t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePanoramaWissenGeschichte

Mega-Geschütz: So wollte Hitler Stalins Russland besiegen


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

Diktator im Größenwahn
Hitlers Mega-Geschütz war ein Rohrkrepierer


17.12.2024 - 09:08 UhrLesedauer: 4 Min.
Adolf Hitler (m.) mit Albert Speer (r.): Der Diktator wollte das gigantische Geschütz unbedingt.Vergrößern des Bildes
Adolf Hitler (M.) mit Albert Speer (r.): Der Diktator wollte das gigantische Geschütz unbedingt. (Quelle: Walter Frentz/ullstein-bild)
News folgen

Mit gigantischen Geschützen wollte Adolf Hitler feindliche Bollwerke zerschmettern, doch die einzige eingesetzte Mega-Kanone erwies sich als ziemlich nutzlos.

Groß mochte Adolf Hitler es am liebsten. Richtig groß sollte Berlin nach dem "Endsieg" werden, und umbenannt in "Germania" als Hauptstadt eines "großgermanischen" Nazi-Riesenreichs dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, sah der Diktator große Waffen als absolut notwendig an. Was der Megalomane wünschte, erfüllten ihm die Kruppwerke.

Nahezu 50 Meter lang, elf Meter hoch und sieben Meter breit war das Ergebnis, es war rund 1.350 Tonnen schwer. Es handelte sich um das größte Geschütz, das die Welt bis dahin gesehen hatte. "Dora" hatten es seine Bedienmannschaften getauft, der eigentliche Projektname war "Schwerer Gustav". Das Kaliber? 80 cm. Mehr als sieben Tonnen schwere Panzergranaten konnte "Dora" auf feindliche Befestigungen abfeuern. Die Feuerrate war allerdings sehr, sehr niedrig, denn "Dora" war nur schwer zu bedienen und im Grunde sehr, sehr ungeeignet für die zugedachte Aufgabe.

Diese Erfahrung machten auch die Artilleristen, die "Dora" bei ihrem einzigen richtigen Einsatz bedienten. Am 5. Juni 1942 war das gigantische Geschütz auf Anlagen der Festungen rund um Sewastopol auf der sowjetischen Halbinsel Krim ausgerichtet, das die Rote Armee verbissen gegen Hitlers Wehrmacht verteidigte. Um 5.35 Uhr schoss "Dora" die erste Granate auf den Feind ab, wie der Autor Gerhard Taube in seinem Buch "Deutsche Eisenbahngeschütze" schreibt. Als "rollende Festung auf 80 Rädern", beschreibt sie Taube.

Mächtig war "Dora" in der Tat. "Das Rohr so groß wie ein Fabrikschornstein", zitiert Taube einen beteiligten Artilleristen, "wenn die losbrüllte, dieses Krachen und Zittern des Bodens, das kann man gar nicht so richtig beschreiben". Bis der zweite Schuss erfolgte, sollten zwei Stunden vergehen, denn bis "Dora" vorbereitet und wieder ausgerichtet war, brauchte es allerhand Vorbereitungen. Aber die Männer wurden geübter darin und verkürzten die Zeiten allmählich.

Einmischung von ganz oben

Die Auswirkungen der Einschläge waren gewaltig, bis zu "160 m hohe Spreng- und Rauchwolken", hätten die Beobachter laut Taube festgehalten. So eindrucksvoll das auch klang, das eigentliche Ziel erreichte "Dora" angesichts des gewaltigen Aufwands nicht – und zwar dem Gegner durch effektive Volltreffer auf starke Befestigungen wie "Fort Maxim Gorki" oder "Fort Stalin" nachhaltigen Schaden zuzufügen.

