Corona-Pandemie Kinderärzte: Stiko-Empfehlung angemessen
Berlin (dpa) - Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte findet die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) zur Impfung von Kindern angemessen.
Die Stiko empfehle Impfungen für Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen und die Möglichkeit zur Impfung auch für gesunde Kinder, sagte der Pressesprecher des Verbandes, Jakob Maske, der Deutschen Presse Agentur. "Wir sehen natürlich den Druck für die Eltern, jetzt eine Entscheidung zu treffen". Mit der Öffnungsklausel der Stiko hätten aber immerhin alle Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder impfen zu lassen. Bei dem am Donnerstag veröffentlichten Stiko-Papier handelt sich noch nicht um eine finale Entscheidung, es läuft wie üblich nun noch ein Abstimmungsverfahren mit Fachgesellschaften und Ländern.
Die Stiko hatte darin eine Impfung von Kindern von fünf bis elf Jahren empfohlen, die Risikofaktoren für einen schweren Covid-19 Verlauf oder Angehörigen mit hohem Risiko haben. Außerdem können Eltern nach individueller Aufklärung auch ihre gesunden Kinder impfen lassen. Wenn es etwa im Umfeld der Familie chronisch Kranke gäbe, sei das ein guter Grund, die Kinder impfen zu lassen, sagte Maske. Für Besuche bei Großeltern, die vollständig geimpft und geboostert seien, sieht Maske hingegen keine zwingende Notwendigkeit einer Impfung.
Er betonte, dass die Daten noch nicht ausreichten, um mögliche seltene Nebenwirkung der Impfung zu erkennen. Zudem erkrankten jüngere Kinder selbst nur sehr selten schwer. "Bei so geringer Krankheitslast haben wir keine Eile mit dem Impfen." Momentan sei der Beratungsbedarf in den Praxen groß, grundsätzlich seien die Kinderärzte gut auf den Beginn der Impfungen bei jüngeren Kindern vorbereitet. "Wir würden es begrüßen, wenn die Impfungen auch tatsächlich in den Kinderarztpraxen erfolgen würden", sagt Maske mit Blick auf die Pläne der Politik, auch Apotheker oder Zahnärzte in die Impfkampagne einzubinden. "Wir haben eine Menge Ärzte, die dafür bereitstehen."
Verbreitete Kritik auch aus der Politik, die Stiko entscheide zu langsam, teilen die Kinderärzte nach Ansicht von Maske nicht. "Wir sind froh, dass die Stiko freie ärztliche Entscheidungen trifft und keine politischen."
Lauterbach will Stiko besser ausstatten
Die Unabhängigkeit der Kommission betont auch der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. "Auch wenn jetzt ein Wissenschaftler im Ministerium ist, kann die Stiko trotzdem komplett ohne jeden Einfluss und Druck vonseiten des Ministeriums agieren", sagte er im Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Über die Geschwindigkeit der Stiko werde man aber Gespräche führen müssen. "Das muss schneller gehen." Die Stiko brauche mehr Personal. "Und ich werde dafür sorgen, dass sie es bekommt."
Zustimmung zu der Stiko-Empfehlung kam auch von Seiten der Ärzteverbände. "Aus ärztlicher Sicht ist die Stiko-Empfehlung in Ordnung", sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, dem Nachrichtenportal "Business Insider". "So stellt die Stiko klar, dass es durch eine Impfung einen individuellen Nutzen für Kinder mit Vorerkrankungen gibt." Einen indirekten Nutzen gäbe es, wenn Kinder in Familien mit vulnerablen Familienmitgliedern lebten.
Stiko-Chef bedauert Aussage zur Kinderimpfung
Unterdessen räumte der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, ein, mit seiner persönlichen Aussage zur Ablehnung einer Kinderimpfung gegen Corona einen Fehler gemacht zu haben.Mertens hatte in einem Podcast der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Anfang Dezembererklärt, wenn er ein sieben- oder achtjähriges Kind hätte, würde er es "wahrscheinlich jetzt nicht impfen lassen".
Dem Nachrichtensender Welt sagte Mertens am Freitag: "Die Entscheidung über die Impfung ist wirklich eine sehr persönliche Sache, und das reflektiert sich ja auch in unserer derzeitigen Impfempfehlung. Es war damals wahrscheinlich der einzige Fehler, den ich gemacht habe, dass ich überhaupt etwas Persönliches gesagt habe."
Es gebe wissenschaftlich fundierte Gründe, warum die Stiko keine allgemeine Impfempfehlung für Kinder von fünf bis elf Jahren herausgegeben habe, sondern nur für vorerkrankte Kinder. Es gebe nicht genug Daten über die Sicherheit der Impfstoffe für Kinder, so Mertens. Auch der Blick in die USA helfe da nicht weiter. Dort seien zwar viele Kinder geimpft worden, nötig seien aber Daten darüber, was aus diesen Kindern geworden ist. Diese lägen derzeit nicht vor.