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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sicherheit am Flughafen Wie gefährlich war die Klimablockade am BER?
Ein Luftfahrtsachverständiger gibt Einschätzungen zur BER-Blockade der "Letzten Generation" ab. Den Aktivisten drohen seiner Einschätzung nach hohe Strafen.
Nach der Blockade des Flughafen BER durch Klimaaktivisten ist die Aufregung groß. Aus der Politik werden Forderungen nach harten Konsequenzen laut. Aber wie gefährlich war die Aktion für Fluggäste und Passagiere? Und was droht den Klimaaktivisten jetzt?
"Die Flugsicherheit ist durch solch eine Aktion nicht gefährdet. Auf solche Störungen ist die Luftfahrt in allen Bereichen vorbereitet und hat einen Plan B oder C, kann Flugzeuge etwa umleiten", sagt Frank Dörner zu t-online. Der Rechtsanwalt betreibt eine Kanzlei für Luftrecht in Bayern. Außerdem ist er Luftfahrtsachverständiger und besitzt Pilotenlizenzen. Flugzeuge könnten ihre Flugroute innerhalb kürzester Zeit ändern, sagt Dörner. "Sie haben auch genug Sprit an Bord, um zu einem alternativen Flugplatz zu gelangen und dort sicher zu landen."
- Klimaproteste am BER: So reagieren die Fluggäste
Gesetzlich sei vorgeschrieben, dass jede Passagiermaschine mindestens Sprit für eine weitere halbe Stunde an Bord hat. "In einer halben Stunde erreicht man in einem Umkreis von 300 Kilometern viele Ausweichflughäfen. Viele Airlines nehmen zudem meist noch mehr Sprit mit", so der Sachverständige.
Experte erstaunt über spätes Eintreffen der Sicherheitskräfte
Allerdings wurde durch die Aktion der "Letzten Generation" die Luftsicherheit, also der Schutz vor äußeren Einwirkungen, verletzt: "Hier sind Menschen in die Infrastruktur des Flughafens eingedrungen."
Und das recht unbemerkt. "Ich bin erstaunt, dass sie auf das Gelände gelangen konnten und dass die Sicherheitskräfte erst zehn Minuten später eingetroffen sind", sagt Dörner. "Das ist eine lange Zeit." Das werfe die Frage auf, wie verlässlich und nahtlos die Überwachung dieses Sicherheitsbereichs des Flughafens ist. Auch, weil es den Aktivisten recht einfach gelungen sei, einzudringen. "Wer da unbemerkt reinkommt, könnte ja auch ganz andere Dinge anstellen, als sich 'nur' festzukleben."
Der Flughafen ist mit hohen Zäunen, Überwachungskameras und weiteren Sicherheitssystemen gesichert. Die Bewachung des Zauns erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort, so der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft.
Aktivisten drohen lange Haftstrafen
Für die Klimaaktivisten wird die Aktion am Flughafen BER Konsequenzen haben. "Sie werden dem Staatsanwalt vorgeführt werden wegen gefährlichem Eingriff in den Luftverkehr", sagt Rechtsanwalt Dörner. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf oder zehn Jahren sei ihm zufolge möglich. Und auch mit Schadenersatzansprüchen müssten sie rechnen.
"Es ist zu erheblichen Verzögerungen und Aufwendungen gekommen. Da werden sicherlich einige Firmen Ansprüche stellen", so der Experte. Fünf Starts mussten nach Angaben des Flughafens gestrichen werden. Davon waren dem Flughafen zufolge 750 Passagiere betroffen. 15 geplante Landungen wurden auf andere Flughäfen umgeleitet.
Passagiere werden ihre Fluggastrechte aber vermutlich nicht geltend machen können, da die Verspätungen nicht auf das Verschulden der Fluggesellschaften zurückzuführen sind. "Allerdings werden sie vielleicht darüber nachdenken, sich selbst an die Aktivisten zu wenden, wenn ihnen echte Schäden entstanden sind", sagt Dörner. Aussicht auf Erfolg bestehe, wenn sie einen Zusammenhang zwischen dem Eingriff durch die Aktivisten und dem Schaden darstellen können.
- Telefonat mit Rechtsanwalt Frank Dörner
- Anfrage beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft