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Corona-Ausbruch: Heftiger interner Streit in der Tönnies-Familien


Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück
Corona-Ausbruch: Robert Tönnies fordert Rücktritt seines Onkels

Von dpa, sth

Aktualisiert am 18.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Maximilian, Robert und Clemens Tönnies (v.l.): Zwischen den Familienmitgliedern gibt es Unstimmigkeiten.Vergrößern des Bildes
Maximilian, Robert und Clemens Tönnies (v.l.): Zwischen den Familienmitgliedern gibt es Unstimmigkeiten. (Quelle: picture alliance / Bernd Thissen/dpa)

Mit dem Corona-Ausbruch im Schlachtbetrieb gerät Branchenriese Tönnies in die Schlagzeilen. Was viele nicht wissen: Im Unternehmen wurde intern heftig gestritten.

Der Corona-Ausbruch bei Deutschlands größtem Schlachtbetrieb Tönnies facht einen internen Streit neu an: Robert Tönnies, Mitinhaber des Schlachtbetriebs mit Sitz in Rheda-Wiedenbrück, hat in einem Brief den Rücktritt seines Onkels Clemens Tönnies aus der Geschäftsleitung gefordert. In dem Schreiben vom 17. Juni wirft Robert Tönnies der Geschäftsleitung und dem Beirat des Konzerns unverantwortliches Handeln sowie die Gefährdung des Unternehmens und der Bevölkerung vor.

Folgen für alle Menschen in Gütersloh und Bielefeld

Nach Angaben der Stadt wurden am Donnerstag die Schulen und Kitas in Bielefeld darüber informiert, dass die Kinder von Tönnies-Beschäftigen nach Hause geschickt werden müssen. Andere Kinder aus dem Kreis Gütersloh betrifft diese Maßnahme nicht, wie die Stadt mitteilte.

Nach Informationen von "Radio Bielefeld" hat auch das Klinikum Bielefeld reagiert: Es schließt als Reaktion auf die gestiegenen Fallzahlen bei Tönnies seine drei Häuser für Besucher und macht damit zwischenzeitige Lockerungen der Corona-Regeln rückgängig.

"Extrem unwahrscheinlich", dass es an den Heimreisen lag

Deutschlands Marktführer bei der Schweine-Schlachtung hatte am Mittwoch nach dem Corona-Großausbruch seinen Hauptproduktionsbetrieb in Rheda-Wiedenbrück vorläufig stoppen müssen. Zudem hatte der Kreis verfügt, dass alle Schulen und Kitas bis zu den Sommerferien wieder geschlossen werden, um eine Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung zu vermeiden.

Der Leiter des Pandemiestabs bei Tönnies, Gereon Schulze Althoff, hatte die Kälte in der Produktion und die Heimreisen der Beschäftigten nach Osteuropa an den zurückliegenden langen Wochenenden – Pfingsten und Fronleichnam – als mögliche Faktoren für die Ausbreitung des Coronavirus genannt.

Dazu meinte eine Expertin für Infektionskrankheiten am Donnerstag, sie halte es für "extrem unwahrscheinlich", dass Hunderte Corona-Fälle auf solche Familienbesuche zurückgehen. "Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf Tage, so dass ein Wochenendbesuch kaum so eine große Anzahl an Personen erklären kann", sagte Isabella Eckerle von der Abteilung für Infektionskrankheiten der Universität Genf.

Breitet sich das Virus im Kühlhaus schneller aus?

Und die Kälte? Als weitgehend gesichert gilt, dass die Ausbreitung des Virus derzeit durch einen Sommereffekt vermindert wird – allerdings wohl nur ein bisschen. Wie infektiös Aerosole unter Kühlhausbedingungen sind, lässt sich dagegen noch nicht sagen. Prinzipiell könnten sie sich in geschlossenen Räumen über Stunden halten und infektiös sein, erläuterte der frühere Präsident der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, Gerhard Scheuch.

Proteste zu Kita- und Schulschließungen

Unterdessen machten einige Familien ihrem Unmut über die Kita- und Schulschließungen Luft. Laut WDR protestierten einige Dutzend Eltern mit ihren Kindern auch vor dem privaten Tönnies-Anwesen in Rheda-Wiedenbrück. Auch vor dem Werk wollten Lehrer und Eltern protestieren.

Bei der Polizei hieß es allerdings, es sei keine Demonstrationen angemeldet. Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer von der CDU, hatte die Schließungen als "probates Mittel" bezeichnet. Er wisse aber, dass Eltern "jetzt sauer sind". Für den gesamten Kreis will Adenauer einen allgemeinen Lockdown verhindern.

Wer ist Robert Tönnies?

Robert Tönnies ist 42 Jahre alt und hält wie sein 64-jähriger Onkel Clemens 50 Prozent an dem Unternehmen. Seit Jahren streiten beide um Führung und Ausrichtung des Konzerns.

Die Schweinemäster aus Westfalen-Lippe äußerten sich besorgt wegen der ausgesetzten Produktion. "Es wird vor allem darauf ankommen, wie sich das weiterentwickelt. Ein, zwei Wochen können die Bauern die Situation vergleichsweise verlustarm überbrücken. Dauert die Schließung länger, kommen auf die Schweinemastbetriebe Probleme zu", sagte Hans-Heinrich Berghorn, Sprecher des westfälisch-lippischen Landwirtschaftsverbandes.

Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen haben in den vergangenen Monaten immer wieder Schlagzeilen gemacht und eine Debatte über die Missstände bei Arbeits- und Unterbringungsbedingungen der häufig aus Osteuropa stammenden Beschäftigen ausgelöst.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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