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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Teils unter minus 40 Grad: Eine Kältewelle trifft den Norden Europas. Die Bewohner stehen vor großen Herausforderungen. Wiebke Jahn berichtet aus Schweden.
Den Norden Europas trifft eine Kältewelle. In manchen Regionen ist es so kalt wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Das meldete das schwedische meteorologische Institut SMHI bereits am Dienstag. Die Temperaturen fielen teils unter minus 40 Grad Celsius.
Diese Extreme haben auch Auswirkungen auf das alltägliche Leben der Menschen. So sind etwa bis mindestens Donnerstag alle Passagierzüge nördlich von Umeå lahmgelegt. Doch welche Probleme ergeben sich konkret für die Menschen vor Ort? Und wie geht man bei minus 40 Grad mit dem Hund Gassi? t-online hat bei Wiebke Jahn im Norden Schwedens nachgefragt.
t-online: Frau Jahn, Sie leben in Skellefteå im Norden Schwedens. Zuletzt wurden dort minus 40 Grad gemeldet – ist das noch normal?
Wiebke Jahn: Nein. Auch wenn der Winter hier kalt ist, war das der kälteste Januartag seit über 25 Jahren. Vorgestern war alles noch total normal. Hier im Norden Schwedens heißt das, dass es zu dieser Jahreszeit bis zu minus 25 Grad hat. An Temperaturen wie solche haben wir uns hier gewöhnt.
Und dann kam die Kältewelle?
Ja. Am Montag hat man es bereits gespürt. Ich habe zu meinem Vater am Telefon noch gesagt: "Es fühlt sich ganz komisch an – als würde eine große Kälte kommen." So war es dann auch. Die Temperaturen sind extrem gefallen.
Am Dienstagmorgen bin ich dann nur kurz vor die Tür gegangen und meine Haare sind in nur fünf Minuten komplett eingefroren. Das Thermometer hat ungefähr minus 35 Grad angezeigt. Innerhalb von ein paar Stunden ist es also gut zehn Grad kälter geworden.
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Bei solchen Temperaturen bleibt man dann wahrscheinlich den Rest des Tages im warmen Haus, oder?
Na ja, das Leben muss ja trotzdem weitergehen. Ich habe einen Husky und mit dem musste ich natürlich trotzdem Gassi gehen. Da war es dann sogar noch viel kälter.
Was heißt in dem Fall "noch viel kälter"?
Es müssen ungefähr minus 45 Grad gewesen sein. Man muss dazu sagen, dass wir immer über einen kleinen Berg laufen beim Gassigehen. Im Tal ist es hier eigentlich immer zehn Grad kälter als an unserem Haus, von dem wir losgelaufen sind.
Zur Person
Wiebke Jahn lebt mit ihrer Familie seit mehreren Jahren in Skellefteå im Norden Schwedens, ungefähr 120 Kilometer Luftlinie vom Polarkreis entfernt. Jahn kommt ursprünglich aus Deutschland. Gemeinsam mit einer Freundin betreibt sie den Podcast "Hey Schweden" – es ist der weitreichenstärkste deutschsprachige Podcast des Landes.
Wie fühlt sich diese extreme Kälte an?
Es ist wirklich Wahnsinn, man kann kaum noch atmen. Ich war komplett weiß. Meine Wimpern waren eingefroren, meine Haare auch. Im Gesicht habe ich leichten Gefrierbrand bekommen, als ich den Schal kurz vom Gesicht nahm. Meine Jacke ist eingefroren und ich habe mich nach einem kurzen Spaziergang wie nach einem Marathon gefühlt.
Klingt gefährlich – wie schützen Sie sich vor diesen extremen Bedingungen?
Wir tragen hier spezielle Kleidung. Als wir vor einigen Jahren nach Schweden gezogen sind, haben wir viel in winterfeste Kleidung investiert. Es beginnt bei spezieller Unterwäsche aus einer Wollseidenmischung, gefolgt von mehreren Lagen Wollkleidung. Dann haben wir Jacken, die extra für Arktisexpeditionen ausgelegt sind, und Schuhe mit extradicker Sohle.
Trägt man hier keine passende Kleidung, kommt es schnell zu Erfrierungen auf der Haut. Im schlimmsten Fall können einem auch Zehen oder Finger abfrieren. Aber nicht nur bei der Kleidung macht es sich bemerkbar. Autos können hier nur mit speziellen Reifen fahren, es gibt extra Motorwärmer, da sie bei diesen Temperaturen sonst nicht anspringen würden. Außerdem haben wir immer etwas zum Feuermachen im Auto – für den Fall, dass wir liegen bleiben.
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Vor welchen Herausforderungen stehen Sie persönlich?
Gestern hatte ich meinen Kindern beispielsweise versprochen, mit ihnen ins Kino zu fahren. Wir sind allerdings nicht weit gekommen – das habe ich hier noch nie erlebt. Als wir auf dem Weg in Richtung Stadt gefahren sind, hat das Thermometer anfangs minus 40 Grad angezeigt, später nur noch Striche – es war einfach zu kalt. Dann kam eine Warnmeldung nach der anderen. Bremse und Kupplung ließen sich nicht mehr richtig treten. Es hat sich wie eingefroren angefühlt, was es wahrscheinlich auch war.
Wie haben Sie sich aus der Situation gerettet?
Wenn ich bei unter minus 40 Grad mit den Kindern im Auto liegen bleibe, dann wird es schnell gefährlich. Deshalb habe ich direkt gewendet und habe es glücklicherweise noch bis zurück zum Haus geschafft. Das war richtig – denn das Auto ist dann einfach nicht mehr gefahren. Zum Glück ist noch mal alles gut gegangen.
Worauf achten Sie zu Hause?
Bei diesen extremen Temperaturen müssen wir zu Hause außerdem immer wieder das Wasser laufen lassen, damit die Rohre nicht gefrieren. Das ist hier ein großes Problem. Und wir sind sehr viel mit Heizen beschäftigt. Neben einer Wärmepumpe haben wir zwei Öfen – die versuchen wir derzeit fast durchgehend zu befeuern.
Frau Jahn, vielen Dank für dieses Gespräch.
- Interview mit Wiebke Jahn am 3. Januar 2024