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Berlin: Kai Wegners Zaun um den Görlitzer Park wird nichts bringen


Zaun am Görlitzer Park
Nicht noch ein Wanderzirkus!

MeinungVon Malte Bollmeier

Aktualisiert am 02.08.2024Lesedauer: 3 Min.
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Kai WegnerVergrößern des Bildes
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ärgert sich über die rechtlichen Schritte gegen seine Zaunbaupläne. (Quelle: Monika Skolimowska/dpa/dpa-bilder)

Der Berliner Senat zeigt sich lernresistent: Nachdem Repression gegen die Drogenszene im Görlitzer Park nicht geholfen hat, ist die neue Lösung: noch mehr Repression. Warum der Zaun nichts bringen wird.

Der Plan von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und seinem Senat klingt so schön einfach: Um der Drogenszene und der zugehörigen Kriminalität im Görlitzer Park Herr zu werden, baue man einen Zaun drumherum, stelle ein paar Sicherheitsleute ein und schließe den Park nachts ab. Das entziehe den Kriminellen ihren Standort und gebe den Berlinern einen sicheren Park zurück.

Aber: Nichts davon wird passieren. Die Drogenszene wird lediglich weiterwandern, womöglich in die Kieze rings um den Park. Wegner und der Senat verkaufen etwas als Lösung, was keine ist – und handeln wider besseres Wissen. Denn Berlin hat Erfahrung damit, was passiert, wenn eine Stadt Druck ausübt auf eine Drogenszene, also auf die Dealer und ihre Kunden:

  • 2019 beobachteten Sozialarbeiter, wie sich nach Druck der Polizei die Drogenszenen am Alexanderplatz und am Görlitzer Park verlagerten, heißt es in der "Berliner Morgenpost". Die Dealer hätten ihre Waren stattdessen am Stadtrand unter das Volk gebracht, etwa im Kosmosviertel.
  • Ähnliches sei am Leopoldplatz im Wedding zu beobachten, berichtete im April dieses Jahres die "Berliner Zeitung". Seitdem die Polizei den früheren Aufenthaltsbereich der Drogenkonsumenten stärker kontrolliert, verteilten sich die Süchtigen einfach über den ganzen Platz.

Ein Platzverbot kuriert keine Suchtkranken

Eine Drogenszene verhält sich folglich unter Druck wie ein Wanderzirkus: Für eine Weile bleibt sie an einem Ort, erregt dort eine Menge Aufsehen und Krach, muss aber irgendwann weiterziehen. Am neuen Standort geht dann alles wieder von vorn los, irgendwo muss der Zirkus ja bleiben.

Ein Platzverbot kuriert – Überraschung – weder Suchtkranke, die zu heilen selbst erfahrenen Psychotherapeuten häufig misslingt, noch kann es die Dealerei stoppen, die einfach viel zu lukrativ ist.

Wegner ignoriert die Meinung von Experten

Wenn Wegner trotzdem am Zaun festhält, ignoriert er zudem die Meinung von Experten wie Astrid Leicht, der Chefin von Fixpunkt, einem Berliner Verein für vorurteilsfreie Drogenhilfe. Sie arbeitet seit 30 Jahren mit Drogensüchtigen und sagte der "Berliner Morgenpost", dass sie sich nicht vorstellen könne, wie der Zaun die Lage am Görlitzer Park verbessern soll.

Eine zielgerichtete Polizeipräsenz vermeide zwar einerseits Gewalteskalationen. "Andererseits führt diese oft dazu, dass Drogenverkäufer woanders hingehen und der Drogenmarkt sich professionalisiert", sagte sie.

"Ich erwarte, dass der Handel sich durch den Zaun auf den Wohnbereich im Wrangelkiez und noch mehr in den Reiche-Kiez verlagern wird und Drogensüchtige in Hauseingängen konsumieren und schlafen werden." Der Zaun würde also genau den Menschen schaden, denen er eigentlich helfen soll: den Anwohnern. Folgerichtig sind auch 200 von ihnen dagegen auf die Straße gegangen.

Der Görlitzer Park ist das kleinste Übel

Zwar sieht Wegners Maßnahmenpaket gegen Drogenkriminalität auch viel Geld für soziale Arbeit, Therapie und neue Räume für den Drogenkonsum vor. Aber die 1,2 Millionen Euro, um den Görli einzufrieden, und die 800.000 Euro jährlich für Sicherheitspersonal wären besser in mehr Sozialarbeit und Therapieangeboten aufgehoben.

Natürlich ist trotzdem zu hoffen, dass die Maßnahmen helfen. Ob und wie schnell das tatsächlich passiert, ist aber unklar. Und bis eines Tages mal irgendein Konzept greift, ist der Görlitzer Park ohne Zaun sicherlich nicht der ideale Platz, aber immer noch das kleinste Übel.

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