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Ukraine-Krieg | Die Nacht im Überblick – Blinken: "Habe den Kreml gedrängt"


Die Nacht im Überblick
Blinken: "Ich habe den Kreml gedrängt, den Vorschlag zu akzeptieren"

Von dpa
Aktualisiert am 30.07.2022Lesedauer: 4 Min.
Antony Blinken und Sergej Lawrow sind im Krisenmodus.Vergrößern des Bildes
Antony Blinken und Sergej Lawrow (Archivbild): Monatelang herrschte Funkstille zwischen den Außenministern. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Außenminister aus Russland und den USA haben miteinander telefoniert. Der ukrainische Präsident wirft Moskau weitere Kriegsverbrechen vor. Ein Überblick.

Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben US-Außenminister Antony Blinken und sein Moskauer Kollege Sergej Lawrow Kontakt aufgenommen. Die beiden Chefdiplomaten telefonierten am Freitag auf Initiative der US-Seite, während die Ukraine Russland einmal mehr Kriegsverbrechen vorwarf. Bei einem Angriff auf ein Lager mit ukrainischen Kriegsgefangenen starben mehr als 50 Menschen. Kiew gab Moskau die Schuld und sprach von "staatlichem Terrorismus". Russland wiederum beschuldigte die Ukraine, das Gefängnis mit einem Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars beschossen zu haben.

US-Chefdiplomat Blinken ging in dem Gespräch mit Lawrow auch auf den Krieg ein. Er habe Lawrow deutlich gesagt, dass die USA russische Pläne, weiteres Territorium der Ukraine zu annektieren, nicht akzeptieren würden. "Die Welt wird Annexionen nicht anerkennen. Wir werden Russland weitere erhebliche Kosten auferlegen, wenn es mit seinen Plänen fortfährt", sagte Blinken. "Und wie immer sind wir bereit, mit der Ukraine und anderen zusammenzuarbeiten, um alle sinnvollen diplomatischen Bemühungen zur Beendigung des Krieges zu unterstützen – um die Aggression zu beenden", so Blinken weiter.

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Nach Angaben des russischen Außenministeriums informierte Lawrow Blinken über den Gang der "militärischen Spezialoperation" in der Ukraine – so wird der Krieg in Russland genannt. Der russische Chefdiplomat habe betont, dass alle Ziele in dem Land erreicht würden. Zugleich beklagte er demnach, dass die von den USA und anderen Nato-Staaten gelieferten Waffen gegen die friedliche Bevölkerung eingesetzt würden. Der Konflikt würde dadurch nur in die Länge gezogen und die Zahl der Opfer erhöht.

Blinken spricht mit Lawrow über Austausch von Inhaftierten

Es habe am Freitagmorgen (Ortszeit) ein "offenes und direktes Gespräch" über ein Angebot zur Freilassung der in Russland inhaftierten US-Basketballerin Brittney Griner und des amerikanischen Staatsbürgers Paul Whelan gegeben, sagte Blinken in Washington. "Ich habe den Kreml gedrängt, den substanziellen Vorschlag zu akzeptieren, den wir (...) gemacht haben."

Was den möglichen Austausch von russischen und US-amerikanischen Gefangenen angehe, sei der Übergang zu einem professionellen Dialog der "ruhigen Diplomatie" ohne Spekulationen vorgeschlagen worden, sagte Lawrow einer Mitteilung seines Ministeriums zufolge.

Die Basketballerin Griner muss sich in Russland wegen Drogenbesitzes vor Gericht verantworten. Whelan, der mehrere Staatsbürgerschaften hat, war im Dezember 2018 in Russland verhaftet und wegen des Vorwurfs der Spionage zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Blinken hatte am Mittwoch überraschend erklärt, Russland ein Angebot zur Freilassung der beiden gemacht zu haben und ein Gespräch mit Lawrow angekündigt. Die beiden hatten zuletzt vor Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar miteinander Kontakt. Blinken sagte, um die Freilassung Griners und Whelans zu erreichen, liege bereits seit Wochen ein Angebot auf dem Tisch.