An insgesamt fünf Einsatztagen verschoss "Dora" während dieses Einsatzes laut Taube 48 Granaten, fünf davon wurden demgemäß als "Volltreffer" gewertet. Ausgerechnet der einzige wirkliche Erfolg "Doras" aber führte dann zu einem Donnerwetter seitens Hitlers: "Dora" hatte ein großes sowjetisches Munitionslager getroffen und vernichtet, aber der Diktator wetterte, dass "Dora" nur für "betonierte Kampfstände" gedacht sei. Hitler, der sich selbst für ein militärisches Genie hielt, wollte bis in die Frontspitzen hinein mitreden. Zum Verdruss der Soldaten und Offiziere, die "Dora" mit ihrem gewaltigen Erfordernissen an Menschen und Material mehr als Bürde denn als Bereicherung empfanden.

Hitler war hingegen verhaftet in einem "Kanonendenken", das auch zum Bau von "Dora" samt Schwestergeschütz "Schwerer Gustav 2" mit ebenfalls dem Kaliber 80 cm geführt hatte. 1936 machte der "Führer" Station bei Krupp in Essen, der "Waffenschmiede des Reiches", wie sich die Stadt selbst bezeichnete. Mit Erich Müller, Spitzname "Kanonen-Müller" und seines Zeichens Chefkonstrukteur bei Krupp, kam Hitler dann ins Fachsimpeln. Lange Rede, kurzer Sinn: Am Ende stand die Entwicklung des gewaltigen 80-cm-Geschützes, das auch propagandistisch für die Nationalsozialisten Wirkung entfalten sollte.

Als eine Art Eisenbahngeschütz war das Projekt angelegt, doch seine Dimensionen sprengten diesen Rahmen. Als Eisenbahngeschütz gilt Artillerie, die "in einem Stück" entsprechend mobil mittels des Schienennetzes transportiert werden kann. "Dora" war dafür zu groß – viel zu groß. Das 80-cm-Geschütz musste in Teile zerlegt und dann zum Einsatzort gebracht werden. Abbau, Aufbau, Einstellen und so weiter, all das verschlang Zeit und Ressourcen. Aber der "Führer" wollte es so.

Gewaltiger Aufwand

Eigentlich hatte Hitler sich erträumt, dass sein Mega-Geschütz die Maginot-Linie aus Bunkern aufsprengen sollte, die das französische Militär an der Grenze zu Deutschland errichtet hatte. Doch die Wehrmacht besiegte Frankreich 1940 zu schnell, das Mega-Geschütz stand nicht rechtzeitig bereit. Deswegen sollte die Krim Schauplatz seines ersten und einzigen militärischen Einsatzes werden.

Die dortige deutsche Generalität war über die Ankunft von "Dora" 1942 alles andere als begeistert. Denn es kündigte sich wie befürchtet viel Arbeit bei wenig Aussicht auf Gewinn an. Unter gewaltigem Aufwand wurde das Gelände für das Mega-Geschütz vorbereitet, einschließlich einer für "Dora" angelegten Schießkurve. Eine solche besteht aus Gleis, auf dem das betreffende Geschütz zum Beschuss des Ziels positioniert und ausgerichtet wird. Derart riesige Kanonen verfügten nicht über die Fähigkeit, ihr Geschütz selbst horizontal auszurichten. Diesem Zweck diente die Schießkurve.

Eine solche wurde nach Sewastopol auch bei Leningrad errichtet, das die Wehrmacht seit September 1941 blockierte, um die Stadt auszuhungern. Ein weiteres der zahlreichen deutschen Kriegsverbrechen in der Sowjetunion. Da die Lage um Leningrad aber zu angespannt war, ging es für "Dora" heim nach Rügenwalde, zum dortigen Versuchschießplatz.

Im März 1943 reiste Hitler dorthin, um sich sein Mega-Geschütz vorführen zu lassen. Das war es dann aber auch. Ein drittes Geschütz wurde gar nicht mehr fertig gebaut, neue Pläne zum Einsatz der anderen Geschütze zerschlugen sich. Die "Dora" zugeteilten Artilleristen dienten bald bei anderen Einheiten. Hitlers Projekt war gescheitert.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gerhard Taube: "Deutsche Eisenbahngeschütze", Spezialausgabe, Stuttgart 2017
  • youtube: "Simplicissimus: Hitlers absurde Megawaffe"
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel



TelekomCo2 Neutrale Website