Geheimnisvolle Papyrusrollen High-Tech-Apparat macht verkohlte Schriften lesbar
Rund 2.000 Jahre alt sind die schwarz verkohlten Papyrusrollen – und für die Wissenschaft sind sie ein echter Schatz. Es gibt nur ein Problem: Niemand kann sie lesen. Nun wollen Wissenschaftler ihr Rätsel lüften.
Mit Hilfe eines Teilchenbeschleunigers wollen Forscher die Schrift auf verkohlten Papyrusrollen wiederherstellen. Die Schrifstücke sind rund 2000 Jahre. Sie sind allerdings so demoliert, dass sie sich nicht mehr entziffern lassen.
"Normalerweise stellt man sich vor, dass man eine Schriftrolle einfach aufrollen und lesen kann", sagt Brent Seales, Experte für alte Schriftstücke von der University of Kentucky. "Aber diese Rollen nicht. Sie sind verkohlt und dadurch so spröde, dass sie beim Versuch, sie aufzubiegen, völlig zerstört würden."
Deshalb ist der Professor in die britische Kleinstadt Didcot, 20 Kilometer südlich von Oxford, gereist. Dort steht der Teilchenbeschleuniger Diamond Light Source. Er erzeugt Licht, das zehn Milliarden Mal heller ist als die Sonne. Die Wissenschaftler nutzen ihn wie ein Supermikroskop, mit dem sie beispielsweise Fossilien oder Viren untersuchen – und nun die verkohlten Papyrusrollen.
"Wenn die Strahlen durch das Untersuchungsstück gehen, erhalten wir ein Bild, das wir auf keine andere Weise bekommen könnten", erklärt Seales. Die Wissenschaftler scannen die Rollen von allen Seiten und wollen so mit Hilfe von Computern die Schrift rekonstruieren.
Die Schriften stammen aus einer berühmten Bibliothek
Die Rollen wurden Mitte des 18. Jahrhunderts bei Ausgrabungen in der antiken Stadt Herculaneum am Golf von Neapel entdeckt. Der Ausbruch des Vesuv 79 nach Christus begrub Herculaneum unter einer dicken Ascheschicht – auch die Bibliothek mit 1800 Schriftrollen, die der Familie von Julius Cäsar gehört haben soll.
Im Jahr 1802 schenkte der König von Neapel sechs der verkohlten Rollen Napoleon Bonaparte. Der übergab sie der Bibliothek des Institut de France in Paris mit dem Auftrag, sie zu entschlüsseln. Doch alle Versuche scheiterten.
Ein Forscher entdeckte griechische Buchstaben
1986 unternahmen Wissenschaftler einen neuen Anlauf und zerlegten eine Rolle in viele kleine Teile. "Es war sehr schwer, sie zu lesen", sagt Yoann Brault, einer der Forscher. Auch hätten sie nicht herausfinden können, welche Tinte verwendet worden sei. 2014 untersuchte dann Daniel Delattre die Rollen mit Röntgenstrahlen und konnte griechische Buchstaben erkennen, die möglicherweise aus der Feder des Philosophen Philodemos von Gadara stammten.
Nur wenige solcher Texte seien erhalten, "deshalb sind diese Rollen so wichtig", sagt Michael Zink von der Französischen Akademie der Inschriften und Literatur. "Wir hoffen, dass wir eines Tages ganze Sätze oder vielleicht einen ganzen Text lesen können."
- "Von unschätzbarer Bedeutung": Ägypten präsentiert neu entdeckte Sarkophage
- "New York der Frühbronzezeit": Forscher entdecken antike Metropole
- Grabstätten? Wehrtürme?: Steinhügel im Bodensee geben Forschern Rätsel auf
Deshalb nahm das Institut de France auch den riskanten Transport der Rollen nach England in Kauf. "Sie sind so zerbrechlich wie Schmetterlingsflügel," sagt die Direktorin der Bibliothek, Francoise Berard. "Am besten wäre es, die Rollen gar nicht anzufassen." Aber dann ließe sich das Rätsel nie lösen.
- Nachrichtenagentur AFP