt sich, gegen 20 Uhr scheint der Höhepunkt erreicht zu sein. Immer wieder ertönen Rufe von Spielen wie "Hau-den-Lukas".
Linus (22) ist begeistert: "Es ist irgendwie befreiend, davor schon alles bezahlt zu haben", sagt er, noch etwas außer Atem. Linus und seine Freunde sind seit zwei Stunden da und haben beim Glühwein und der Kulinarik schon zugelangt. "Ich gehe nach Hause mit einem vollen Bauch und einem Schwips."
Neben Käsespätzle werden an den Essensständen unter anderem auch Flammlachs-Baguettes, Pulled Pork Burger und veganer Leberkäse angeboten. Klassische Weihnachtmarktsüßigkeiten wie gebrannte Mandeln sind ebenfalls dabei.
"Es ist eine faire Sache"
Alexander (48) trifft sich hier mit langjährigen Freunden "zum betreuten Trinken". Das Konzept gefällt ihm, es lade zum Wiederkommen ein. "Es ist eine faire Sache, wir kommen immer gerne hierher", sagt er. Auch auf normalen Märkten komme man schnell auf die Ticketkosten. Zudem stimme die Atmosphäre.
Ein paar Meter weiter genießen Meike (51) und ihr Mann im VIP-Zelt die extra Sitzplätze. Den Aufpreis finden sie gerechtfertigt. "Für uns lohnt sich das auf jeden Fall", sagt Meike, während sie am Waffelstand ansteht. Das Ehepaar ist eigens aus dem Berliner Speckgürtel angereist und will die vollen fünf Stunden bleiben. "Dafür wollten wir es wärmer haben", erzählt sie. Anstellen müssen sie sich trotzdem. "Das geht erstaunlicherweise aber immer sehr schnell", sagt die 51-Jährige.
Anwohner kritisieren Exklusivität und Sperrung
Doch nicht alle Menschen sind von dem Konzept begeistert. In der vergangenen Woche demonstrierten nach Angaben der "Berliner Morgenpost" rund zehn Anwohner vor dem Weihnachtsmarkt. Ihre Kritik: Der Markt mache einen ansonsten öffentlichen Platz zur "exklusiven Luxusbühne", teilte die Anwohnerinitiative in einem Instagram-Beitrag mit. Die Demonstration lief unter dem Motto "Gegen teure Weihnachtsmärkte und die Sperrung ansonsten öffentlicher Flächen".
Die Betreiber wollten am vergangenen Donnerstag mit den Demonstranten in Dialog treten, teilte Fabian Lau, Geschäftsführer der Spreespeicher GmbH, t-online mit. Die Kritik an den Preisen verstehe er nicht. In den vergangenen Jahren habe es sehr viele positive Medienberichte gegeben, "die eigentlich genau das positive Preis-Leistungs-Verhältnis des Angebotes zu Zeiten steigender Inflation hervorgehoben haben".
Nach weiteren zwei Glühweinen und einer Waffel zum Abschluss wird der Markt langsam leerer. Lachend und leicht durchgefroren drücken sich die meisten Besucher Richtung Ausgang. Noch bis zum 30. Dezember ist der Markt geöffnet, am 24. und 25. Dezember bleibt er geschlossen.
- Reporter vor Ort
- Instagrambeitrag der Anwohnerinitiative vom 03.12.2024