Die US-Regierung gab bisher keine Details zu dem Angebot an Russland bekannt. In US-Medien wurde aber über einen Gefangenaustausch spekuliert. Demnach soll ein Austausch mit dem in den USA inhaftierten russischen Waffenhändler Viktor But (Englisch: Bout) Teil des vorgeschlagenen Deals sein. Bereits im April hatten die USA und Russland inmitten des Ukraine-Krieges überraschend Gefangene ausgetauscht.

Ukraine wirft Russland neues Kriegsverbrechen vor

Überschattet wurde das Telefonat vom Tod Dutzender Kriegsgefangener in einem Lager im Gebiet Donezk, die dort bei einem Angriff ums Leben kamen. "Dies ist eine weitere Bestätigung, dass Russland ein Terrorstaat ist", erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitagabend in einer Mitteilung in seinem Telegram-Kanal. Es handle sich um ein "absichtliches Kriegsverbrechen", für das es "Vergeltung" geben werde, sagte er später in seiner abendlichen Videobotschaft.

"Es gibt ausreichend Beweise, dass dies ein geplantes Verbrechen war." Mehr als 50 ukrainische Verteidiger seien auf zynische Weise ermordet worden. Selenskyj sprach von einem "Terroranschlag, der von russischen unmenschlichen Monstern in Oleniwka" verübt worden sei. "Die Vereinten Nationen (UN) und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die das Leben und die Gesundheit unserer Kriegsgefangenen garantieren sollten, müssen umgehend reagieren", forderte der Staatschef. Er bekräftigte Forderungen, Russland als "Terrorstaat" einzustufen. Das Land sei heute die "größte Quelle von Terrorismus" in der Welt.

Die UN müssten das Verbrechen aufklären, das IKRK müsse sich um die Lage der übrigen Gefangenen kümmern, sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Es gab viele Verletzte. Russland hat nach eigenen Angaben Tausende ukrainische Kriegsgefangene. Medien zeigten Bilder von einem ausgebrannten Schlafsaal mit Leichen. Vor dem Gebäude mit Einschlaglöchern lagen mit Planen abgedeckte Körper.

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow verglich die Tat von Oleniwka mit dem Massaker sowjetischer Soldaten in Katyn, die dort im Zweiten Weltkrieg 1940 Tausende polnische Gefangene erschossen und in Massengräbern verscharrten. Russland sei ein Terrorstaat, der auf dem Schlachtfeld besiegt werden müsse, schrieb er auf Twitter.

Ex-US-General Petraeus: Ukraine kann Gebiete von Russen zurückerobern

Der ehemalige US-General David Petraeus hält es für möglich, dass die Ukraine im Angriffskrieg von Russland eingenommene Gebiete zurückgewinnen kann. "In der Tat scheint es immer wahrscheinlicher, dass die ukrainischen Streitkräfte einen Großteil, wenn nicht sogar alle Gebiete zurückerobern könnten, die in den letzten Monaten von den russischen Streitkräften eingenommen wurden", sagt er der "Bild" (Samstag).

"Wenn die Nato und andere westliche Staaten weiterhin Ressourcen im derzeitigen Tempo bereitstellen", seien die ukrainischen Streitkräfte seines Erachtens in der Lage, "weitere russische Vorstöße zu stoppen und damit (zu) beginnen, die seit dem 24. Februar von den Russen eroberten Gebiete zurückzuerobern", so Petraeus.

Was am Samstag wichtig wird

Erwartet wird nach einem Besuch Selenskyjs in der Hafenstadt Odessa, dass der lange Zeit behinderte Export von Millionen Tonnen Getreide mit Schiffen über das Schwarze Meer beginnt. Der Staatschef hatte angekündigt, dass das erste Schiff bald starten solle.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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